Tibet – Teppiche vom Dach der Welt – Teunis Wollesen Collection

Autor/en: Taher Sabahi
Verlag: Gereh, Textile Art Publication
Erschienen: Turin 2001
Seiten: 46
Ausgabe: softbound
Kommentar: Michael Buddeberg, Januar 2002

Besprechung:
Reinhard G. Hubel, einer der ersten und großen deutschen Sammler und Kenner von Bauern und Nomadenteppichen schrieb noch 1964 in seinem Ullstein-Teppichbuch, daß von tibetischen Teppichen nichts bekannt ist. Wenige Jahre später, 1970, entdeckte ein deutscher Teppichexperte, Kunsthändler und Ästhet in Nepal den tibetischen Teppich – es war eine Liebe auf den ersten Blick. Mit seinem am chinesischen Teppich geschulten Auge – Teunis Wollesen gelang es schon sehr früh nach dem Krieg, in China selbst Teppiche einzukaufen – faszinierte ihn die eigenständige Farb- und Formensprache dieser bis dato unbekannten Teppiche, die tibetische Flüchtlinge vom Dach der Welt mitgebracht hatten. Freilich – die Teppichwelt war skeptisch und sie ist es noch heute. Zu fremd waren und sind die Muster, zu laut die Farben dieser Teppiche, und sie entzogen und entziehen sich jedem Vergleich mit den etablierten Teppichen aus den bekannten teppichknüpfenden Ländern. Teunis Wollesen hat das alles nicht beirrt und er schuf in der 70er und 80er Jahren die erste bedeutende deutsche Sammlung tibetischer Teppiche. Auf vielen Reisen nach Nepal – Kathmandu ist auch heute noch der wichtigste Handelsplatz für alte tibetische Terppiche – erwarb Teunis Wollesen aber nicht nur bedeutende Teppiche sondern aufgrund seiner Neugier und seiner Kontakte und Freundschaften zu Tibetern auch große Kenntnisse über dieses neue Sammelgebiet. Doch Teunis Wollesen verlor Anfang der 90er Jahre infolge eines Schlaganfalls sein Gedächtnis und so ging dieses Wissen verloren. Seine Sammlung aber blieb erhalten und es ist das Verdienst seiner Frau Susanne und des italienischen Galeristen, Autors und Teppichexperten TaherSabahi, daß nun wenigstens ein Teil dieser Sammlung ausgestellt und veröffentlicht wurde. Der auf fünfhundert Exemplare limitierte, numerierte Katalog enthält eine Einleitung von Siawosch Ulrich Azadi, die die junge Geschichte tibetischer Teppiche im Westen und die Spuren dieser Teppiche in der Teppichliteratur verfolgt. Der zentrale Beitrag von Taher Sabahi versucht eine Bestandsaufnahme des Wissens über tibetische Teppiche, über ihren Gebrauchszweck, ihre Bezeichnungen, Knüpftechnik, Farben und Muster und sucht eine Antwort auf die wichtige Frage, seit wann in Tibet Teppiche geknüpft wurden. Die erst seit etwa 20. Jahren mögliche Feldforschung in Tibet kommt zu spät, um hier im Lande selbst noch eine Antwort zu finden. Auch die überwiegend aus dem 20. Jahrhundert stammenden Teppiche selbst schweigen. Zum Katalog ist daher lobend zu erwähnen, daß zu den 41 abgebildeten und beschriebenen Teppichen keine Altersangaben gemacht werden, die bei tibetischen Teppichen immer nur Spekulation sein können. Es bleibt zu hoffen, daß bis heute noch nicht erschlossene Quellen tibetischer Literatur einst eine Antwort auf die Frage nach der Geburt des tibetischen Teppichs geben. Die 41 alten tibetischen Teppiche aus der Sammlung Wollesen sind Zeugnis einer Teppichkultur, deren bedeutendster Zug eine schier unglaubliche Vielfalt von Mustern und eine Freiheit bei der Gestaltung der Fläche ist, wie sie sonst bei Teppichen nicht bekannt ist. Teunis Wollesen hat dies als einer der ersten erkannt und seine Frau Susanne hat ihn beim Aufbau der Sammlung begleitet. Ihr Beitrag über das Leben an der Seite von Teunis Wollesen ist eine Hommage an einen großen Sammler und eine Hommage auf die Liebe, auf die Liebe auch zu den Tibetern und zu den Teppichen, die sie schufen.

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