China und die Hoffnung auf Glück – Sammlung Peter und Irene Ludwig

Autor/en: Adele Schlombs
Verlag: Kehrer Verlag und Museum für ostasiatische Kunst
Erschienen: Heidelberg und Köln 2000
Seiten: 176
Ausgabe: illustrierte Broschur
Preis: DM 49.80 (an der Museumskasse)
ISBN: 3-933257-49-2
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Hört man von der „Sammlung Ludwig“ denkt man unwillkürlich an amerikanische Pop-Art oder an die russische Avantgarde. Weniger bekannt ist, daß das prominente Aachener Sammlerehepaar auch eine Kollektion chinesischer Kunst zusammengetragen hat, die in Qualität und Auswahl höchstem internationalen Standard entspricht -eine Seltenheit in deutschen privaten Sammlungen ostasiatischer Kunst. 48 erlesene chinesische Kunstwerke werden durch Ausstellung (Museum für ostasiatische Kunst in Köln – bis zum 18. Februar 2001) und Katalog vorgestellt. Sie dokumentieren über einen Zeitraum von rund viertausend Jahren irdische Hoffnung auf Glück und Harmonie sowie religiöse Paradies- und Jenseitsvorstellungen zur Zeit der alten Dynastien Chinas. Die Hoffnung auf Glück ist einer der grundlegenden Aspekte chinesischer Zivilisation. Sie artikuliert sich in der Philosophie, in der Kunst und in allen Bereichen der praktischen Daseinsbewältigung. Die Vorstellungen von Glück und Harmonie, von Paradiesen, Utopien und Idealzuständen ebenso wie die Mittel zu deren Erlangung haben die chinesische Kunst und Kultur wie kein anderes Thema beschäftigt. Die Hoffnung auf Glück läßt sich in der Sammlung Ludwig wie ein roter Faden durch die Epochen und Gattungen verfolgen. Es beginnt mit bronzenen Ritualgefäßen und Glocken vom späten Neolithikum bis zur Shang- und Zhou-Dynastie, mit denen die Lebenden versuchten, sich den Beistand der Ahnengeister zu sichern. Grabbeigaben aus der Han- bis zur späten Tang-Dynastie, Pferde, Kamele, Gefolge aus Ton und Bronze sind Ausstattung und zugleich eine Versicherung für das Wohlwollen der in der Erde verbleibenden Seele des Verstorbenen. Beispiele buddhistischer Kunst aus dem 8. bis 13. Jahrhundert stehen im Zusammenhang mit der Hoffnung auf ein Westliches Paradies und mit dem Glauben an eine Wiedergeburt im Reinen Land des Buddha Amithaba. Luxusgegenstände aus Porzellan, Silber, Stein und Holz aus den Dynastien der Ming und Qing vermitteln schließlich Einblike in die Freuden des Diesseits und dokumentieren mit ihrer Symbolik die taoistischen und konfuzianischen Vorstellungen von Unsterblichkeit und Selbstkultivierung. Zentrales Anliegen der Sammlung in diesem Zusammenhang ist die Vermittlung der ästhetischen Ideale der chinesischen Gelehrtenelite. Ein Ming-zeitlicher Maltisch, ein transitionaler Pinselbecher und ein meisterliches Rollbild von Qian Du sind herausragende Beispiele dieser Literatenkunst. So zeigt diese Sammlung trotz der beschränkten Anzahl ihrer Exponate in ihrer Geschlossenheit einen einzigartigen Querschnitt durch die Inhalte und Ausdrucksformen chinesischer Kunst. Ein Beispiel sei besonders hervorgehoben: Das neunteilige Glockenspiel aus acht Bronzeglocken vom Typ der „yongzhong“ und einer bo-Glocke aus dem achten vorchristlichen Jahrhundert kann als kleine Sensation gewertet werden. Es ist der früheste komplett erhaltene Glockensatz außerhalb Chinas und er ist materiell, technologisch und ästhetisch ohne Beispiel. Die bizarre Form der bo-Glocke ist ohne Parallele und ihr Dekor aus einem komplexen Zusammenspiel von Skulptur-, Relief- und Linienornament ist ein Höhepunkt früher chinesischer Kunst. Drachen und gegenständige Vögel prägen das Ornament dieser Gloke, Vermittler wohl für Kontakte zum Jenseits, die das Glokenritual bewirken soll. Ausstellung und Katalog, das Vorwort der Herausgeberin vor allem – Adele Schlombs ist Direktorin des Museums für ostasiatische Kunt in Köln -, sind auch eine Hommage an den großen Sinologen Wolfgang Bauer (1930 – 1997), der in seinem bahnbrechenden Buch „China und die Hoffnung auf Glück“ die chinesischen Glücks- und Paradiesvorstellungen in den Mittelpunkt der Geschichte der chinesischen Philosophie und Literatur gestellt hat. Und sie sind eine Hommage an das Sammlerehepaar Peter und Irene Ludwig, deren kompromißloser Qualitätsanspruch eine Sammlung auf internationalem Niveau entstehen ließ und deren Sendungsbewußsein und deren Verpflichtung gegenüber der Öffentlichkeit die Zugänglichkeit und Breitenwirkung der Sammlung gewährleisten. Glücklich das Museum, dem solche Mäzene zur Seite stehen. (- mb -)

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