Ostasiatika

Autor/en: Eva Ströber
Verlag: Herzog Anton Ulrich Museum
Erschienen: Braunschweig 2002
Seiten: 388
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: EURO 97,–
ISBN: 3-922279-54-6
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Band 10 der Sammlungskataloge des Herzog Anton Ulrich Museums in Braunschweig ist den Ostasiatika gewidmet. Es handelt sich um eine kaum bekannte aber erstaunlich große und vielseitige Sammlung von europäischem Rang. Aus ihrem reichen Bestand von weit über 1000 Objekten wurden zwar bereits 1990 mehr als 250 ostasiatische Lackarbeiten in einem eigenen Katalog publiziert, der Rest blieb aber bis jetzt unbekannt. Dieser Rest, immerhin mehr als 800 Objekte, sind chinesische Tapetenbilder mit vornehmen Damen, japanische Farbholzschnitte, rotes Steinzeug aus Yixing, chinesisches Porzellan, Kunsthandwerk aus Thailand, Schnitzereien aus Speckstein und Wurzelholz, Elfenbeinarbeiten, Textilien und herausragende Einzelstücke wie ein Tafelautomat in Form einer chinesischen Dschunke aus Silber, Gold, Bernstein und Seide oder das raffiniert gestaltete dreidimensionale chinesische Theater. Dieser dreiteilige Stellschirm, in einem alten Inventar als „Theater“ bezeichnet, war wohl als ein Ehrengeschenk für ein hochrangiges chinesisches Ehepaar gedacht, und die dreidimensionalen Darstellungen von Musik und Tanz sowie der vier eleganten Künste der gebildeten Beamtenliteraten, nämlich Musik, Brettspiel, Kalligraphie und Malerei sind als Glückwünsche für ein Leben in kultiviertem Reichtum in dem Bildprogramm ideal verkörpert. Für ein Leben in kultiviertem Reichtum wurde auch der 1633 als Sohn der Herzog August d.J. und seiner Frau Dorothea von Anhalt-Zerbst geborene Anton Ulrich erzogen. Vor allem wurde er früh mit der Idee des Sammeln vertraut gemacht, war doch sein Vater ein Sammler von Büchern – die berühmte Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel trägt seinen Namen -, Kabinettmöbeln und Uhren. Die Sammeltätigkeit von Anton Ulrich fiel in die Zeit der Chinamode, als das Sammeln von wertvollen exotischen Gegenständen, von Porzellan, Lackarbeiten und Specksteinschnitzereien ein weitverbreitetes Phänomen und ein Teil barocker Herrschaftspräsentation war. Es gibt aber Indizien – der Umfang der Sammlung ist eines dieser Indizien -, daß Herzog Anton Ulrichs Interesse an China weit über das sonst übliche Maß hinausging. So ist etwa überliefert, daß Anton Ulrich im Park seines nach dem Vorbild von Versailles erbauten Lustschlosses von Salzdahlum bereits um 1710 eine Pagode nach chinesischem Vorbild errichten ließ – mehrstöckig, mit geschwungenen Dächern und kleinen Glöckchen an deren Enden. Seine Sammlung der Ostasiatika, die auch heute noch Kernstück der Sammlung des Museums ist, war in eigenen Kabinetten von Schloß Salzdahlum ausgestellt. Das Schloß verfiel am Anfang des 19. Jahrhunderts und wurde abgerissen, die Sammlung geriet weitgehend in Vergessenheit, und das ostasiatische Porzellan wurde im Jahre 1811 meistbietend versteigert. Mit dem Bestandskatalog endet ein nahezu zweihundertjähriger Dornröschenschlaf einer Sammlung, die vor allem durch ihre frühe Entstehungszeit bedeutsam ist. Schwerpunkte der Sammlung sind chinesisches rotes Steinzeug aus Yixing aus dem 17. und frühen 18. Jahrhundert, Teekannen, Vasen und Deckelgefäße und dann vor allem figürliche Schnitzereien aus Speckstein, knapp 400 an der Zahl. Buddhistische und daoistische Figuren, Mönche und Unsterbliche, Knabenfiguren, Tiere und Siegel, Gefäße und Vasen, Snuff Bottles und Tischstellschirme bilden reichstes Anschauungsmaterial typisch chinesischer Kleinplastik. Entstehung und Geschichte der Sammlung und ihre frühe Inventarisierung sind glänzend dokumentiert. (- mb -)

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