Khmer Gold – Gifts for the Gods

Autor/en: Emma C. Bunker, Douglas A.C. Latchford
Verlag: Art Media Resources
Erschienen: Chicago 2008
Seiten: 148
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: USD 75.–
ISBN: 978-1-58886-097-2
Kommentar: Michael Buddeberg, Januar 2009

Besprechung:
Die Kunst der Khmer und die Kunst der Fälscher – das ist ein nie enden wollendes Thema in der Kunstgeschichte Südostasiens. Auf kaum einem anderen Gebiet ist so viel von Fälschungen die Rede, herrscht so viel Ungewissheit, existieren so viele gegensätzliche Meinungen, wie bei diesen Kunstwerken, die wegen ihrer Ästhetik und ihrer Ausdrucksstärke zu Recht bewundert und begehrt werden. Das hat seinen ganz realen Grund: Die Geschichte der Khmer-Kunst ist seit ihrer Entdeckung in den Dschungeln Kambodschas im 19. Jahrhundert eine beispiellose Folge von Raub, Vandalismus, Plünderung, Bürgerkrieg und Zerstörung – und dies bis ins späte 20. Jahrhundert. Die Folge ist, dass es für die Khmer-Kunst kaum einwandfrei dokumentierte Referenzstücke gibt. Selbst für die über jeden Zweifel erhabenen, schon früh in die Sammlungen des kambodschanischen Nationalmuseums in Pnom Penh gelangten Objekte – soweit sie sich überhaupt noch dort befinden – oder auch des Pariser Musée Guimet, fehlen in den meisten Fällen eindeutige Informationen über Fundzusammenhänge und andere archäologische Referenzen. Das Auftauchen bisher unbekannter Kunstwerke wirft daher ganz selbstverständlich die Frage auf, ob es sich um Fälschungen handelt oder um ein bloßes Defizit an kunsthistorischer Aufarbeitung. Während der Wissenschaft allerdings bei Werken aus Stein oder Bronze mit den Spuren jahrhundertelanger Umwelteinflüsse, mit der stereomikroskopischen Untersuchung von Sandsteinoberflächen und mit Thermoluminiszenz- oder C14-Analysen der beim Bronzeguss fast immer vorhandenen Rückstände immerhin Untersuchungsverfahren zur Verfügung stehen, haftet altem Goldschmuck aus Südostasien per se der Ruch der Fälschung an. Seine Seltenheit, die Spurenresistenz des edlen Materials, das so gut wie vollständige Fehlen wissenschaftlich gesicherter Vergleichsstücke ebenso wie das Fehlen jeglicher Literatur lassen den Goldschmuck der Khmer als ein ganz besonders heißes Eisen erscheinen. Die Autoren Emma Bunker und Douglas Latchford – eine anerkannte Wissenschaftlerin und ein seit über fünfzig Jahren engagierter und erfahrener Sammler von Khmer-Kunst – hatten schon 2004 mit der Vorstellung von Goldschmuck in dem großartigen Buch „Adoration and Glory – The Golden Age of Khmer Art“ (das sich allerdings überwiegend mit der Khmer-Skulptur befasst) keine Scheu vor diesem heißen Eisen. Die nun vorliegende Monographie dieses Autorenteams nimmt den damals gesponnenen Faden auf und versucht, ergänzt um zahlreiche weitere, bisher unveröffentlichte Objekte aus privaten und öffentlichen Sammlungen in Kambodscha, Thailand, Großbritannien und USA, eine erste Einschätzung der Verwendung, Bedeutung und der zeitlichen Einordnung von Khmer-Gold. Die Autoren räumen zunächst mit dem alten Vorurteil auf, das Khmer-Reich sei – mit Ausnahme von Eisen – arm an Bodenschätzen gewesen, also auch an Gold. Man weiß heute von zahlreichen Goldvorkommen in diesem Teil Südostasiens, welche zu Zeiten der Khmer ausgebeutet wurden. Aus Inschriften und anderen Quellen, aus alten Reiseberichten etwa, wurde mehr und mehr auch die Erkenntnis gewonnen, dass Gold im alten Kambodscha hoch geschätzt wurde, dass es, wie anderswo auch, ein wichtiges Symbol für Macht, Prestige und Reichtum war und dass die Könige, aber auch die Tempel und Skulpturen vor Gold nur so glänzten. Dass nur so wenig davon die Zeiten überdauerte, liegt vor allem daran, dass der Totenkult der Khmer keine Grabbeigaben kannte; die Toten auch der Eliten wurden verbrannt oder ausgesetzt. So sind es wohl mehr oder wenige zufällige Schatzfunde oder auch Opfergaben, die, oft im Bereich von Tempeln, in irdenen Gefäßen vergraben, wieder ans Tageslicht gelangten. So geschehen etwa bei Koh Ker, nordöstlich von Angkor, wo in einem Keramiktopf ein Juwelenset gefunden wurde, dessen handwerkliche Qualität, vor allem aber dessen Schönheit einzigartig ist. Der Vergleich mit Schmuckdarstellungen auf Steinskulpturen und der Fundort – Koh Ker war unter König Jayavarman IV und seinem Sohn Harsavarman vorübergehend die Hauptstadt des Khmer-Reiches – lassen eine Datierung in das dritte Quartal des 10. Jahrhunderts möglich erscheinen. Die Präsentation dieses mit Steinen besetzten, kompletten Schmuckset, bestehend aus Diadem, Pektoral und je zwei Gürteln, Ohrgehängen, Rosetten und Oberarmbändern auf einem Sandsteintorso des Shiva aus der Baphuon-Zeit (ca. Mitte des 11. Jh), die auch das Cover des Buches ziert, ist zwar eine spekulative Rekonstruktion, zugleich aber auch eine lebendige Darstellung von der Pracht und dem Glanz, mit dem ein mittelalterlicher Tempel der Khmer ausgestattet gewesen sein mag. Der reiche, dekorative Goldschmuck und die reduzierte, verhaltene Ästhetik des Shiva-Torso ergänzen sich zu einem unvergesslichen Eindruck. Dieser Zeit der frühen Angkor-Periode (9. bis spätes 11. Jahrhundert) wird von Bunker/Latchford weiterer Goldschmuck, Ringe und Ketten vor allem, zugeordnet, während ein weiteres großartiges Schmuckset angeblich königlicher Provenienz und verschiedene Goldgefäße der späten Angkor Periode (spätes 11. bis 15. Jahrhundert) zugeschrieben werden. Da auch hier, wie bei fast allen Stücken, gesicherte archäologische Daten und eine Dokumentation der Fundzusammenhänge fehlt, bleiben die Datierungsversuche, bleibt sogar die Herkunft aus Kambodscha letztlich eine Spekulation, die weiterer wissenschaftlicher Untermauerung etwa durch metallurgische Analysen und mikroskopische Untersuchungen bedarf. Immerhin, das schöne und gediegen ausgestattete Buch füllt eine Lücke in der Literatur zur Kunst der Khmer und ist eine exzellente und fundierte Basis für die weitere Forschung. Am Rande und zuguterletzt sei noch erwähnt, dass Douglas Latchford wesentliche Stücke aus seiner bedeutenden Sammlung von Khmer-Gold dem National Museum von Kambodscha in Pnom Penh übergeben hat.

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