The Buddhist Murals of Pagan – Timeless Vistas of the Cosmos

Autor/en: Claudine Bautze-Picron
Verlag: Orchid Press
Erschienen: Bangkok 2003
Seiten: 242
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: US-$ 60.–
ISBN: 974-524-025-7
Kommentar: Michael Buddeberg, Mai 2005

Besprechung:
Der Buddhismus war zunächst eine Religion ohne jede Bilder. Zentrale Gestalten und Wesenheiten seiner Glaubenswelt wurden nur durch Symbole dargestellt, der Buddha durch seinen Fußabdruck, seine Lehre durch das Rad und seine Geburt durch die Lotosblüte. Erst Jahrhunderte nach Buddhas Tod, gegen Ende des ersten und zu Beginn des zweiten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung begannen Buddhas Anhänger aufgrund eines tiefgreifenden Wandels in Lehre und Frömmigkeit die Person des Buddha, sein Leben und seine Glaubensinhalte auch bildlich darzustellen. Zumindest aus kunsthistorischer Sicht war dies eine wesentliche Bereicherung dieser Religion, hat sie uns doch die herrlichen, frühen Buddhabildnisse aus Gandhara oder die lebendigen Wandmalereien von Ajanta beschert. Ausgehend von diesen frühesten Zeugnissen buddhistischer Kunst auf dem Subkontinent darf man annehmen, dass die Architektur in den buddhistischen Zentren Nordindiens reich mit Statuen und prächtigen Wandmalereien versehen waren. Nichts davon blieb erhalten. Die gewaltsame Ausbreitung des Islam im nördlichen Indien hat mit der friedlichen Lehre Buddhas auch seine Klöster und Tempel samt Bildwerken und Malerei nahezu spurenlos zerstört. Im Nordosten Indiens, in Bihar und in Bengalen konnte sich der Buddhismus am längsten halten, bevor ihm auch dort 1193 die mohammedanische Invasion den Todesstoß versetzte. Doch schon Jahrhunderte zuvor hatte Buddhas Botschaft das ferne Zentralasien, China, Tibet, Ceylon und die indonesische Inselwelt erreicht. Die weite und lange Reise und die unterschiedlichen religiösen Strukturen, auf die der neue Glaube stieß, veränderten indessen Inhalt und Form der Lehre Buddhas, so dass die teilweise reich erhaltenen bildlichen Zeugnisse jener fernen Regionen nur wenig über die ursprüngliche Bildwelt in der Heimat Buddhas zu sagen vermögen. Die vielleicht beste Vorstellung über die zerstörten Bilder Buddhas in Nordindien vermitteln die nur wenig bekannten Wandmalereien in den Tempeln von Pagan. Dort im Zentrum des alten Burma, in der weiten Talebene des Irrawady, war vom 11. bis zum 14. Jahrhundert ein bedeutendes Zentrum des Buddhismus entstanden. Dieses einzigartige Ensemble von vielen Dutzend Tempeln in und bei Pagan birgt einen erstaunlich reichen Schatz früher Wandmalerei, der durch das Buch von Claudine Bautze-Picron mit 250 Farbaufnahmen ihres Mannes Joachim Bautze nun erstmalig und vollständig erschlossen ist. Trotz der für diese fragile Kunst problematischen klimatischen Verhältnisse in Burma haben sich in der Dunkelheit hoher Gewölbe Wand- und Deckenmalereien in oft überraschender Frische und Farbigkeit erhalten. Die Ikonographie dieser Wandmalerei von Pagan wird ganz von der frühen und am wenigsten verfälschten Form des Buddhismus, dem Theravada geprägt. Hauptthemen der Malerei in fast allen Bauten Pagans sind daher das historische Leben Buddhas und die Darstellung seiner früheren Existenzen. So werden wir von der Autorin, bevor sie im zentralen Teil des Buches mit einem Rundgang durch alle Tempel beginnt, mit dem Lebens Buddhas von seiner Geburt über die Stationen seiner Erleuchtung bis zu Tod und Einäscherung vertraut gemacht, insbesondere über so zentrale Begebenheiten wie die Predigten im Hain von Sarnath und über die Wunder von Savatthi. Es folgen die „Jatakas“, die früheren Leben Buddhas, eine Sammlung von Geschichten mit moralischem Anspruch, die die allmähliche Verwandlung eines Seins auf dem Weg zur Buddhaschaft illustrieren, bevor mit Dipankara, dem Buddha der Vergangenheit und Metteyya, dem Buddha der Zukunft, die Zeitlosigkeit seiner Lehre verherrlicht wird. Das ergänzende ikonographische Programm, Mönche und Bodhisattvas, Asketen und Brahmanen, die Rolle von Sonne und Mond, werden ebenso erläutert wie die ornamentale Dekoration, mit der Säulen, Bögen und Gewölbe flächenfüllend bis in die entlegensten architektonischen Zwickel und Winkel überzogen sind. Deutlich unterschieden werden von der Autorin zwei Phasen dieser Malerei. In einer ersten Periode vom späten 11. bis zum 12. Jahrhundert waren die Darstellungen wohl noch eng dem indischen Vorbild verhaftet, während sich in der Folge, der eigentlichen Blütezeit Pagans, ein eigener Stil herausgebildet hat, in dem sich stilistische Elemente aus Indien, Kambodscha und China zu einer genuin lokalen Tradition formten. Die buddhistischen Wandmalereien von Pagan sind wertvoll und einzigartig, weil sie aus einer Tradition entstanden sind, die in Indien vollständig untergegangen ist. Sie sind Zeugnis des spirituellen und künstlerischen Einflusses von Buddhas Lehre auf die Nachbarländer Indiens und Relikte einer nur wenig bekannten Phase buddhistischer Kunst. Die vorliegende, sorgfältige und umfassende Dokumentation dieser Kunst ist daher eine ungemein wertvolle Bereicherung der Literatur zur Bilderwelt des Buddhismus.

Print Friendly, PDF & Email