Textiles for this World and Beyond – Treasures from Insular Southeast Asia

Autor/en: Mattiebelle Gittinger
Verlag: Textile Museum and Scala Publishers
Erschienen: Washington and London 2005
Seiten: 136
Ausgabe: illustrierte Broschur
Preis: 19.95 englische Pfund
ISBN: 1-85759-376-6
Kommentar: Michael Buddeberg, Mai 2005

Besprechung:
Mit einer Ausstellung indonesischer Textilien im Textile Museum in Washington im Jahre 1979 begann eine Erfolgsgeschichte. Wohl kein anderes Museum und keine andere Institution, haben sich seither um die Erforschung einer der komplexesten Textilgattungen durch Ausstellungen, Symposien und Veröffentlichungen so verdienter gemacht als das Textile Museum. Und kein Museum – sieht man von der bedeutenden Kollektion des Museums in Canberra ab – hat einen solchen Bestand an schönen, alten und vielfältigen Textilien aus den Inselreichen Südostasiens. Viele Schenkungen und Stiftungen in dem zurückliegenden Vierteljahrhundert haben dazu beigetragen, dass eine repräsentative Ausstellung der Textilien Indonesiens und Malaysias ausschließlich aus den eigenen Beständen des Textile Museum bestückt werden kann. Das zur Ausstellung (bis Herbst 2005 in Washington zu sehen) erschienene Begleitbuch ist eine Hommage an diese 25-jährige Erfolgsgeschichte mit etwa 70 abgebildeten und beschriebenen Beispielen von Sumatra bis Timor, ein Kaleidoskop textiler Vielfalt und vor allem ein lesenswertes Kompendium zum aktuellen Stand der Forschung über Gebrauch und Funktion der Textilien und über die Botschaften, die Farbe, Muster und Techniken vermitteln. Bei aller Vielfalt dieser Inselwelt und ihrer Bewohner, das sind Moslems, Hindus oder Christen sind oder sich zu traditionellen animistischen Vorstellungen und Riten bekennende Stämme und quer durch alle Nationalitäten und durch Minderheitsgruppen wie Chinesen und Araber, zieht sich die hohe Wertschätzung, fast schon Verehrung von Textilien. Und es ist nicht nur ihr materieller Wert, bedingt durch den oft jahrelangen Herstellungsprozess, sondern vor allem die soziale Funktion, die die Wertschätzung dieser Textilien ausmacht. Textilien in Südostasien sind eng verbunden mit Mythen über den Ursprung des Lebens, mit den Schicksalsfragen nach dem Woher und dem Wohin und sind eng verwoben mit Überzeugungen, Bräuchen und Ritualen. Nirgendwo zeigt sich das so sehr wie bei den Begräbnisritualen, bei denen aufwändig gewebte Textilien fast immer eine bedeutende Rolle spielen. Beispiele hierfür sind die oft mehr als 5 Meter langen, mit komplizierten Ikat-Mustern geschmückten Tücher der Toraja aus Sulawesi, mit denen die Verstorbenen verhüllt wurden, oder der legendäre Begräbnisaufwand verstorbener Adeliger von Sumba. Es galt, den Rang und Status der Verstorbenen in das Jenseits zu transportieren, und nichts symbolisiert diese immateriellen Werte besser als prachtvolle, reiche Textilien. Und jenseits aller Bedeutung und Mystik sind diese in vielen Techniken gewebten, gefärbten und verzierten Stoffe einfach schön und in ihrer von Insel zu Insel variierenden Vielfalt und Individualität immer wieder aufs Neue faszinierend. Das gilt insbesondere für batikgefärbte Stoffe aus Java, eine eigenständige, ungemein kreative Kunstform, der ein eigenes Kapitel gewidmet ist. Es ist schier unglaublich, mit welcher Feinheit und Präzision indonesische Wachskünstler – häufig gehören sie zu den chinesischen, arabischen oder europäischen Minderheiten – feinste Blumenmuster, farbenprächtige Tropenvögel und ganze Geschichten auf die Baumwollstoffe zu färben vermögen. Die einzelnen Kapitel über Batik aus Java, über Zeremonialtücher, emblematisch bestickte Hemden und Sarongs aus Sumatra, über die oft mit geheimnisvollen Tieren verzierten Ikatstoffe der Sundainseln, über die Textilien der Toraja in Sulawesi und schließlich die Ritualtücher der malaysischen Sarawak und Kalimantan von Borneo zeigen nicht nur typische und herausragend Beispiele, oft auch mit seitengroßen Detailwiedergaben, sondern enthalten darüber hinaus mit aktuellen und historischen Aufnahmen garnierte Einführungen in die jeweilige textile Tradition, die Web- und Färbetechniken, die stammestypischen Besonderheiten bis hin zum heutigen Umgang mit dieser Tradition. Es tut wohl, zu sehen und zu lesen, dass diese textile Kultur in vielen traditionellen Gesellschaften noch heute lebendig ist und, etwa bei Hochzeiten, gepflegt wird. Mattiebelle Gittinger, zuständig für die wissenschaftliche Bearbeitung südostasiatischer Textilien am Textile Museum hat einen wervollen Beitrag zur Literatur über dieses Thema vorgelegt.

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