Ming Furniture in the Forbidden City – The Lu Ming Shi Collection

Autor/en: Grace Wu Bruce
Verlag: keine Angabe
Erschienen: Peking Hong Kong London 2006
Seiten: 246
Ausgabe: Klappenbroschur
Preis: keine Angabe
ISBN: 978-962-8089-11-6
Kommentar: Michael Buddeberg, Juni 2006

Besprechung:
Möbel von Josef Hoffmann und Luwig Mies van der Rohe im chinesischen Kaiserpalast, von Henry van de Velde in der Verbotenen Stadt und Gerrit Rietvelds berühmter „rot-blauer Stuhl“ in der Pekinger Halle der Unsterblichkeit? Was könnte besser illustrieren, wie sich China und der Westen näher kommen. Ausstellungen wie „The Three Emperors“ in der Royal Academy in London mit den Schätzen aus dem Pekinger Palast.Museum oder die große Schau der Tonkrieger und anderer archäologischer Sensationen aus dem Reich der Mitte in der Bonner Kunsthalle der BRD zeigen, dass der Kulturaustausch bereits funktioniert. Und das nicht nur in einer Richtung, wie die europäischen Möbel-Ikonen in Peking beweisen. Das Erstaunliche an dieser Ausstellung in der ehrwürdigen Yong Shou Gong Halle, errichtet im Jahre 1420 als ein kaiserlicher Palast ewigen Glücks, ist aber, dass auch die eigentlichen Ausstellungsobjekte, eine bedeutende Sammlung ausgesucht schöner und edler chinesischer Hartholzmöbel aus der Ming-Dynastie, als Leihgabe aus Europa kommen. Für Peking ist das eine Begegnung ganz besonderer Art, denn zu der Lu Ming Shi Collection des belgischen Sammlers Philippe De Backer dürfte in der Volksrepublik China nichts Entsprechendes zu finden sein. Während Kalligraphie und Malerei, Jade und Bronze, ganz besonders aber Porzellan seit jeher und ohne Unterbrechung hoch in der Gunst Chinas standen, waren die außergewöhnlichen Möbel-Kreationen aus dem späten 16. und frühen 17. Jahrhundert lange Zeit vollkommen vergessen. Es war dann auch kein Chinese, der diese verlorene Handwerkskunst wieder entdeckte, sondern der deutsche Philosoph und Kunsthistoriker Gustav Ecke, der in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts zu Fuß und auf Eselsrücken durch China reiste und mit ansehen musste, wie diese schönen Möbel nicht nur nicht geschätzt, sondern zerstört und oft ganz einfach verheizt wurden. 1944 veröffentlichte Ecke in Peking sein „Chinese Domestic Furniture“, das erste Buch zum Thema überhaupt. Es dauerte dann aber nochmals ein Vierteljahrhundert, bis das chinesische Hartholzmöbel aus der Ming- und frühen Qing-Dynastie einen Siegszug ohnegleichen antrat und zu einem herausragenden Beispiel für chinesische Ästhetik und chinesische Handwerkskunst wurde. Die Chinesin Grace Wu Bruce hat diesen Siegeszug von Anfang an begleitet und ein guter Teil der Möbel., die sich heute in Museen und Sammlungen befinden, ist durch ihre Hände und durch ihre Galerien in Hong Kong und in London gegangen. Auch die Lu Ming Shi Collection wäre ohne sie nicht denkbar, ebenso wie die Ausstellung in Peking und der dazu erschienene Katalog. Dieser ist in weiten Teilen eine Neuauflage des schon im Jahre 2000 bei Grace Wu Bruce erschienenen Sammlungskataloges (die Besprechung: „Living mit Ming – The Lu Ming Shi Collection“ ist im Archiv zu finden), erweitert aber vor allem durch einen reich mit Holzschnitten aus der Zeit versehenen Essay der Herausgeberin über den Gebrauch von Möbeln in der Ming-Zeit, einem weiteren Beitrag von Jean Paul Desroches, Konservator am Pariser Musée Guimet, über die Geschichte des chinesischen Möbels und ergänzt mit den bereits erwähnten, ausgesuchten Beispielen von Möbeln der frühen europäischen Avantgarde aus dem Vitra Design Museum. Auch wenn mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass Rietveld, Mies van der Rohe und all die anderen Pioniere des modernen europäischen Möbels chinesische Hartholzmöbel aus der Ming-Zeit gesehen haben, so verführt das Nebeneinander in Ausstellung und Katalog doch zur Feststellung überraschender Gemeinsamkeiten. So, wie das chinesische Hartholzmöbel mit seiner Schlichtheit, seinen klaren Proportion und seiner Materialgerechtigkeit konsequent auf die Architektur der Ming-Zeit mit ihrer Reduktion auf einfachste Grundformen, die Abwesenheit von Dekor und den Sinn für Raum, Rhythmus und Proportion zurückzuführen ist – worauf als erster schon Gustav Ecke hingewiesen hatte –, so waren es auch in Europa Architekten, die neue Möbel nach den Idealen einer neuen Architektur schufen. Der Sammler De Backer findet in seinem Schlusswort über einen Zeitraum von 350 Jahren hinweg eine Anzahl weiterer Gemeinsamkeiten und Gründe, warum die klassischen chinesischen Möbel so zeitlos modern und damit als Vorläufer manches modernen Designer-Möbels erscheinen. Doch lesen Sie es selbst nach und lassen sich von der Gegenüberstellung so gänzlich unterschiedlich-ähnlicher Design-Objekte zum Nachdenken verführen. (Das Buch kann bestellt werden bei Grace Wu Bruce Co. Ltd., 701 Universal Trade Center, 3 Arbuthnot Road, Hong Kong, Fax: +852 2537-0213)

Print Friendly, PDF & Email