Shanghai Museum

Autor/en: Chen Xiejun, Susan Whitfield
Verlag: Shanghai Museum & London Editions
Erschienen: Shanghai & Hong Kong 2007
Seiten: 260
Ausgabe: Softbound
Preis: 20.– engl. Pfund
ISBN: 978-1-85759-499-7
Kommentar: Michael Buddeberg, August 2007

Besprechung:
Die Entdeckung der Bronze bedeutete in der Geschichte der Menschheit einen gewaltigen Kultursprung. Das Erstaunliche ist, dass dieser Abschied vom Neolithikum in Europa, Asien und Afrika fast zur gleichen Zeit stattfand. Aber eben nur fast. Besonders früh geschah dies in China. Man ist sich heute sicher, dass die Kultur der Erlitou im fruchtbaren Schwemmland zwischen dem Gelben Fluss und dem Jangtse, in der heutigen Provinz Henan, schon um die Wende vom dritten zum zweiten Jahrtausend v. Chr. den Bronzeguss kannte. Noch ohne Dekor waren diese frühen Fundstücke in ihrer technischen Ausführung doch schon so perfekt und kompliziert, dass man den Beginn der Bronzezeit in China getrost irgendwann in die zweite Hälfte des dritten Jahrtausends v. Chr. datieren kann. Ob es diese frühe Entdeckung war oder welche andere Faktoren dabei ein Rolle gespielt haben, man weiß es nicht, doch die Bronzen, insbesonderer diejenigen aus der Shang-Dynastie (c. 1600 bis 1200 v.Chr.) und den Zhou-Dynastien (ca. 1100 bis 256 v.Chr.) sind ohne Zweifel die bedeutendsten Zeugnisse alter Kunst in China. Durch die Formenvielfalt der Objekte, die Art und Ausführung ihrer Verzierungen, die vielfachen Inschriften und durch ihre perfekte Gusstechnik sind diese chinesischen Bronzen ein spektakulärer Beitrag zur Weltkunst, der in keiner anderen Kultur Vergleichbares kennt. Das Shanghai Museum besitzt eine der reichsten Sammlungen antiker chinesischer Bronzen der Welt und so liegt hier auch einer der Schwerpunkte des soeben erschienenen Buches über dieses Museum. Sogar die Form des 1996 vollendeten Museumsbaus (Architekt Xing Tonghe), aus einem rechteckigen Sockel erhebt sich ein kreisrundes, überkragendes Obergeschoss, soll einem archaischen rituellen Speisebehälter aus Bronze, dem ding, nachempfunden sein. Überzeugender ist da schon die Erklärung, dass sich der Architekt von der chinesischen Kosmologie inspirieren ließ, wonach sich über der rechteckig geformten Erde ein runder Himmel wölbt. Auch die gezeigten, insgesamt 50 frühen Bronzen, allesamt von höchster Qualität und eine somit repräsentative Auswahl aus dem 7000 Stück umfassenden Bestand, sind eng verbunden mit den religiösen und spirituellen Vorstellungen und Strukturen ihrer Zeit und waren wohl überwiegend zum Gebrauch in Ritual und religiöser Zeremonie bestimmt. Die Dekore wie Taotie, Drache, Phönix, Wolken und andere mehr sind frühe Beispiele chinesischer Formensprache, die über Jahrtausende gültig bleiben sollte. Dem Kapitel über Bronzen folgen solche über chinesische Skulptur, Keramik, Malerei und Kalligraphie, Siegel, Jade und Lack, Möbel der Ming- und Qing-Dynastie, Geld- und Münzwesen, frühe Textilien, Kleinkunst aus Holz, Elfenbein Bambus und Rhinozeroshorn bis zum Kunsthandwerk der so genannten Minderheiten. Es ist hier nicht der Ort einer genauen Beschreibung einzelner Objekte aber schon die Aufzählung macht deutlich, dass das Buch nicht nur ein Rundgang durch die neun Galerien des Museums ist, sondern zugleich ein nahezu vollständiges Kompendium chinesischer Kunst und chinesischen Kunsthandwerks. Gewiss, das weite Feld chinesischer Textilien wird ebenso wie die Kunst des chinesischen Möbels nur am Rande gestreift und bei den Minderheiten muss für das Kunsthandwerk der Tibeter, Mongolen, Uiguren und einiger südchinesischer Völker jeweils ein typisches Beispiel genügen. Hier muss, wer sich vertieft informieren will, Monographien zu Rate ziehen, die es für jedes einzelne Gebiet natürlich gibt. Dennoch vermitteln die 334 abgebildeten Objekte schon aufgrund ihrer durchweg hohen Qualität einen repräsentativen Querschnitt durch fünf Jahrtausende chinesischer Kultur. Neben den schon erwähnten Bronzen bilden Keramik, vom neolithischen Tongefäß über edle Porzellane aus den Dynastien der Song, Yuan und Ming bis zu den verfeinert luxuriösen Vasen aus der Zeit des Kaisers Chien Lung und vor allem Malerei und Kalligraphie weitere bemerkenswerte Schwerpunkte. Das Shanghai Museum besitzt neben seinen grandiosen Bronzen auch eine der bedeutendsten Sammlungen chinesischer Malerei mit vollendeten Meisterwerken aus allen Epochen. Der Reigen beginnt mit einem auf einem Teppich (!) meditierenden Einsiedler, einem Rollbild des Malers Sun Wei aus dem 9. Jahrhundert, zauberhaft zarten Vogel- und Naturdarstellungen aus den Zeiten der Song-Dynastie und dem Bild kaiserliche Konkubinen beim Golfspiel, gemalt von dem mingzeitllichen Künstler Du Jin. Tier-, Blumen- und Landschaftsbilder, Rollbilder und Alben, der berühmtesten Künstler aus der Ming- ind Qing-Dynastie bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts vollenden den künstlerischen Spaziergang durch die Jahrhunderte. Ein wunderbares Bilderbuch chinesischer Kunst zu einem akzeptablen Preis.(Vertrieb: Scala Publishers Ltd., 10 Northburgh Street, London EC1V OAT)

Print Friendly, PDF & Email