Angkor

Autor/en: Claude Jacques, Suzanne Held
Verlag: Hirmer Verlag
Erschienen: München 2. unveränderte Auflage 2006 (nach 1997)
Seiten: 256
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: € 49.90
ISBN: 3-7774-3075-7
Kommentar: Michael Buddeberg, Mai 2006

Besprechung:
Bücher dieses Genres erleben nur selten Neuauflagen. Zu schnell wandeln sich die Attraktivität von Reisezielen und damit das Angebot von Reiseveranstaltern, auch solchen, die Kulturreisen auf ihre Fahne geschrieben haben. Auch die Ansprüche an Fotografie und Text unterliegen Modeströmungen und dies nicht immer zugunsten der Qualität dieser Medien. Eine Neuauflage eines vor fast 10 Jahren bereits wunderschönen, im Text informativen und in seinen Fotos herausragenden Buches verdient daher Beachtung. Die 1997 veröffentlichte Besprechung der ersten Auflage gilt unverändert. Der Rezensent schrieb damals:

Angkor, die geheimnisvolle Hauptstadt des Khmer-Reiches im Kombodscha des 9. bis zum 15. Jahrhundert, ein riesiges Areal gestalteter Landschaft, befestigter Städte, Tempel, Kanäle und Wasserbauten, ist seit der Mitte des 15. Jahrhunderts verlassen und vom Urwald überwuchert. Allerdings wurde es nie ganz vergessen, blieb aber in Europa unbeachtet bis dann die Veröffentlichung der Reisenotizen des französischen Botanikers Henri Mouhat (1826-1861), zwei Jahre nach seinem Tod, für die Wiederentdeckung sorgte – eine Sensation, stand doch Kambodscha damals schon unter französischem Protektorat. Es folgte über ein Jahrhundert der Ausgrabung, Restauration und Forschung, aber auch eine Jahrhundert weiterer Zerstörung, vor allem durch die Entfernung zahlloser Kunstwerke von ihrem angestammten Platz – zuletzt noch in den Kriegen der 70er und 80er Jahre dieses Jahrhunderts – ein Schicksal, das Angkor mit vielen anderen Kulturstätten teilt. Die Geschichte der Khmer und ihrer Bauten, die Struktur der Khmer-Gesellschaft und das Leben und Wirken ihrer Könige bergen auch heute noch viele Geheimnisse. Was davon bekannt ist, ist in dem komprimierten Text dieses ursprünglich in Frankreich erschienenen Bandes zusammengefasst. Der wahre Wert des Buches aber besteht in dem umfangreichen und vorzüglichen Bildmaterial der Fotografin Suzanne Held, ergänzt durch exakte Pläne und Zeichnungen, die ein getreues Bild dieser Tempelstadt im Urwald vermitteln, die zu den großen Monumenten der Menschheit gehört. Es sind atemberaubende Wunderwerke der Baukunst und Plastik, Zeugnisse einer zunächst hinduistisch-kosmologischen, später buddhistischen Religiosität, komponiert in eine Landschaft aus Dschungel und künstlichen Wasserbauten. Über meist mandalaförmigen Grundrissen erheben sich streng axial ausgerichtete Tempelanlagen mit zahllosen Terrassen und Türmen, Sinnbild des Berges Meru, Abbild des mythischen Weltgebäudes, ein Mikrokosmos, der dem Makrokosmos entspricht. Ihre kraftvolle Monumentalität wird gelockert durch reichhaltigen Figurenschmuck. Anmutige weibliche Gottheiten, die Apsaras, schmücken zu Tausenden die Außenmauern der Heiligtümer von Angkor Vat. Hinzu kommen Flachreliefs mit phantastischen Kompositionen, Kampfszenen, Prozessionen von Göttern und eine Bilderbibel, die den Gläubigen die großen Ereignisse ihrer Religion und Geschichte vermitteln sollte. Ein großartiger Höhepunkt ist der Bayon, ein Tempel, dem ein Wald aus Gesichtertürmen seinen einzigartigen Charakter verleiht. Überdimensionale, selig lächelnde Gesichter in zeitloser Ruhe und Überlegenheit, mit geschlossenen Augen meditierende Buddhas. Die großartigen Aufnahmen wechseln zwischen liebevoll gesehenen Details und plastischen Wiedergaben der Architektur, beziehen immer die allgegenwärtige Natur mit ein und vermitteln gleichermaßen den Eindruck einstiger Macht und Pracht und ihres dekorativer Verfalls.

Zum Thema Verfall eine aktuelle Anmerkung: Seit 1997 bemüht sich das bei der Fachhochschule Köln angesiedelte German Apsara Conservation Project im Rahmen eines UNESCO-Programms zur Erhaltung von Angkor erfolgreich um die Restaurierung und Konservierung der Kunstwerke von Angkor. Schade, dass man mit der Neuauflage keine Information und keinen Unterstützungsaufruf für dieses fördernswerte Projekt verbunden hat.

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