Silken Threads Lacquer Thrones – Lan Na Court Textiles

Autor/en: Susan Conway
Verlag: River Books
Erschienen: Bangkok 2002
Seiten: 282
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: ca. US-$ 60,–
ISBN: 974-8225-65-8
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Hinterindien! Dieser Name ist bezeichnend: Es ist noch gar nicht so lange her, dass man die östliche der beiden großen Halbinseln des asiatischen Kontinents offiziell „Hinterindien“ nannte. Das Land „hinter Indien“ hatte keine große Bedeutung und war wenig bekannt. Geographisch bildete es die Landbrücke zu China, weshalb der französische Kolonialbesitz im Osten der Halbinsel denn auch „Indochina“ hieß. Freilich, die Küstenregionen von Hinterindien waren Seefahrern, Entdeckern und Kaufleuten seit Jahrhunderten bekannt. Dort wurde Handel getrieben, wurden Eroberungen gemacht, fremdartige Kulturen zur Kenntnis genommen und ihre sichtbaren Zeugnisse wohl auch bewundert, gesammelt und dokumentiert. Doch was sich hinter den Küstengebirgen befand, hinter oder in den tropischen Dschungeln blieb ein Geheimnis. Vor allem die nahezu undurchdringlichen Wälder bildeten eine physische Barriere, und auch die großen Flüsse luden nicht zu Entdeckungsfahrten ins Landesinnere: Stromschnellen und Felsriffe bildeten eine ständige Gefahr. Kein Wunder daher, dass noch in Meyers Konversationslexikon von 1905 von den wilden, kleinen Völkerstämmen zu lesen ist, die im Bergland von Hinterindien lebten und von denen man nur vom Hörensagen kannte. Doch hinter diesen natürlichen Grenzen gab es eine faszinierende, hochstehende buddhistische Kultur, gab es eine Anzahl kleiner Königreiche zwischen Hügelland und Dschungel, regiert von prinzlichen Geschlechtern, die sich über Jahrhunderte ihre ethnische, religiöse und kulturelle Eigenständigkeit bewahrten. Es ist die auf das 13. Jahrhundert zurückgehende Kultur von Lan Na. Chieng Mai, Lamphun, Lampang und Nan, im nördlichen Thailand gelegen, waren die Orte, wo die Prinzen von Lan Na Hof hielten, Kriege führten, Heiratsallianzen eingingen und eine einzigartige textile Kultur pflegten. Mit ihren Trachten und Textilien brachten die königlichen Familien ihren buddhistischen spirituellen Glauben zum Ausdruck, ihre politische und ethnische Identität, Reichtum und Macht und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Zeit der Geschichte. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war all dies nicht bekannt und die Textilien der Lan Na, die in Bangkok auf den Markt kamen oder sich schon in Museen befanden, wurden pauschal Indien oder Burma oder den Thais zugeordnet. Die kunsthistorische Entdeckung und Einordnung der Lan Na Kultur und vor allem ihrer Textilien ist die Arbeit der letzten Jahrzehnte und das nun vorliegende Buch über die höfischen Textilien der Lan Na ist ein Schluss- und Höhepunkt dieser Forschungen. Aus privaten Sammlungen, aus dem Nationalmuseum in Thailand, aus regionalen thailändischen Museen und vor allem aus dem Bank of Thailand Museum in Chieng Mai, das kürzlich eine einzigartige Sammlung dieser Textilien erwerben konnte, stammt das reichhaltige Material, das die Vielfalt, die Schönheit, die hohe künstlerische und kunsthandwerkliche Qualität und den Reichtum dieser Textilien aus Baumwolle und Seide zeigt. Es ist hier nicht der Platz, auf die unterschiedlichen Webtechniken, die Verzierungen durch Stickerei und Applikation, den verschwenderischen Gebrauch von Gold- und Silberfäden, auf Farben, Färbetechniken und Färbedrogen und die Vielfalt höfischer Kostüme einzugehen. Wohl aber ist anzumerken, dass die Vorstellung dieser textilen Kultur beispielhaft ist.Querverweise auf Wandmalerei aus Klöstern und Tempeln, Beispiele aus anderen kunsthandwerklichen Techniken, vor allem aber eine große Anzahl früher Fotografien aus dem späten 19. und dem Beginn des 20. Jahrhunderts, sorgfältig recherchierte Kapital über Geschichte, Religion und Brauchtum machen aus dem Buch weit mehr als ein Werk über schöne Textilien. Es ist eine exzellente, vollständige und spannende Monographie über eine bislang verborgene Kultur. (- mb -)

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