Buddhist Art – An Historical and Cultural Journey

Autor/en: Gilles Béguin
Verlag: River Books
Erschienen: Bangkok 2009
Seiten: 400
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: US-$ 80.–
ISBN: 978-974-9863-87-9
Kommentar: Michael Buddeberg, Dezember 2009

Besprechung:
Als Prinz Siddharta – der historische Buddha Shakyamuni – irgendwann im 6. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung seine Glaubenslehre entwickelte, war nicht abzusehen, dass daraus eine der großen Weltreligionen entstehen würde. Seine Lehre war zunächst ein Glaube unter vielen doch gelang es ihm, seine Philosophie in einfache, allen zugängliche Worte zu fassen und durch sie eine Lösung für die Probleme der Menschheit vorzuschlagen, die dem Geist seiner Zeit entgegenkam. Der Buddhismus verbreitete sich rasch in Nordindien und, dank des Einflusses mehrerer mächtiger Herrscher wie etwa des berühmten Kaiser Ashoka im 3. Jahrhundert v.Chr., schließlich auch in ganz Indien und auf der Insel Ceylon. Um die Zeitenwende gelangte die Lehre in die Länder Südostasiens und dann über Zentralasien bis nach China. Von dort erreichte er Korea und im 6. Jahrhundert schließlich Japan. Auf einem anderen Weg, von Bengalen aus, eroberte der Buddhismus Nepal, erreichte im 7. Jahrhundert Tibet und gelangte von dort auch in die Mongolei. Ist schon die Geschichte der Verbreitung des Buddhismus und der vielfältigen Wandlungen, die er im Laufe seines Weges durch Asien und unter dem Einfluss anderer Lehren und Überzeugungen erfuhr ein ebenso spannendes wie schwieriges Thema, so ist die Entstehung und Verbreitung buddhistischer Kunst, vor allem aber die unterschiedlichen Erscheinungsformen dieser Kunst noch ein ganzes Stück komplizierter. Von seiner Idee her war dem Buddhismus eine künstlerische Praxis und die Entstehung einer spezifisch an diesem Glauben orientierten Kunst nicht in die Wiege gelegt. Der ursprüngliche Buddhismus bestand vornehmlich aus lehrhaften Predigten, heiligen Texten, die sich durch mündliche Weitergabe vermehren und verbreiten sollten. Eine Liturgie, ein materieller Kult oder gar Baulichkeiten zur Versammlung von Gläubigen waren nicht vorgesehen. Dennoch hat das menschliche Grundbedürfnis, Ideen, innerer Bewegtheit und spirituellen Überzeugungen anschaulichen materiellen Ausdruck zu verleihen dazu geführt, dass sich nach und nach und an verschiedenen Orten, oft unabhängig voneinander etwas entwickelte, was wir heute als buddhistische Kunst bezeichnen. Gilles Béguin, Chefkonservator an einem der großen Museen für asiatische Kunst in Europa, dem Musée Cernuschi in Paris, hat sich die kaum zu bewältigende Aufgabe gestellt, die buddhistische Kunst von ihren Anfängen, in ihren vielfältigen Entwicklungen bis zu den mancherorts komplexen und ikonographisch kaum überschaubaren Systemen in allen buddhistisch-asiatischen Länden in einem Buch in Wort und Bild darzustellen. Und dafür, dass sich Béguin an etwas eigentlich Unmöglichem versucht hat, ist das Ergebnis bewundernswert. Gelingen konnte das nur durch eine konsequente Konzentration auf das Wesentliche und eine strenge, nach Ländern gegliederte Ordnung. Dieser, wie es der Autor bezeichnet, Reise durch Geschichte und Kultur Asiens ist eine Einführung in den Buddhismus vorangestellt, die bereits ahnen lässt, wie schwierig das mit der Kunst einmal werden wird. Schon früh nämlich bildeten sich im Buddhismus verschiedene Schulen heraus, Hinayana und Mahayana, das kleine und das große Fahrzeug, die dem Gläubigen und Praktizierenden ganz unterschiedliche Wege zur erstrebten Erleuchtung weisen. Das wäre noch gut überschaubar, doch hinzu kommen eine Vielzahl von Sekten und Orden, die Übernahme lokaler Vorstellungen und Bräuche und die Integration vorbuddhistischer Gottheiten, und all dies findet, je später umso vielfältiger und unterschiedlicher seinen Ausdruck auch in Kult, Architektur, Skulptur und Malerei. Ein weiteres, einführendes Kapitel ist dann der buddhistischen Kunst selbst gewidmet, wie sich zunächst sehr zögerlich in Form von Kultbauten, den Stupas, eine Architektur entwickelt, der Klosterbauten, Höhlentempel und ein immer reicher werdender Reliefschmuck folgen, wie von der zunächst nur symbolhaften Darstellung, etwa als bloßer Fußabdruck, das Abbild des Buddha entsteht und sich weiterentwickelt bis zu den Themen buddhistischer Kunst, vom Leben Buddhas bis zum Pantheon der Götter und Bodhisattvas. In dem dann folgenden Reigen der Länder – Indien macht mit seinen frühen Stupas, dem phantastischen Höhlentempelkomplex von Ajanta mit seinen großartigen Wandmalereien und den Skulpturen der Kuschan-, Gupta- und Pala-Dynastien den Anfang – werden vom Autor vor allem anhand der wichtigsten Orte und Kunstwerke die Höhepunkte und die lokalen und stilistischen Besonderheiten buddhistischer Kunst dargestellt. In Ceylon ist das das Heiligtum von Anuradhapura und die monumentalen Buddhas von Polonnaruwa, in Java das gewaltige Mandala des Borobudur und im Reich der Khmer neben den schlicht-eleganten Steinskulpturen die Tempel von Angkor. Thailand und die längst untergegangenen Vorläufer-Reiche von Champa und Srivijaya entwickelten einen eigenen Stil in Architektur und Plastik und in Myanmar (Burma) verblasst der Glanz der goldenen Swedagon-Pagode in Rangoon vor dem Wunder von Pagan, der einstmals mehr als zweitausend Kultbauten umfassenden Tempelstadt. In Gandhara erleben wir, wie aus dem Zusammentreffen buddhistischer Ideen und griechischer Kunst ein ganz neues Buddhabild entsteht und sehen noch einmal die 2001 von den Taliban gesprengten Buddhas von Bamiyan. Auf dem Weg nach China beeindrucken in Zentralasien wieder Höhlentempel in Kizil, in Bezeklik und vor allem in Dunhuang. In China selbst gerät die Reise zum Parforceritt durch die Dynastien von den wundervollen Sandsteinskulpturen der Nördlichen Wei bis zu dem von den Kaisern Kangxi und Qianlong nach tibetischem Vorbild erbauten Palast und Tempelbezirk von Jehol. Aus Korea grüßt der meditierende Maitreya aus dem Nationalmuseum von Seoul, während Japan mit seinen portraithaften frühen Holzbildnissen und seiner Gartenkunst dem Buddhismus eine ganz besondere künstlerische Note verlieh. In Tibet schließlich hatte der Buddhismus einen solchen Einfluss auf die Zivilisation, dass deren künstlerischer Ausdruck oft mit buddhistischer Kunst schlechthin gleichgesetzt wird. Frühe Thangkas und vergoldete Bronzen, der Potala-Palast in Lhasa und das Ensemble von Tsuglakhang und Kumbum in Gyantse sind zweifellos Höhepunkte dieser Kunstreise durch Asien. Die Ordnung nach Ländern, der umfangreiche Index, fast 700 farbige Abbildungen, übersichtliche Karten und Dutzende von Plänen und Grundrissen machen das Buch zu einem Nachschlage- und Informationswerk über die buddhistische Kunst, das es in dieser Form und Umfang bisher nicht gab.

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