Treasures in Silk – An Illustrated History of Chinese Textiles

Autor/en: Feng Zhao
Verlag: SAT Editions, Costume Squad Ltd
Erschienen: Hong Kong 1999
Seiten: 360
Ausgabe: broschiert
Preis: US-$ 60
ISBN: 962-85691-1-2
Kommentar: Michael Buddeberg, Dezember 1999

Besprechung:
Daß der Kokon des Maulbeerspinners aus einem stabilen und webbaren Faden besteht, ist eine der erstaunlichsten Entdeckungen aus der Frühgeschichte der Menschheit. Wann diese Entdeckung genau gemacht wurde, wird immer ein ungelöstes Rätsel bleiben, denn Seide, chemisch ein Eiweißprodukt, ist wie alle organischen Stoffe sehr vergänglich. Sicher ist nur, daß der Entdecker ein Chinese war und sicher ist, daß die Seidenproduktion und Textilien aus Seide in der chinesischen Kulturgeschichte eine eminent wichtige Rolle gespielt haben. So kann die Geschichte der Seidenweberei gewissermaßen aus zweiter Hand bis in sehr frühe Zeiten zurückverfolgt werden. Die Darstellung von Seidenraupen auf einer Elfenbeinschnitzerei wird auf ca. 5000 bis 4000 v.Chr. datiert, und zahlreiche weitere neolithische Keramik-, Jade- oder Bronzefunde enthalten weitere Hinweise auf den Prozess der Seidenherstellung. Die Häufigkeit des Themas Seide, Seidenraupe, Maulbeerbaum und Weberei in künstlerischen Darstellungen aus geschichtlicher Zeit, auf Bronzen, Lackarbeiten oder Steinreliefs aus den Zeiten der Zhou, der Han oder der Streitenden Reiche zeigen die beinahe mythische Bedeutung von Seide in alten China. Lange Zeit galten einige wenige Seidenfragmente aus der Han-Dynastie (206 v. bis 220 n.Chr) als die ältesten erhaltenen Beispiele chinesischer Textilkunst doch neuere Funde haben die Grenze inzwischen weit ins Neolithikum verschoben. Der bis heute früheste archäologische Beweis für Seidentextilien wurde in der Begräbnisurne für ein Kind aus der Yangsao-Kultur gefunden. Es ist nur ein ganz kleines Stück Gewebe, halb verbrannt, jedoch wegen seines Alters (ca. 3630 v.Chr.) von allergrößter Bedeutung. Die uralte Geschichte chinesischer Textilien blieb dennoch mangels ausreichenden Forschungmaterials lange bruchstückhaft. Diese Situation hat sich in den letzten drei Jahrzehnten durch bedeutende Ausgrabungen in China, vor allem in den trockenen Wüstenregionen von Xinjiang geändert. Die Funde von Astana, Mashan, Lop-Nor und Dulan, um nur die wichtigsten zu nennen, ermöglichen nun einen Blick auf eine kaum für möglich gehaltene Vielfalt und Schönheit chinesischer Textilien, von denen aber nur wenige in westliche Museen und Sammlungen gelangten. Das China National Silk Museum in Hangzhou, das Suzhou Silk Museum in Jiangsu und zahlreiche kleinere chinesische Provinzmuseen bergen inzwischen einen Seidenschatz, der erstmalig die Geschichte chinesischer Textilien erschließt. Der Autor von Treasures in Silk, Feng Zhao ist Direktor des Nationalmuseums für Seide in Hangzhao und ein international anerkannter Wissenschaftler. Es gibt wohl in West und Ost keine alte chinesische Seide, die Feng Zhao nicht gesehen und untersucht hat, und aus tausenden von Stücken hat er 100 repräsentative Exemplare ausgewählt, die in dem reich ausgestatteten Band in 10 Kapiteln vorgestellt werden. Der Gang durch die chinesische Textilgeschichte beginnt in der Zeit der Streitenden Reiche (475 – 221 v.Chr) und führt bis ins 19. Jahrhundert. Er offenbart eine schier unglaubliche Vielfalt an Mustern und Techniken. Schon die frühesten Stücke zeigen webtechnisch ein hohes Niveau und komplizierte geometrische Muster und Tierdarstellungen. Gleiches gilt für die berühmten arabesken Stickarbeiten mit Phönix und Drache, wie sie ähnlich auch in Pazyryk gefunden wurden. Auf Seiden aus der Jin-Dynastie (265 – 316 n.Chr.) mit zwischen Wolken schwebenden Tieren folgen die berühmten „Enten im Rondell“, deren Herkunft (Persien, Sogdien oder China?) eingehend diskutiert wird. Hervorzuheben ist, daß zu jedem der 100 präsentierten Stücke meist mehrere Vergleichsexemplare aus Sammlungen und Museen der ganzen Welt gezeigt werden. So finden wir neben der Ente aus China (aus dem Grabfund von Dulan) auch die berühmten Enten aus Cleveland (das tibetische Prinzenkostüm) und Riggisberg (gestickte Enten) sowie die Enten aus dem Domschatz zu Aachen und aus dem Vatikan. Medaillons und gegenständige Tiere, gewebt, gestickt und gewirkt, tauchen erstmals in der Tang-Zeit (618 – 907 n.Chr.) auf und sie zeigen die vielfältigen Kontakte Chinas mit Zentralasien in jener Zeit. Wirkarbeiten erreichten ihre höchste Blüte während des Dynastie der Südlichen Song (1127 – 1279), und bei manchen dieser Kesi, die von Malereien oft kaum zu unterscheiden sind, ist sogar der Künstler bekannt. Brokate, Samit- und Lampas-Gewebe, Stickereien in Needle-Loop-Technik, Samte und Damaste, Rangabzeichen in allen textilen Techniken, buddhistische Motive auf Thankas, gewebt, gewirkt, gestickt oder appliziert, zeigen ein unerschöpfliches Repertoire von Muster, Stil und Technik. Ein umfangreiches Glossar mit Zeichnungen und vielen Makroaufnahmen bringt schließlich Ordnung in die wahrhaft verwirrende Vielfalt unterschiedlicher Macharten. Eine Bibliographie beschließt dieses grundlegende, erschöpfende und schöne Buch über die historische Entwicklung chinesischer Textilien. (Hinter dem Buch steht kein Verlag. Initiative und Finanzierung lagen alleine beim Autor. Bestellen Sie daher unmittelbar bei: Feng Zhao, China National Silk Museum, 73-1 Yuhuangshan Road, Hangzhou – 310002, P.R.China, US-$ 60.– und 10 US-$ für sea- oder 30 US-$ für air-mail). (- mb -)

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