Oriental Carpet and Textile Studies

Autor/en: Murray L. Eiland, Robert Pinner
Verlag: Published by International Conference on Oriental Carpets – ICOC
Erschienen: Danville (USA) 1999
Seiten: 2 Bände, 240 und 136
Ausgabe: broschiert
Preis: je Band US-$ 45.– oder 30.–engl.Pfund
ISBN: 1-889666-04-1 und 1-889666-05-X
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Die „Salting-Story“, die Geschichte der Salting-Teppiche und der ihnen eng verwandten Topkapi-Gebetsteppiche ist voller Irrungen und Wirrungen, ein Wissenschaftskrimi, wie er spannender nicht sein kann. Am Ende steht der Sieg von Wahrheit und Wissenschaft über Irrtum, Fabel und Vorurteil. Die Salting-Gruppe, Teppiche mit einem persisch anmutenden aber doch ungewöhnlichen Muster, so benannt nach dem wohl berühmtesten Exemplar, das aus der Sammlung Salting ins Victoria & Albert Museum gelangte, galten zunächst, das war schon im 19. Jahrhundert, als herausragende Vertreter safawidischer Hofknüpfkunst des 16. Jahrhunderts. Erste Zweifel an diesem hohen Alter sähte der Teppichwissenschaftler Martin bereits im Jahre 1908. Ihm folgte 1939 der amerikanische Orientalist A.U.Pope und es war kein geringerer als Kurt Erdmann, der diese Teppichgruppe endgültig der türkischen Manufaktur von Hereke und dem 19. Jahrhundert zuschrieb. Nicht nur die durchweg gute Erhaltung, auch die Farben waren es, die Erdmann zu diesem Urteil bewogen. Befremdend und peinlich fand Erdmann die Farbzusammenstellungen und er schrieb von störender Buntheit oder von „schreienden Dissonanzen“. Das galt bis in die achtziger Jahre, bis Experten (Bennett, Franses, Böhmer) dieses Urteil anzuzweifeln begannen. So bot es sich für die Organisatoren der 8. ICOC an, dieses Thema zum Gegenstand einer Vortragsreihe zu machen. Der Nachmittag des 2. November 1996 war dann wohl eine der aufregendsten Veranstaltungen in der Geschichte der ICOC und er endete mit einer überzeugenden Rehabilitierung der Salting-Teppiche. Farbanalysen, Forschungen in türkischen und europäischen Archiven, metallurgische Untersuchungen der Silberbroschierungen, Übersetzungen der schiitischen Inschriften und, last not least, Radiokarbon-Datierungen lassen heute keinen Zweifel mehr, daß es sich um persische Teppiche aus dem 16. und dem frühen 17. Jahrhundert handelt. Es war eine gute Entscheidung der Herausgeber der Konferenz-Beiträge, dem Salting-Thema einen eigenen Band (Part 2 – The Salting Carpets) zu widmen. So entstand ein umfassendes Kompendium, das nicht nur die Beiträge, ergänzt um den Abdruck der maßgebenden Veröffentlichungen von Pope und Erdmann, wiedergibt, sondern auch einen Katalogteil enthält, der die ganze Gruppe mit allen wissenschaftlichen Daten dokumentiert. Als Kuriosum sei erwähnt, daß nur einer der Vortragenden, der nämlich, der in Philadelphia noch die These Erdmanns vertreten hatte, seinen Vortrag nicht zur Veröffentlichung freigegeben hat. Über diesem aufregenden Salting-Buch darf natürlich nicht der umfangreichere Band 1 vergessen werden, der mit seinen 45 Beiträgen den aktuellen Stand der Tapitologie wiedergibt wie kein anderes Sammelwerk. Und der Stand der Forschung, der Bereich der Beiträge, die einzelnen Themen, sind in der Tat beeindruckend. Wer hätte es sich im Jahre 1976 vorstellen können, als die erste ICOC in London erste Impulse gab, daß sich die Feldforschung einmal kirgisischer Schilfmatten annehmen wird, daß antike tibetische Teppiche, Gabbehs oder Textilien kaum bekannter Berberstämme Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen sein werden? Die Themen reichen von der Darstellung klassischer Teppiche in frühen Bildern bis zu Fragen der Reparatur, Restaurierung und Konservierung stark beschädigter Stücke, von Studien zu bestimmten Mustern wie Herati und Boteh bis zur Filzherstellung in Anatolien, von Feldarbeit im heutigen Turkestan bis zu archivarischen Erkenntnissen über die Erwähnung von Teppichen in frühen rumänischen Quellen. Raumübergreifende Beiträge untersuchen Parallelen zwischen zentralasiatischen und antolischen Teppichmustern oder die Verbreitung von Pferdedecken vom Kaukasus bis Tibet. Auch die Freunde des Kelims, die Liebhaber turkmenischer Teppiche oder Sammler von Bändern kommen auf ihre Kosten und so ist festzustellen, daß dieses Sammelwerk, gegenüber früheren Ausgaben im größeren Format sowie reich und überwiegend farbig illustriert, wirklich jedem Interesse gerecht wird und sei es noch so spezialisiert. Daß auch unpopuläre oder ungewöhnliche Thesen zu Wort kommen, so zum Beispiel die Theorie über die Bedeutung kleinster Musterelemente für das Leben eines Teppichs, ist erklärte Absicht der Herausgeber und Konsequenz des Grundgedankens der ICOC als Forum aller Meinungen. In die Zukunft schließlich weist ein Beitrag über die kaum bekannte Teppichsammlung von Edouard André und Nélie Jaquemart in dem gleichnamigen Museum, Vorgeschmack auf eine ICOC in Paris im Jahre 2006/07? Band V der Oriental Carpet and Textile Studies darf in keiner ernsthaften Teppich-Bibliothek fehlen, und der Preisnachlaß von 20%, den der Verleger, die ICOC, den Mitgliedern der ICOC-Association gewährt, ist ein starker Anreiz, dieser Organisation rasch beizutreten. (- mb -)

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