Seventeenth Century Jingdezhen Porcelain from the Shanghai Museum and the Butler Collections

Autor/en: Michael Butler, Wang Qingzheng
Verlag: Shanghai Museum – London Editions – Scala Publishers
Erschienen: Shanghai – Hong Kong – London 2006
Seiten: 366
Ausgabe: softcover
Preis: 35.– engl. Pfund
ISBN: 1-85759-417-7
Kommentar: Michael Buddeberg, September 2006

Besprechung:
Für Sammler und Liebhaber alten chinesischen Porzellans haben seit jeher die makellosen Stücke aus den kaiserlichen Brennöfen in Jingdezhen den höchsten Stellenwert. Beginnend mit der mongolischen Yuan-Dynastie war der kaiserliche Hof vor allem während der Ming- und der Qing-Dynastie der mit Abstand wichtigste Abnehmer der Porzellan-Manufakturen in Jingdezhen. Er war ein Abnehmer mit ungeheurem Bedarf, höchsten Qualitätsansprüchen und sehr konservativem Geschmack. So dominieren auf kaiserlichem Porzellan traditionelle Motive wie Drache und Phönix, Lotosblumen, Chrysanthemen und Päonien, um hier nur einige und die wichtigsten zu nennen. Auch die Form der aus Porzellan gefertigten Gefäße, Platten, Teller und sonstigen Gegenstände änderte sich wenig. Aber Verlauf und Abfolge der Dynastien war keineswegs gleichförmig und reibungslos und vor allem der Übergang der Ming- zu Qing-Dynastie war geprägt von Chaos, Untergang und neuem Aufbruch. Das hatte wesentlichen Einfluss auf die Porzellanproduktion. Was das Porzellan betrifft schien unter dem Ming-Kaiser Wanli (1573-1620) die Welt zunächst noch in Ordnung. Man produzierte für den Hof in gewohnter Menge, Dekor und Qualität. Doch Bauernaufstände in den Provinzen, die Revolution der Eunuchen am Hof, Einfälle der Manchu-Barbaren im Norden des Reiches, vor allem aber die zunehmende Extravaganz und Dekadenz des Hofes und sein nachlassendes Interesse für die Probleme des Reiches waren deutliche Zeichen des Niedergangs einer Dynastie. Mit Tianqi (1621-1627) folgte auf Wanli ein unfähiger und schwacher Kaiser, der Krisen und Verfall nicht mehr aufzuhalten vermochte. Die Reformversuche seines Nachfolgers Chongzhen (1628-1644) kamen zu spät. Die Manchu hatten ihre Ansprüche auf den Kaiserthron bereits angemeldet, und als sich Chongzheng in der Nacht des 25. April 1644 auf dem nördlich des Kaiserpalastes gelegenen Kohlen-Hügel erhängte, um der Schmach der Gefangennahme durch die Rebellenarmee zu entgehen, war dies das Ende der Ming-Dynastie. Kein Wunder, dass bei diesen Wirren der Bedarf an kaiserlichem Porzellan seit Anfang des 17. Jahrhunderts dramatisch zurückgegangen war. Exzellente Töpfer und Maler waren daher darauf angewiesen, neue Märkte und Auftraggeber zu finden, und sie haben sie gefunden. In China war in der wirtschaftlichen Blüte der Ming-Dynastie ein selbstbewusstes, gebildetes Bürgertum entstanden, das bereit und in der Lage war, sich einen gewissen Luxus zu gönnen, vor allem den spezifisch chinesischen Luxus des Sammelns, und dann gab es die rasant steigende Nachfrage aus dem fernen Europa, repräsentiert vor allem durch holländische Kaufleute und Seefahrer. Nachfrage und Geschmack dieser ganz neuen Schichten von Auftraggebern ebenso wie das handwerkliche und künstlerische Niveau der Töpfer und Maler hatten während fast des ganzen 17. Jahrhunderts eine fortwährende und erstaunliche Innovation von Formen und Malstilen zur Folge, wie es sie nie zuvor und auch danach nicht wieder gegeben hat. Die Fachwelt bezeichnet die Stücke aus jener Zeit etwas diffus „transitional“ und hat sich nur wenig mit dem Phänomen dieses vom kaiserlichen so ganz und gar verschiedenen Porzellans befasst. Erst seit einer Ausstellung der Hong Kong Ceramic Society im Jahre 1981 gab es erste Versuche der wissenschaftlichen Bearbeitung und das nun vorliegende Katalogbuch einer Ausstellung in Shanghai und London ist eine aktuelle Zusammenstellung vom Stand der Forschung. Michael Butler sammelt seit einem halben Jahrhundert chinesisches Porzellan dieser transitionalen Zeit und ist wohl der Experte schlechthin. Die Butler Family Collections und der Bestand des Shanghai Museums ergänzen sich bestens und so stammen die insgesamt 132 gezeigten Objekte je zur Hälfte aus diesen beiden Sammlungen. Die transitionale Zeit reicht von 1620 bis 1680 und schon während der Regierung von Kaiser Tianqi begannen nichtkaiserliche Brennöfen Porzellan von guter Qualität in großer Vielfalt für den heimischen Markt und für den Export zu fertigen. Die Blüte dieser innovativen Zeit wird in der zweiten Hälfte der Regierungszeit von Chongzhen erreicht, für Michael Butler die Zeit des „High Transitional“, mit einer außerordentlichen Vielfalt schöner neuer Formen und Malstile. Neu sind vor allem erzählende Szenen, oft auch politischen Inhalts, die Wiedergabe von Holzschnitten und Blockdrucken, die damals besonders populär waren, und mit denen Mythen, Legenden und romantische Geschichten erzählt wurden. Mit Shunzhi, dem ersten Qing-Kaiser änderte sich zunächst nichts an den Ursachen der Innovation. Shunzhi war ein Knabe von sechs Jahren als er zum ersten Kaiser der Qing-Dynastie erkoren wurde und man kann annehmen, dass er während seiner Regierungszeit von nur 17 Jahren wenig Einfluss auf die Porzellan-Herstellung nahm. So setzte sich die erstaunliche Explosion kreativer Innovation, die Suche der besten Töpfer und Maler aus Jingdezhen nach neuen Märkten und Auftraggebern, die Produktion „transitionalen“ Porzellans fort. Es war eine der ganz großen Epochen für Jingdezhen und es entstanden in jener Zeit die schönsten Landschaften, die je auf Porzellan gemalt wurden. Die Wiedergabe der poetischen Landschaften der Literati-Maler der späten Ming-Zeit auf Porzellan mit allen den kleinen Tricks, Unbeholfenheiten und dem Charme einer Übertragung vom Papier auf die dreidimensionale Form wurde geradezu zum Kennzeichen transitionalen Porzellans. Die rasche Entwicklung von Formen und Malstilen in dieser innovativen, kreativen Zeit ermöglicht eine Datierung mit einer Genauigkeit von etwa einer Dekade. Die Autoren Michael Butler und Professor Wang Qingzheng, der die Drucklegung dieses Buches nicht mehr erlebte, zeigen die Entwicklung des chinesischen Porzellans im 17. Jahrhundert unter den verschiedenen Dynastien mit großartigen Beispielen und versuchen eine Zusammenstellung von Stilmerkmalen und Besonderheiten, die auch dem interessierten Laien eine Zuordnung von Porzellan aus dieser Zeit ermöglicht. Ein Buch, das ein bemerkenswertes Kapitel der Geschichte des chinesischen Porzellans erschließt.

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