Dragon and Horse – Saddle Rugs and Other Horse Tack from China and Beyond

Dragon and Horse – Saddle Rugs and Other Horse Tack from China and Beyond

Autor/en: Koos de Jong
Verlag: Koos de Jong und CA Design
Erschienen: Amsterdam und Hong Kong 2013
Seiten: 192 (englisch) und 46 (chinesisch)
Ausgabe: 2 Bände, Leinen mit Schutzumschlag im Leinenschuber
Preis: EURO 59,50
ISBN: 978-962- 7502-92-0
Kommentar: Michael Buddeberg, Juni 2013

Besprechung:
Die Entdeckung detailgetreuer Wiedergaben orientalischer Teppiche auf italienischen und holländischen Gemälden des 14. bis 16. Jahrhunderts war die Geburtsstunde der Teppichwissenschaft. In seinem 1877 publizierten Buch „Altorientalische Teppichmuster nach Bildern und Originalen des XV.-XVI. Jahrhunderts“, dem frühesten Teppichbuch überhaupt, versuchte Julius Lessing (1843-1908) als erster eine wissenschaftlich belegte Klassifizierung und Datierung von Teppichen nach Altmeistergemälden. Es war der Beginn der „Berliner Schule“ der Orientteppichforschung, die von den bedeutenden Kunsthistorikern Wilhelm von Bode, Friedrich Sarre, Ernst Kühnel und Kurt Erdmann fortgeführt wurde. Chinesische Teppiche waren davon nicht betroffen, denn keiner der Maler aus Renaissance und Barock hatte sie je gesehen und gemalt. Dass auch Chinas Eliten Teppiche hatten wurde nicht vor der Zerstörung und Plünderung des Pekinger Sommerpalastes durch britische und französische Truppen im Jahre 1860 in Europa bekannt und erst mit dem Ausverkauf chinesischer Antiquitäten nach dem Ende der Qing-Dynastie kamen nennenswerte Mengen chinesischer Teppiche auf den europäischen und vor allem amerikanischen Markt. Bis zur ernsthaften wissenschaftlichen Aufbereitung dieses Teppichmaterials verging dann aber fast ein Jahrhundert. Ein Meilenstein war hier im Jahre 2005 die Kölner Ausstellung „Glanz der Himmelssöhne – Kaiserliche Teppiche aus China“ und der von Michael Franses und Hans König verfasste Katalog. Ganz im Sinne der Berliner Schule wurden hier chinesische Rollbilder mit Ganzkörperportraits von Kaisern der Ming- und Qing-Dynastie und anderen hochgestellten Persönlichkeiten mit Teppichen zu ihren Füßen zur Klassifizierung von Mustern und zur Datierung mit der Methode terminus ante quem eingesetzt. Mit seinem Buch „Dragon and Horse“ reiht sich der hölländische Kunsthistoriker, Museumsdirektor, Autor und Sammler Koos de Jong würdig in die Reihen all dieser Heroen der Teppichwissenschaft ein und dies mit einem äußerst speziellen und ausgefallenen Thema: Sattelteppiche und anderes Pferdezubehör aus China und seinen Nachbarländern. Das Buch gliedert sich in zwei Teile mit je sechs Kapiteln. Der erste Teil ist ein Parforceritt durch 2600 Jahre chinesischer Geschichte von der Dynastie der östlichen Zhou (770 v.Chr.) bis zum Ende der Qing-Dynastie (1912). Es ist in Parforceritt im wahrsten Sinn dieses Wortes, denn Koos de Jong hat mit unendlicher Sorgfalt alles an archäologischen, kunsthandwerklichen und malerischen Artefakten zur Ausrüstung von Pferden aus der Literatur, aus dem Internet und aus Museen und Sammlungen zusammengetragen, dessen er habhaft werden konnte. Da sich aus der Zeit vor der Ming-Dynastie, von einigen Fragmenten abgesehen, so gut wie keine dieser textilen Objekte erhalten haben, kommt den Pferdedarstellungen aus Holz, Keramik und Metall oder in der Wand- und Rollbildmalerei eine überragende Bedeutung bei und es kann nach all diesem Material überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass Chinesen ihre Reit- und Packtiere, Pferde wie Kamele, spätestens seit der Han-Dynastie (221 v.-207 n.Chr.) mit allerlei textilem und auch geknüpftem Zubehör auf und unter dem Sattel ausgestattet haben. Ordos-Bronzen, Wandmalerei aus dem Palast des Aphrasiab, Rollbilder von Song-Künstlern, Grab-Sulpturen aus der Ming-Zeit und ganze Herden keramischer Pferde und Kamele zeigen darüber hinaus auch die wechselnden modischen Vorlieben für besondere Muster und interessante technologische Entwicklungen von Sattel, Zaumzeug und Steigbügeln. Im zweiten Teil des Buches nimmt Koos de Jong dann Sattelteppiche aus Ningxia, Gansu, der Inneren Mongolei, Xinjiang, Beijing und schließlich aus Tibet unter die Lupe und versucht mit den im ersten Teil gewonnenen Erkenntnissen eine Klassifizierung und Datierung von Stücken aus bekannten und unbekannten Sammlungen. Es gibt hier ein Wiedersehen mit bereits in der Literatur publizierten Stücken, etwa aus dem Buch von Lorentz (1975) oder mit den „mongolischen Sattel Teppichen“ aus der McMullan-Sammlung im Metropolitan Museum of Art, vor allem aber wird eine überwältigende Fülle von bisher nicht veröffentlichten Stücken aus Händlerbesitz und aus privaten Sammlungen vorgestellt. Eine herausragende Stellung nehmen hier die Stücke aus der Sammlung des Autors ein, die allesamt beispielhaft und von besonderer Qualität und Schönheit sind, sowie einige exquisite Kostbarkeiten aus der Judy Brick Freedman Collection, von denen besonders eine sogdische Pferdedecke aus Seide mit einer Bordüre aus Perlmedaillons und Stickerei im Stil einer Ordosbronze begeistert (Radiocarbon-datiert 450-650). Es würde hier nun zu weit führen, auf die einzelnen und oft schwierigen Abgrenzungen zwischen den genannten Produktionsorten näher einzugehen, ebenso wie auf die zahlreichen und von Koos de Jong, wenn auch mit vielen Fragezeichen beantworteten Fragen, wer, wo, was und wann in der Inneren Mongolei oder in Xinjiang geknüpft hat und ob etwa auch in der Äußeren Mongolei Sattelteppiche geknüpft wurden. Allein die Region Tibet und das von Umfang und der Zahl der Abbildungen (90 von insgesamt knapp 300) mit großem Abstand umfangreichste Kapitel, ist hier noch hervorzuheben. Das Thema Sattelteppiche aus Tibet ist mit Exemplaren aus Filz, aus verschiedenen Knüpftechniken, aus Webstoffen und mit Stickerei, mit dem häufigen Vorkommen musterlich aufeinander abgestimmter Sattelunter- und -Oberteppiche, mit Pferdecken und Schabracken, kleinen Kruppenteppichen und allerlei anderem geknüpften Tierschmuck vom Halsband bis zum Stirnamulett besonders reich und komplex behandelt. Dies ist wohl Ausdruck der Tatsache, dass die Tibeter – ganz im Gegensatz zu den Chinesen – aufgrund ihrer klimatischen Umwelt, ihrer nomadischen Herkunft und der seit alters her betriebenen Schafzucht mit exquisiter Hochland-Wollqualität ein Teppichvolk par excellence sind, bis weit ins 20. Jahrhundert das Rad nicht kannten, und ihnen das Pferd und sein Zubehör und Schmuck von herausragender Wichtigkeit war. Man wird daher Koos de Jongs These, dass die Tibeter vor dem 18. Jahrhundert keine geknüpften Sattelteppiche kannten, nur schwer folgen können, auch wenn bis heute kein einziges früheres Exemplar bekannt geworden ist. Wie dem auch sei, die Vielfalt der von tibetischen Knüpfern verwendeten Muster, deren Entwicklung von einem eher strengen, klassischen Stil mit geometrischen Medaillons und Swastikas im 19. Jahrhundert bis zu verspielten bildhaften Darstellungen mit Drachen, Schneelöwen und Fledermäusen, garniert mit allerlei Blüten und Zweigen, das Vorkommen von Tiger-, Schachbrett- und tantrischen Mustern auch in Sattelteppichen wird mit vielen schönen Beispielen glänzend dokumentiert. Der Zweck der Arbeit von Koos de Jong, erstmals eine Typologie der Sattelteppiche Chinas und seiner angrenzenden Völker aufzustellen und auf alle auftauchenden Fragen eine Antwort zu versuchen, ist mit diesem Buch mit einer äußerst noblen Ausstattung, einem Extra-Band in chinesischer Sprache und zu einem konkurrenzlos günstigen Preis perfekt erreicht. Es wird Anlass und Ansporn zu weiteren Forschungen und Entdeckungen sein und die abschließende Prophezeiung des Autors, dass wir auf diesem Gebiet noch viele Überraschungen erleben werden, wird mit Sicherheit eintreffen.

Bestellen können Sie dieses schöne und wichtige Buch direkt beim Verlag: www.cabookpublishing.hk; Email: publishing@cagroup.com.hk;

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