Temples of Gold – Seven Centuries of Thai Buddhist Paintings

Autor/en: Santi Leksukhum
Verlag: Thames & Hudson
Erschienen: London 2001
Seiten: 264
Ausgabe: Ln. mit Schutzumschlag
Preis: 40.– engl.Pfund
ISBN: 0-500-97596-5
Kommentar: Michael Buddeberg, Mai 2001

Besprechung:
Die Malerei Thailands ist nur wenig bekannt. Architektur, Schmuck, Theater, vor allem aber die Skulptur sind präsent, erforscht und vielfach dokumentiert. Nicht so die buddhistische Wandmalerei in Tempeln und Klöstern, und das hat mehrere Gründe: So bieten die al-secco-Technik und die verwendeten Temperafarben dem feuchtheißen Tropenklima nur wenig Widerstand und vieles ist zerstört, beschädigt oder nicht mehr vorhanden. Das Aufsuchen der wenigen Plätze, wo sich Malerei erhalten hat, ist beschwerlich und zeitaufwendig und stößt bei den Thai kaum auf Verständnis. Die meisten Thai sehen in den Wandmalereien in erster Linie einen Gegenstand religiöser Betrachtung und ihre Beurteilung vom ästhetisch künstlerischen Standpunkt ist ihnen fremd. Da auch die Themen dieser Malerei ganz aus dem Bereich des Buddhismus entnommen sind, glaubten die Thai in ihrer bescheidenen Höflichkeit, daß der Abendländer kein Interesse habe und machen ihn gar nicht auf die kostbaren Wandmalereien aufmerksam. Dabei ist die Tendenz der Thaimalerei demjenigen, der sich ein wenig mit der Kunst des europäischen Mittelalters beschäftigt hat, gar nicht unverständlich. Denn wie in unseren mittelalterlichen Kirchen – heute vornehmlich in Beispielen der Glasmalerei erhalten – hat die Thaimalerei lehrhaften Charakter, sie will den Gläubigen unterweisen, will den Andächtigen anregen, indem sie Szenen aus Leben und Lehre Buddhas darstellt. Und noch etwas anderes verbindet die Thaimalerei mit der des Mittelalters: Beide Male waren es unbekannte Künstler, Mönche zumeist, die mit ihren Bildern heilige Texte erläutern wollten. Machmal zeugen die Malereien mehr von großer Frömmigkeit denn von künstlerischer Begabung doch nicht selten war der anonyme Maler ein echtes Talent, und dann sind seine Werke von großer Schönheit. Die besten und schönsten Beispiele können nun in dem prächtigen Band des an der Universität Bangkok Kunstgeschichte lehrenden Santi Leksukhum bewundert und studiert werden. Die prächtigen Wandmalereien in den buddhistischen Tempeln Thailands sind ästhetischer Genuß und geistige Anregung zugleich. Ihre zarte Farbigkeit, die feine Linienführung und ihre lebendige Schilderung mythologischer und weltlicher Szenen, angeregt von den alten Texten des Theravada-Buddhismus, im Buch oft in großartigen Detailwiedergaben, sind Zeugnis von Anmut, von Lebensfreude und von Humor. Der begleitende Text ist eine profunde Einführung in die komplexe Geschichte dieser Malerei, deren Anfänge wohl im 8. und 9. Jahrhundert, in der Dvaravati-Periode, zu suchen sind. Aus dieser Frühzeit ist jedoch verständlicherweise nichts erhalten geblieben. Erst aus der Sukhothai-Periode, (1350 bis 1450) haben geringe Malereireste das Klima überdauert, doch sie erlauben die erstaunliche Feststellung, daß das Volk der Thai in einem Zeitraum von nur wenigen hundert Jahren eine eigenständige Malerei von unverwechselbarer Eigenart entwickelt hat. Die Ayuthaya-Periode (1350 – 1767), benannt nach der alten Hauptstadt, ist geprägt von zunehmender malerischer Perfektion und einer eigenartig zurückhaltenden Farbpalette. Sie fand mit der Zerstörung Ayuthayas durch die Birmanen ihr Ende. Die neue provisorische Hauptstadt Thailands, Thonburi, gab der kurzen Übergangsperiode (1767 – 1782) ihren Namen, bevor dann mit der Restaurierung Thailands unter Rama I und mit der Errichtung der neuen Hauptstadt Bangkok die letzte schöpferische Phase in der thailändischen Malerei begann. Im Zusammenhang mit den seit 1782 begonnenen, zahlreichen Tempelneubauten in Bangkok und den – in Chroniken überlieferten – Restaurierungen in Thonburi entstanden bis etwa 1850 die heute berühmtesten und eigentlich klassischen Malereien Thailands, vor allem in der königlichen Thronhalle und in den großen Wats (Tempeln). Die in den vorangegangenen Jahrhunderten begonnene Entwicklung fand in der Bangkok-Periode, der Schule von Rattanakosin, ihren Abschluß und letzte Verfeinerung. Westlicher Einfluß, eine Verbreiterung der Farbpalette und ein zunehmend realistischer Stil ließen eine neue, faszinierende Ästhetik entstehen, am schönsten in den Darstellungen der Jatakas, den Erzählungen aus den Vorexistenzen des Buddha. Unzweifelhaft gelang es den Thai, eine Malerei zu schaffen, die für jedermann ohne weiteres als Thai-Kunst erkennbar ist. Der dieser Kunst eigentümliche Reiz – das Nebeneinander von perfektester Stilisierung, symbolhaft erstarrter Formen und zartlinigem Rhytmus in den Bewegungsabläufen, das Nebeneinander liebevollster und gekonnter Detailzeichnung und flüchtig kolorierter Flächen, das leuchtetende Kolorit, das ganz und gar unverfälschte, ursprüngliche Empfinden in den folkloristischen Malereien neben der hohen Spiritualität mancher buddhistischer Szene – zieht jeden Betrachter in seinen Bann. (- mb -)

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