Possessing the Past – Treasures from the National Palace Museum, Taipei

Autor/en: Weng C. Fong, James C.Y. Watt
Verlag: The Metropolitan Museum of Art
Erschienen: New York 1996
Seiten: 664
Ausgabe: Leinen
Preis: 85.– US-Dollar
Kommentar: Michael Buddeberg, Oktober 1996

Besprechung:
Es ist bedauerlich, daß die Ausstellung Splendors of Imperial China nur in den USA zu sehen ist und daß sich ihr Besuch nur schwer mit dem der ICOC wird vereinbaren lassen (14.10. bis 08.12. im Asian Art Museum/San Francisco und 26.01. bis 06.04.97 in der National Gallery of Art/Washington). Es besteht aber immerhin Gelegenheit, im Metropolitan Museum in New York das Buch zur Ausstellung zu erwerben. Nicht den schmalen Begleitband sondern den begleitenden wissenschaftlichen Katalog, der, aus der Feder führender chinesischer und westlicher Autoren eine exzeptionelle Geschichte der chinesischen Kunst von ihren Anfängen in der Bronzezeit bis zur Ch’ing-Dynastie darstellt. Und nichts scheint zur Illustration einer chinesischen Kunstgeschichte besser geeignet als die kaiserlichen Sammlungen. Unter den großen Kunstsammlungen der Welt ist die Sammlung der Kaiser von China, heute zu einem großen Teil im National Palace Museum in Taipeh, einzigartig, allein schon weil sie auf eine durchgehende Tradition von mehr als 1000 Jahren zurückblicken kann. Schon aus den frühen Dynastien der Han, der Sui und der Tang ist bekannt, daß die Kaiser den Künsten zugetan waren und Kunstsammlungen anlegten. Wesentliche Teile dieser Kunstsammlungen aber wurden in die Gräber mitgegeben, fielen Grabräubern zum Opfer, wurden erst von Archäologen wiederentdeckt oder liegen noch in der Erde. Den Grundstock der kaiserlichen Sammlungen legten die Kaiser der Sung-Zeit (960 – 1127), dies eine Zeit, in der neben der Malerei auch das Porzellan oder die Seidenwirkerei (K’o-ssu) eine frühe Blüte erreichten. Erste Kataloge kaiserlicher Kunstsammlungen wurden damals schon erstellt. Erheblichen Zuwachs erfuhren die Sammlungen in der Ming-Zeit (1368 – 1644). Aus Aufzeichnungen weiß man, daß in dieser Zeit etwa 2 Millionen Stück Porzellan für den Hof gefertigt worden sind. Auch wenn die Masse für den täglichen Bedarf hergestellt war, fanden von diesen Millionen doch zigtausende in die kaiserlichen Sammlungen. Berühmtester Sammler der chinesischen Kaiser war dann Ch’ien-lung, geboren 1711, Kaiser von 1736 bis 1795, selbst begabter Maler und Kalligraph, der die kaiserlichen Sammlungen in unvorstellbarem Ausmaß mehrte, etwa auch um die Werke des italienischen Jesuiten und Malers Giuseppe Castiglione (1688 – 1766), der am Hofe des Kaisers unter dem chinesischen Namen Lang Shi-ning arbeitete und eine Synthese klassischer chinesischer und europäischer Malstile erreichte. Die jüngste Geschichte der kaiserlichen Kunstsammlung ist zugleich eine Geschichte Chinas im zwanzigsten Jahrhundert. Nach Gründung der Republik im Jahre 1912 dauerte es 13 Jahre bis 1925 das Palast-Museum in der Verbotenen Stadt eröffnete und damit eine Kunstsammlung der Öffentlichkeit zugänglich wurde, die über ein Jahrtausend ausschließlich dem persönlichen Vergnügen des Kaisers gedient hatte. Kurz darauf, 1931, mit dem chinesisch-japanischen Krieg begann dann eine abenteuerliche Odysse der kaiserlichen Sammlungen. In 20.000 hölzernen Kisten sorgfältig verpackt lagerten sie Jahre in Schanghai, wurden vorübergehend ausgestellt in Nangking, wieder ausgelagert in verschiedene Städte Sezchuans und entkamen japanischen Bombenangriffen oft nur mit knapper Not. Neue Gefahr drohte dann ab 1947 von den Angriffen der kommunistischen Partei und so gelangte schließlich ein wesentlicher Teil der Sammlungen nach Taiwan, wo sie nach weiteren Irrfahrten 1965 im National Palace Museum in Taipeh eine neue Heimat fanden. Es ist zu wünschen, daß sich die kaiserlichen Kunstschätze nach ihrer Tournee durch die USA auch bald auf den Weg nach Europa machen. Vorerst müssen wir uns mit dem großartigen Katalog begnügen.

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