When Silk was Gold – Central Asian and Chinese Textiles

Autor/en: James C.Y. Watte, Anne E. Wardwell
Verlag: Harry N. Abrams and the Metropolitan Museum of Art
Erschienen: New York 1997
Seiten: 238
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
ISBN: 0-8109-6513-5
Kommentar: Michael Buddeberg, Januar 1998

Besprechung:
Vorweg: Die Ausstellung wird nach der Premiere in Cleveland im Metropolitan Museum of Art in New York vom 3.März bis zum 17.Mai 1998 zu sehen sein. Sie ist, wie es die Besprechung des Katalogbuches zeigen wird, einzigartig, und man kann angesichts der Empfindlichkeit der Textilien wohl davon ausgehen, daß diese Schätze nach dem 17.Mai 1998 in die Depots zurückgehen und nicht mehr gezeigt werden – für lange Zeit. Der Katalog kann trotz seiner guten Farb- und Druckqualität natürlich nicht das leisten, was die Originale vermitteln. Aber er ist dank der profunden wissenschaftlichen Darstellung der Materie – kostbarste Textilien aus Zentralasien und vor allem China aus der Zeit vom 8. bis zum 15. Jahrhundert – für jeden Liebhaber antiker Textilen unentbehrlich, mag er nun diese Jahrhundertausstellung gesehen haben oder nicht. Der außerordentlichen Seltenheit dieser frühen Textilien ist es zuzuschreiben, daß diese herausragenden Erzeugnisse eines hochentwickelten kunsthandwerklichen Schaffens, die in ihrer Zeit so kostbar waren wie Gold, von der westlichen Kunstgeschichte oft schlicht übersehen wurden. Erst die bedeutenden Grabfunde in den letzten Jahrzehnten, vor allem aber das überraschende Auftauchen gut bis hervorragend erhaltener Exemplare dieser frühen Textilien in Tibet, hat die faszinierende Rolle, die diese Textilien in der Kulturgeschichte gespielt haben, ans Licht gebracht. Luxustextilien, wie sie der Katalog vorstellt, komplizierteste Gewebe und Nadelarbeiten, definierten kaiserlichen, höfischen und klerikalen Rang, sie waren Gegenstand königlicher Gunstbeweise, Besteuerungsgrundlage und Zahlungsmittel, Bemessungsgröße für Tributzahlungen, hochwillkommene Präsente von Gesandten fremder Länder und sie gehörten zu den wichtigsten Objekten des Handels zwischen Ost und West. Aber nicht nur die Textilien selbst gelangten von China oder von Zentralasien bis nach Venedig oder Alexandria. Mit ihnen wanderten ihre Muster, Dekorationsstile und Techniken, oft auch die Kunsthandwerker selbst, von Ost nach West und umgekehrt. Das macht die Beschäftigung mit diesen Textilien so reizvoll aber auch so schwierig. Kaum ein Textil wurde dort hergestellt, wo es gefunden wurde; daß es überhaupt erhalten blieb ist oft einer Kette von Zufällen zuzuschreiben und die einfache Möglichkeit, Textilien vielseitig oder zweckentfremdet zu verwenden, läßt die ursprüngliche Verwendung oft im Dunkel. Der Katalog versucht, Licht in dieses Dunkel zu bringen. Die 64 detailliert vorgestellten Textilien können natürlich kein vollständiges Bild der Web- und Nadelkunst von der Tang- bis zur Mingzeit vermitteln, sie sind aber repräsentativ für das, was – nach heutigem Forschungsstand – überlebt hat. Frühe Seiden vom 8. bis zum 11. Jahrhundert, von Tang bis Song und vor allem aus Sogdien, Kesi-Arbeiten aus dem 11. bis zum 14 Jahrhundert, hervorzuheben diejenigen aus der Zeit der Song und Yuan, Goldbrokate der Jin Dynastie, die Luxus-Seidenweberei unter der Herrschaft der Mongolen und schließlich das reiche Thema der Nadelarbeiten von der Tang- bis zur Ming-Dynastie bilden die fünf Kapitel des Katalogteils, denen jeweils eine instruktive Einführung vorausgeht. Ein einleitender Essay von Morris Rossabi, überschrieben mit dem Titel „Seidenhandei in China und Zentralasien“, enthält weit mehr als dieser Titel verspricht: Er ist ein Abriß der interessanten und wechselvollen Historie von Zentralasien und China vom 8. bis zum 15. Jahrhundert, ergänzt und anschaulich gemacht durch erläuterndes Kartenmaterial. Auf drei einzigartige Highlights von Ausstellung und Katalog sei zuguterletzt hingewiesen: Das sind erstens die geflügelten Löwen und Greife auf einem golddurchwirkten Lampasgewebe aus der Mitte des 13.Jahrhunderts, Zentralasien, Zeugnis des Musteraustausches von Persien bis China; zweitens und nicht weniger eindrucksvoll das monumentale Yamantaka Mandala in Kesi-Technik mit den Portraits der kaiserlichen Auftraggeber aus der Yuan-Dynastie und schließlich – wohl der Höhepunkt dieser Schau – das tibetische Prinzengewand aus der Zeit der frühen tibetischen Könige der Yarlung-Dynastie (7./ 8.Jahrhundert) aus sogdischen und chinesischen Stoffen in unglaublich farbfrischer Erhaltung. Wer diese farbenfrohen Enten im sassanidischen Perlmedaillon in natura gesehen hat wird dieses einzigartige Textil niemals vergessen. Ein weiterer Höhepunkt muß abschließend erwähnt werden: Die jahrelange Zusammenarbeit zweier bedeutender Museen, des Cleveland Museum of Art und des Metropolitan Museum in New York, deren private Sponsoren und die Kuratoren James Watt und Anne Wardwell haben die bedeutendste Sammlung früher zentralasiatischer und chinesischer Textilien und deren wissenschaftliche Bearbeitung und Publikation in diesem Katalogbuch ermöglicht.

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