Chinese Furniture

Autor/en: articles from Orientations 1984-1994
Verlag: Orientations Magazine Ltd
Erschienen: Hong Kong 1996
Seiten: 218
Ausgabe: Broschiert
Preis: US-$ 60+ 17.50 für Air-Mail-Versand
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 1999

Besprechung:
Das Thema, dem sich die meisten der knapp drei Dutzend Beiträge widmem ist das klassische chinesische Möbel, Nach heutigem Sprachgebrauch sind das naturbelassene Hartholzmöbel aus der Späten Ming- (1360 bis 1644) und der frühen Qing-Dynastie (bis etwa 1722), die in der Tat in ihren ästhetischen und funktionalen Eigenschaften glänzend in unsere Zeit passen und den Bauhaus-Idealen nahe kommen. Das war nicht immer so und wurde in China und im Westen zu verschiedenen Zeiten ganz anders gesehen. Aus chinesischen Inventaren aus der Ming-Zeit weiß man, daß diese einfachen Hartholz-Möbel in Wert und Wertschätzung hinter den bemalten und verzierten Möbeln weit zurückstanden. Auch im Westen ist die Fixierung auf diese Möbel aus Huanghuali, Zitan oder anderen edlen Hölzern der vorläufige Endpunkt einer langen Entwicklung, wie sie beispielsweise in einem Beitrag zur Sammlung des Victoria & Albert Museums dargestellt wird. Das erste „chinesische Möbel“ etwa, das 1867 von einer Weltausstellung in das Kensington-Museum, Vorläufer des V & A, gelangte, war gar nicht aus China. Es war ein niedriger Kang-Tisch aus Nußbaum mit Perlmutt intarsiert und kam wohl aus Nord-Vietnam, wo solche Möbel noch heute hergestellt werden. Geschnitzten, intarsierten und bemalten Möbeln galt lange Zeit vorrangig das Interesse im Westen. Der „Thron des Kaisers Ch’ien Lung“ (1736 bis 1795) aus dem südlich von Peking liegenden kaiserlichen Jagdschloß von Nan Haidze, ein Meisterwerk in kunstvollster Lacktechnik, ist ein berühmtes Beispiel dafür. Es steht ebenfalls im V & A und Craig Clunas untersucht seine Herkunft. Es war dann der deutsche Kunsthistoriker und Sammler Gustav Ecke (1896 -1971), es waren amerikanische Sammler wie Sickman und Ellsworth und schließlich auch chinesische Wissenschaftler (Wang Shixiang), die die Klassik dieser schlichten Möbel aus der Ming-Zeit erkannten. Ihre ästhetischen Werte, nämlich Einfachheit und Würde, Ausgewogenheit und Klarheit, sind Qualitäten, die für jede Gattung und jede Kultur den Begriff „Klassik“ assoziieren. Und, last not least, diese Möbel atmen den tiefen Respekt, den die Handwerker vor dem Material selbst hatten. Huanghuali, ein honig- bis dunkelbraunfarbiges tropisches Hartholz, das in polierter Form einen unvergleichlichen orange-goldenen Schimmer besitzt oder das berühmte Zitan-Holz, dunkel, schwer, mit jadeartigem Griff, beide oft mit abstrakter, lebhafter Maserung und beide heute so gut wie ausgestorben, machen ein gut Teil der Faszination klassischer chinesischer Möbel aus. Um diese Themen ranken sich denn auch die Beiträge der namhaftesten Autoren, von denen Sarah Handler, Craig Clunas und Wang Shixiang als Beispiele für viele weitere genannt sein mögen. Chinesische Möbel in der Literatur, Malerei und Holzschnitt, die besten Beispiele aus Museen und Privatsammlungen, darunter aus dem leider nicht mehr existierenden „Museum of Classical Chinese Furniture“ in Renaissance/Kalifornien, Fälschungen und wie man sie erkennt, Probleme der Restaurierung und Bewertung, kaum ein Thema bleibt unbehandelt. Selbst das Innenleben dieser Möbel wird untersucht und das ist gut so. Der ästhetische Wert und die Qualität dieser Möbel ergeben sich nämlich auch aus ihrer „inneren Dynamik“, aus dem komplizierten System der Verbindung der Einzelteile. Über Jahrhunderte, seit der Song-Dynastie entwickelten anonyme chinesische Handwerker ein geistreiches, technisch ausgeklügeltes System von Holzverbindungen, die diese oft grazilen Möbel überhaupt erst ermöglichen und die der Kenner ebenso schätzt wie die elegante Form. „Chinese Furniture“ ist ein einzigartiges Kompendium chinesischer Möbelkunst, eine Fundgrube von Wissen und Abbildungsmaterial und eine Zusammenfassung des gegenwärtigen Standes von Forschung und Wissenschaft.

Print Friendly, PDF & Email