Asiatische Teppich- und Textilkunst, Band 5

Autor/en: Eberhart Herrmann
Verlag: Eigenverlag
Erschienen: o.A. o.A. (1998)
Seiten: 108 Farb- und 108 Texttafeln
Ausgabe: Folio-Leinenkasette
Preis: DM 750.–
Kommentar: Martin Tischer, April 1998

Besprechung:
Ein schweres Buch ist zu besprechen, nein: anzukündigen, 6885 Gramm schwer. Deshalb griff ich zuvor doch lieber zur SZ an Ostern und las die Autoseite; denn Auto und Teppich am gleichen Strang, das gab’s ja schon mal. Vom „Haus der Sterne“ zu „Eberhart Herrmann, König der Teppichkunst“, wie es aus der amtlichen Schweizer Telefonauskunft tönt, wies mir die SZ den Weg: Sie besprach den Mercedes Benz A 16: „Teuer, nicht immer praktisch – dafür etwas Besonderes.“ Der eine bestand den Elchtest nicht, der andere … packte bei seinem Ritt über den Bodensee elfhundert Teppiche in die Satteltaschen. Da fällt es nicht schwer, einen fünften Verkaufskatalog zu füllen. Was für ein Opus! Teuer? Was sind schon 750 Mark, gemessen an einem Sternkasak? Man bekommt für Fünfmarksiebzig je eine gute Abbildung und den Text gratis, oder, wie die SZ sagt: „Schließlich gibt es weltweit eine zahlungskräftige Klientel, die einfach einen Stern auf der Haube besitzen will.“ Nicht immer Praktisch? Man sollte die 13 Pfunde – eine Lieblingszahl der Numerologie, nicht zu schwer nehmen, sind es doch fliegende Blätter, aber DIN A 3, stolze 30 x 42 cm! Das kommt der Abbildungsqualität zu Gute und schafft auf den Textseiten Raum, viel Raum für unübersehbare, oder sagt man unüberschaubare Gedankengebäude. Dafür etwas Besonderes. Ohne Prä- und Suffix springt H. mitten hinein in medias res und erwartet, nein, er setzt wohl voraus, daß wir in seinem Universum „nach den hier angewandten Auslegungsregeln“ (S.102) im phytagoräischen Dreieck springen, ihm nach, vor ein Teppichpaar, das „wird den Thronsitz eines Mogulherrschers, vermutlich Akbars, umschlossen haben“, somit Könige unter sich. Und ich resigniere bereits bei Text 1. Wie zum Trost blättere ich mein Sammelgebiet Turkmenen an, hier unter Turkestan gehandelt, und sehe sofort, daß er auch hier die Dinge auf den Kopf stellen will: wie 97b, den Salir. Oder ist das beim Layout passiert, wie wohl alle seine Texte eine Frage der Auslegung sein können, sein werden? Die Möglichkeitsform in seinen Texten ist das Versöhnliche, das Persönliche der Texte ist etwas Besonderes. Zu teuer? Dieser Katalog ist als Einstiegsdroge zu teuer; denn man muß in den Vorläuferkatalogen nach Wegweisern suchen, und die sind ebenfalls nicht billig – es sei denn, man hat sie, selbstredend. Immerhin bekommt man u.a. 3 mal Indien in schönen Bildern, 12 mal China, 40 mal Iran, 5 mal Kaukasien, 25 mal Aserbeidschan, 16 mal Turkestan…. Früher erfuhr man wenigstens, wer ihm analysieren half, heute wissen wir nur, wer ihn. Das ganze Werk: Nur Er. Kein Wunder, wenn er bei all der Zählerei und Zeichnerei innert dreier Jahre 30 bis 60 Millionen Mark verlor – so Originalton im Süddeutschen Rundfunk. Dennoch will ich auf einigen fotokopierten Seiten gemäß Poppers Prinzip von Versuch und Irrtum nach dem Eingang zu Herrmanns Gedankenwelten suchen, falls ich nicht über die Zahl 117 stolpere, „also 3 x 3 x 13, die das endgültige Verlassen des Diesseits markieren wird.“ (s. Nr. 1). Ob wohl alle Teppiche, auch meine, sich Herrmanns hier angewandten Praktiken unterordnen lassen? Ob wohl alle Knüpferinnen das gleiche geistige Niveau hatten, das Herrmanns Deutungen unterstellt? Dann habe ich die Knüpferinnen trotz allem bisher unterschätzt – es tut mir leid.

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