Samarkanda – Carpets from the Silk Road

Autor/en: Taher Sabahi
Verlag: Tipografia Romor Editrice
Erschienen: Italien 1995
Seiten: 136
Ausgabe: Hardbound
Preis: US-$ 140.–
Kommentar: Michael Buddeberg, Oktober 1998

Besprechung:
„Die Wüste des unausweichlichen Todes“, so nannten frühe Reisende die Wüste Taklamakan, ein trostloses Sandmeer in Innerasien, durchtost von Stürmen, die jede Orientierung vereiteln, jede Landmarke zudecken. Umgeben von Randgebirgen mit gletscherbedeckten, über 7000 Meter hohen Gipfeln und kaum zu überwindenden Pässen scheint das Tarimbecken als ein menschenfeindlicher, unzugänglicher, gemiedener Ort. Und doch haben seit grauer Vorzeit Karawanen diese Region durchquert, haben Menschen die Mühsal und Gefahr auf sich genommen, der Wüste zu trotzen und Handel zwischen Ost und West zu treiben. Möglich war die Seidenstraße, dieser bedeutendeste aller Handelswege, nur durch eine Anzahl blühender Oasen, die sich wie eine lockere Kette um die Taklamakan gruppieren und die es den Karwanen erlaubten, die Wüste auf einer nördlichen oder einer südlichen Route zu queren. Ganzjährig wasserführende Flüsse aus den umgebenden Gebirgszügen Kunlun, Karakorum, Pamir und Tien Shan, uralte und ausgeklügelte Bewässererungssysteme, ließen im Tarimbecken eine einzigartige Oasenkultur entstehen, deren Bedeutung für das Verhältnis von Orient und Okzident ebenso wichtig wie schwer zu enträtseln ist. Ständig wechselnde Machtverhältnisse der Völker Zentralasiens, der Mongolen, Usbeken und Tibeter, der Uiguren, Tadschiken und Kirgisen, aber auch der Araber, Türken und der Chinesen ließen in den Oasen kosmopolitische Kulturzentren entstehen, in denen sich Einflüsse aus Ost und West verschmolzen. Taher Sabahi gibt in Samarkanda einen konzentrierten, gut recherchierten Überblick über Geographie und Geschichte von Sinkiang bevor er sich der Textilkunst dieser Region widmet, die eng mit der Geschichte dieses Handelsweges verbunden ist. Der Beginn der Knüpf- und Webkunst dieser Region verliert sich im Dunkel der Frühgeschichte. Erste frühe und zugleich bedeutende Zeugnisse dieser Handwerkskunst stammen aus der Zeit der chinesischen Han-Dynastie (206 v.Chr. bis 220. n.Chr.) und sie sind den archäologischen Forschungen zu danken, die Sven Hedin, Marc Aurel Stein, Albert von LeCoq und Folke Bergman begründeten und die heute von chinesischen Forschungsteams erfolgreich fortgesetzt werden. Wir sehen einige frühe Seidenfragmente von hoher künstlerischer und technischer Qualität und finden eine hervorragende, großformatige Abbildung des berühmten kleinen Teppichs aus dem Xiniang-Museum in Urumqi, der -inzwischen durch Karbon-Datierung abgesichert – in der Han-Zeit geküpft wurde und damit bisher der Zweitälteste, vollständige Teppich ist, den wir kennen. Die Oasen Khotan, Yarkand und Kaschgar waren bedeutende Zentren der Knüpfkunst und Sabahi berichtet detailliert über Materialien, Techniken und Muster dieser faszinierenden und in der Literatur, sieht man von Bidder und Schürmann ab, stets nur stiefmütterlich behandelten Teppiche. Leider werden nur 8 der unvergleichlich schönen, klassischen Teppiche dieser Region im Bild vorgestellt, denn der Hauptteil des Buches widmet sich einer Sammlung von 42 ostturkestanischen Teppichen vom Ende des 19. bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Auch wenn der Charakter der Teppiche aus den Oasen Sinkiangs in diesen späten Stücken noch anklingt, so zeigen Muster, Farben und Formate doch deutlich den Niedergang einer einstmals in hoher Blüte stehenden Knüpfkunst etwa seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Wert von Samarkanda liegt daher weniger im Bildmaterial sondern vor allem im Textteil, der das verstreute und, da meist in vergriffenen Publikationen enthaltene, oft schwer zugängliche Wissen zusammenfaßt und in einem sorgfältig gestalteten und gedruckten Buch vorstellt.

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