Nomaden im Iran – mit einer Dokumentation nomadischer Kelims und Teppiche

Autor/en: Razi Hejazian
Verlag: Verlag Das Arabische Buch
Erschienen: Berlin 1999
Seiten: 156
Ausgabe: fester Einband
Preis: DM 58.–
ISBN: 3-86093-226-8
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Ausnahmsweise beginnt diese Buchbesprechung mit dem Schluß des Buches: Der Anhang, die Dokumentation, zeigt in guter Wiedergabe und auf schwarzem Grund 74 nomadische Web- und Knüpfarbeiten persischer Nomaden. Es sind Kelims und Teppiche der Qaschgai und Luri, der Schasawan und Bachtiari, Arbeiten von Afscharen und Beludschen. Die Beispiele aus dem 19. und 20. Jahrhundert sind Zeugnisse der wichtigtsten materiellen Kultur dieser Stämme. Sie sind Ausdruck von Improvisation und Phantasie, sie sind unbekümmert, ursprünglich und unverfälscht. Ihre Nähe zur modernen Kunst des 20. Jahrhunderts ist immer wieder verblüffend und hat ihren Grund in der übereinstimmenden Priorität der Farbe als gestalterisches Motiv. Doch das Verständnis dieser nomadischen materiellen Kultur bleibt ohne Kenntnis der Menschen und ihrer Umwelt unvollkommen. Diesem Mangel abzuhelfen ist das Anliegen dieses Buches, und so hat der Autor, Inhaber der Galerie Teppich-Kelim-Art in Berlin, die Dokumentation zusammen mit seiner Dissertation über Nomaden im Iran veröffentlicht. Diese politikwissenschaftliche Arbeit unter Prof. Helmut Wagner am Otto Suhr Institut der FU Berlin befaßt sich erstmals wissenschaftlich mit diesem Thema. Erstmals fließt intensives Studium originler persischer und türkischer Quellen zusammen mit jahrelanger Feldarbeit vor Ort. Das Ergebnis ist eine fundierte Geschichte der Nomaden im Iran. Sie beginnt in prähistorischer Zeit mit der Domestizierung von Weidetieren und ist trotz der politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die dem Nomadismus in der modernen Welt erwachsen sind, bis heute nicht abgeschlossen. Die herausragend wichtige politische Rolle der Nomadenstämme im Iran wird deutlich, wenn man sich die Tatsache vergegenwärtigt, daß die Herrschaftsdynastien im Iran seit dem 10. Jahrhundert überwiegend aus ursprünglich nomadischen Stämmen erwachsen sind. Dies gilt für die Seldschuken, die Safawiden-Dynastie, für die Qadscharen, ja selbst für die Pahlawi-Familie, obwohl diese schließlich den Niedergang des Nomadismus im 20. Jahrhundert zu verantworten hat. Schah Abbas etwa, vielleicht der berühmteste aller persischen Herrscher, gründete die mächtige Stammeskonföderation der Schahsawan und machte diesen Stamm zu seiner Hausmacht. Die Feldarbeit des Autors beschränkte sich im wesentlichen auf das Siedlungsgebiet dieser Schahsawan und man erfährt detailliertes Wissen über die politische, soziale und gesellschaftliche Struktur eines Stammes, der ähnlich wie die Qaschgai und die Bachtiaren, seine nomadische Tradition bis heute nicht verloren hat. Wer den historisch-politischen Hintergrund der materiellen Kultur dieser Menschen, ihre Kelims und Teppiche besser verstehen will, wer Interesse hat am nomadischen Leben, an Entstehung, Glanzzeit und Niedergang des Nomadismus in seiner iranischen Hochburg, kommt an dieser interessanten Studie nicht vorbei. (In der Galerie des Autors: Teppich Kelim Art, Pariser Str. 44, 10107 Berlin, kostet der Band nur DM 40.–), (- mb -)

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