Mittelalterliche Textilien I – Die Textilsammlung der Abegg-Stiftung

Autor/en: Otarsky, Salim, Kessler
Verlag: Abegg-Stiftung
Erschienen: Riggisberg
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: CHF 280.–
Kommentar: Michael Buddeberg, Oktober 1995

Besprechung:

Das Begleitbuch zu der am 1. November 1995 endenden Ausstellung „Meisterwerke der Textilkunst“ ist zugleich Band 1 der nun sukzessive erscheinenden Reihe vollständiger Sammlungskataloge dieser bedeutenden Schweizer Textilsammlung. Die von dem Sammler Werner Abegg (1903 -1984) begründete und durch die von ihm in’s Leben gerufene Stiftung konsequent fortgesetzte Sammlung besteht heute aus 4.500 Textilien, so daß angesichts der in Band 1 behandelten 182 Stücke mit einem stattlichen Sammlungskatalog zu rechnen ist. Die Bedeutung dieses Buches ergibt sich aber weniger aus diesem Zahlenspiel sondern vielmehr aus der herausragenden Qualität der wissenschaftlichen Bearbeitung jedes einzelnen der mittelalterlichen Textilfragmente. Der genauen Beschreibung von Dekor, Zustand, Technik und Material folgt jeweils ein Kommentar, der das beschriebene Stück nicht nur in textilgeschichtlicher Sicht behandelt sondern häufig auch kunst-und kulturgeschichtliche Zusammenhänge aufdeckt. Zusätzliche Angaben über die Herkunft nach Ort, Zeit und Kunsthandelsquelle sowie über das Vorhandensein von Vergleichsstücken in anderen Sammlungen und Museen lassen keine Fragen offen. Ergänzt wird die Beschreibung der Stücke durch ein Glossar, das wichtige Begriffe des Textilwesens erläutert, um ein Personen- und ein Ortsregister und ein umfangreiches Literaturverzeichnis. Beiträge und Katalogteil stammen vom Konservator der Abegg-Stiftung, Karel Otavsky, vom Textilkonservator des Museums für Islamische Kunst, Kairo, M.A.M. Salim sowie von Cordula Kessler. Daß nicht alle beschriebenen und abgebildeten Fragmente von allerhöchster Qualität sind liegt an der Konzeption als vollständiger Sammlungskatalog und bedeutet für den ersthaften Benutzer dieses Buches eher einen Vorteil: Das Auge und der Sinn für Qualität lassen sich nicht ausschließlich an internationalen Spitzenobjekten schulen. Gerade durch die kleinen, zunächst eher unbedeutend oder belanglos erscheinenden Stück erschließen sich unter Zuhilfenahme der sorgfältigen wissenschaftlichen Beschreibung neue Erkenntnisbereiche und Vergleichsmöglichkeiten. Der Band erfaßt etwa ein Drittel der mittelalterlichen Textilien der Abegg-Stiftung mit den örtlichen Schwerpunkten Bagdad, Kairo und Cordoba und Entstehungszeiten zwischen dem 9. und dem 15. Jahrhundert. Der Band ist für den Sammler solcher Fragmente ein Muß und für den Liebhaber von Textilien und Kunstliebhaber eine aufregende Entdeckungsreise. Beeindruckend und ein gutes Zeugnis für Selbstbewußtsein und wissenschaftlichen Anspruch der Abegg-Stiftung ist das Kapitel mit der Beschreibung von 35 Gewebefragmenten, die mittlerweile durchweg als Fälschungen, teilweise aus diesem Jahrhundert, erkannt wurden. Der Vergleich mit den leider nur schwarz/weiß abgebildeten Fälschungen mit den ehrwürdigen Originalen ist nicht nur lehrreich sondern auch vergnüglich und hinterläßt beim Leser zumindest hohen Respekt vor dem Können der unbekannten Fälscher. Qualität hat ihren Preis: Für das hervorragend gestaltete, ausgestattete und hergestellte Buch verlangt die Abegg-Stiftung 280.- Schweizer Franken. Dennoch ein wichtige Empfehlung.

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