China – Antique Rugs of the Celestial Empire

Autor/en: Taher Sabahi
Verlag: Cato Textile Art Publications
Erschienen: Turin 1998
Seiten: 144
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: US-$ 150
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 1999

Besprechung:
Für den Liebhaber und Sammler orientalischer Teppiche war der chinesische Teppich lange Zeit ein Außenseiter, ein „Exote“, eine Randerscheinung aus einem fernen Land jenseits des eigentlichen Orients, einem Land, das nie wirklich als „Teppichland“ angesehen wurde. Chinesische Teppiche galten als Einrichtungsgegenstände, elegant, dekorativ, ohne wirkliche Tradition, antike Stücke waren kaum bekannt. Es ist daher noch nicht so lange her, daß der chinesische Teppich als ernsthaftes Forschungsobjekt der Tapitologie entdeckt wurde. Einen ersten Schritt machte Lorentz mit seinem 1975 erschienenen Buch „Chinesische Teppiche“, das auch eine Bestandsaufnahme des damaligen Wissens über den antiken chinesischen Teppich enthält. Weitere Schritte waren die Entdeckung sehr alter chinesischer Teppiche in europäischen und vor allem amerikanischen Sammlungen, das Auftauchen alter Stücke in China und Tibet, die von der Kulturrevolution verschont geblieben waren und vor allem archäologische Funde, durch die eine Brücke von China zu den traditionellen Teppichregionen geschlagen werden konnte. Diese Ausgrabungen in den Wüstenregionen Westchinas, kleinere und größere Fragmente früher Knüpftradition, sind es, die uns heute erlauben auch dem chinesischen Teppich eine sehr alte Tradition zuzusprechen. Entdeckungen in Literatur und Malerei haben ein Übriges getan, uns zu beweisen, daß unter den dekorativen Künsten des alten China auch der Teppich seinen Platz hatte. Wandmalereien in Dunhuang, Rollbilder aus der Song-Dynastie und schriftliche Hinweise von Dichtern der Tang-, ja sogar der Han-Dynastie erlauben uns einen Blick in längst vergangene Zeiten und in ihre uns nicht erhaltenen Teppiche. Freilich war der Teppich in China wohl nie ein Produkt für den alltäglichen Gebrauch, kein Erzeugnis des Hausfleißes auf familieneigenen Webstühlen sondern stets ein Manufaktur- und Luxusprodukt für den kaiserlichen Hof, für hohe Beamte, für Paläste, Klöster und Tempel. Und doch, die Archäologie beweist es, hat der sich durch eine raffinierte Raumaufteilung und subtile Farbwahl auszeichnende chinesische Teppich seine Wurzeln in der uralten Knüpftradition Zentralasiens, einer Tradition, die über die Jahrhunderte sich nicht nur nach Persien, Indien und nach Anatolien ausbreitete sondern auch Eingang fand in die städtischen Manufakturen Chinas. Das Buch von Taher Sabahi, eigentlich ein Katalog einer Gemeinschaftsausstellung mehrerer italienischer Händler ist ein Gewinn für die spärlich gebliebene Literatur über chinesische Teppiche. Dabei geht der deutlich größere Gewinn vom sorgfältigen Textteil über die Geschichte, Produktion und Dekoration des chinesischen Teppichs aus und weniger vom Tafelteil, dessen 42 vorzügliche und großformatige Abbildungen überwiegend den Einrichtungsteppich zeigen, wie er im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert für den Export nach Amerika und Europa in den Manufakturen in Peking, Paotou und Tientsin geknüpft worden ist. Der historische Teil reicht vom vermuteten Beginn der Knüpfkunst im Nordwestchina zur Zeit des Neolithikum über die späte Ming-Zeit, aus der die frühesten erhaltenen chinesischen Teppiche stammen, bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts, bis zu den Teppichen also, in denen sich altes chinesisches Mustergut und europäischer Jugendstil und Art Nouveau auf’s Beste ergänzen. Kapitel über die verwendetenen Materialien – hervorzuheben ist die vorzügliche Wolle chinesischer Teppiche von Gebirgsschafen aus Kansu, Tibet und der Mongolei – über Web- und Knüpftechniken, schließlich auch über Farben und Färbedrogen, leiten über zum zentralen Textbeitrag über die Dekoration chinesischer Teppiche. Hier liegt und lag schon immer die Besonderheit des chinesischen Teppichs. Seit jeher sind chinesische Teppiche einzigartig im Layout, in ihrer eleganten, dekorativen Komposition. Sie sind raffiniert in ihrer scheinbaren Einfachheit, kennen keinen „horror vacui“ und gehorchen vollendet den Gesetzen von Proportion und Symmetrie. Die wichtigste Komponente jedoch ist hier der symbolische Wert jedes einzelnen Musterelements. Alles hat im chinesischen Teppich seine tiefe Bedeutung. Das ist offensichtlich und gut erkennbar bei den acht buddhistischen Glückssymbolen, den konfuzianischen Insignien der Gelehrsamkeit, den acht Unsterblichen des Taoismus oder bei der Darstellung von Drachen, Meereswogen und dem heiligen Berg Meru. Aber auch Pferd, Hirsch, Fisch und Ente, Pfirsich Lotos und Päonie, Bambus, Fledermaus und Hund formen in stets wechselnden Kombinationen eine Botschaft, die zu entschlüsseln schwer ist und großer Erfahrung bedarf. Sabahis Beschreibung dieser Symbole, unterstützt durch aquarellierte Darstellungen von Isabella Fra, und die Hinweise auf die jeweilige Bedeutung sind ein Schlüssel für die Entdeckung und das Verständnis des chinesischen Teppichs. So bleibt als einziger Wermutstropfen der hohe Preis für dieses schöne Buch.

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