Mythos und Mystik – Alte und Antike Textilkunst – Belutschen, die WIG Kollektion

Autor/en: Adil Besim (Hrsg)
Verlag: Adil Besim
Erschienen: Wien 2008
Seiten: 188
Ausgabe: Fester Einband
Preis: € 49.– zzgl. Versandkosten
ISBN: 978-3-9500941-2-1
Kommentar: Michael Buddeberg, Januar 2009

Besprechung:
Nach Jahren der Enthaltsamkeit – Band 3 der der zunächst im Jahresabstand herausgegebenen Reihe „Mythos und Mystik“ erschien 2000 – präsentiert das renommierte Wiener Teppichhaus Adil Besim trotz der auch für den Handel schwierig gewordenen Zeiten eine beachtenswerte Fortsetzung. Gewiss, es ist „nur“ ein Händlerkatalog, aber nicht nur hat der vierte Band der Reihe die mit den ersten drei Bänden begonnenen hohen Qualitätsstandards bei Abbildung, Beschreibung und einführendem Text beibehalten, sondern er widmet sich darüber hinaus monographieartig einem ganz speziellen Thema, den Knüpf- und Webarbeiten der Belutschen. Während Teppiche aus Anatolien, aus dem Kaukasus oder aus den Stammesgebieten der Turkmenen, fast kann man sagen seit Jahrhunderten ihren Weg in den Westen und zu Liebhabern und Sammlern fanden, galten die Teppiche der Belutschen bis in die zweite Hälfte des 20 Jahrhunderts als eher grob, farblich eintönig und kaum sammelnswert, und die Flachgewebe waren so gut wie nicht bekannt. Das änderte sich erst in den siebziger Jahren, und seither sind Wertschätzung, Preise und auch die Kenntnisse über diese genuinen, nomadischen Textilien und ihre verhaltene Ästhetik ständig gewachsen. Es entstanden seit jener Zeit bedeutende Sammlungen, und der Teilauflösung einer sehr großen österreichischen, über mehrere Jahrzehnte gewachsenen Kollektion, mit der das Haus Besim betraut wurde, ist das vorliegende Buch zu danken. Dem anonym bleibenden Sammler – die Bezeichnung WIG-Kollektion ist ein Phantasiename, dessen Bedeutung sich nur dem Insider erschließt – ist zu danken, dass er sich nicht von nur schwächeren oder einer bestimmten Gruppe zugehörigen Stücken getrennt hat, sondern dass die nun angebotene Kollektion von 83 Arbeiten der Belutschen einen schönen Querschnitt über die für ganz unterschiedliche Gebrauchszwecke gewebten und geknüpften Textilien gibt, dass ganz unterschiedliche Muster und vor allem zahlreiche verschiedene Provenienzen ausgewählt wurden. Neben einigen großen, so genannten Hauptteppichen dominieren die eher kleinformatigen Knüpfarbeiten zahlreicher Stämme aus dem Norden Persiens und aus Afghanistan. Daneben liegt ein deutlicher Schwerpunkt des Kataloges auf den Flachgeweben der Belutschen, die in der bisherigen Literatur kaum Beachtung fanden. Taschen, Vorratssäcke, Salztaschen, Speisetücher, „sofreh“ genannt, und „rukorsi“, gewebte Herd- oder Ofentücher, die, auf einem Gestell über das Holzkohlebecken gebreitet, die Wärme des Feuers bewahren sollten, belegen eine ungewöhnliche Vielfalt angewandter Techniken und die Meisterschaft der Frauen und Mädchen, die diese kleinen Kunstwerke schufen. Manche davon sind zudem von großer Seltenheit. Der einführende Text, die sorgfältigen Beschreibungen, eingehende Struktur- und Farbanalysen des aus Gert Walter und Karl-Heinz Breuss bestehenden publikationserfahrenen Autorenteams machen aus Band 4 der Reihe Mythos und Mystik ein Handbuch über die Textilarbeiten der Belutschen, das jeder Teppich- und Textilliebhaber gerne und immer wieder zur Hand nehmen wird. Wer dazu die auch im besten Farbdruck nicht wirklich wiederzugebende seidig glänzende Florwolle der Teppiche im Griff und die nuancierende Farbpalette mit dem so typischen „Belutsch-Blau“ im Auge hat, kann dem Reiz dieses Sammelgebietes nicht widerstehen.

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