Splendor in Wood – The Buddhist Monasteries of Burma

Autor/en: Sylvia Fraser-Lu
Verlag: Orchid Press
Erschienen: Bangkok 2002
Seiten: 344
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 70.– US-$
ISBN: 974-8304-16-7
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 2002

Besprechung:
Denkt man an Architektur in Burma, dann klickt das innere Auge natürlich sofort auf die fast einhundert Meter hohe Shwedagon-Pagode in Rangoon, diesen vergoldeten Inbegriff Burmas, das von allen burmesischen Buddhisten am innigsten verehrte Heiligtum das Landes. Oder man denkt an Pagan, an jene einzigartige Tempelstadt, in der eine fast verwirrende Vielfalt von Stupas an das goldene Zeitalter burmesischer Geschichte, die Pagan-Zeit (1044 –1287) erinnern. All diese berühmten Bauwerke sind Stupas oder Pagoden, buddhistische Kultbauten also, Reliqienschreine, Symbole der buddhistischen Kosmologie, Bauten der Verehrung und weder zum Betreten noch zum Bewohnen bestimmt. Die Klosterbauten Burmas sind demgegenüber fast unbekannt und haben bis heute in der Literatur über dieses Land kaum Beachtung gefunden, denn sie sind weder so spektakulär wie die Shwedagon-Pagode noch so alt wie die Stupas von Pagan. Der Grund ist einfach: Burmesische Klöster sind nahezu ausnahmslos aus Holz gebaut, und Holz ist ein vergängliches Material, vor allem im feucht-tropischen Klima Burmas. Es gibt eine Vielzahl von Insekten, die dem Holz gefährlich werden können, und es gibt beinahe überall im Land die latente Gefahr von Überflutung und Erdbeben, von der Brandgefahr für die Holzbauten ganz zu schweigen. So war es höchste Zeit, dieses ganz besondere Kapitel asiatisch-buddhistischer Architektur aufzuschlagen und zu bearbeiten. Sylvia Fraser-Lu ist dies glänzend gelungen und man spürt beinahe auf jeder Seite die Liebe der neuseeländischen Autorin zu diesem Thema, ihr Engagement und ihre Kompetenz und natürlich die 20 Jahre Feldarbeit und Forschung, die dem Buch zugrundeliegen. Knapp 90 verschiedene Klosterbauten aus Ober- und Unterburma, aus dem zentralen Teil des Landes und aus den östlichen Schaanstaaten werden eingehend beschrieben, vor allem aber mit Plänen und vielen Bildern vorgestellt. Mit etwa 600 Illustrationen bleiben keine Wünsche offen, und es sind vor allem die Detailaufnahmen von geschnitzten Kunstwerken, von vergoldeten Statuen, von konstruktiven Besonderheiten und von Dekorationselementen, die den besonderen Wert dieses Buches ausmachen. Diese Bestandsaufnahme eines wichtigen und beeindruckenden Bereichs burmesischer Handwerkskunst war dringend nötig, denn viele der Klöster, überwiegend im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert erbaut, sind in bedenklichem Zustand, mit bereits beschädigten Strukturen und deutlichen Zeichen von Verwitterung, Verfall und Zerstörung. Im Gegensatz zu den Stupas und Pagoden aus Stein benötigen die Holzbauten ständige Pflege und Reparatur und hierzu fehlen heute vor allem die finanziellen Mittel. Ein in den Überzeugungen des Buddhismus begründeter Umstand kommt hinzu: Buddhistischen Mönchen in Burma ist es untersagt, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Die buddhistische Vorstellung, Verdienste zu erwerben beinhaltet nicht die Idee, historische architektonische Substanz zu bewahren. Die Errichtung einer neuen Stupa beispielsweise, und sei sie noch so klein, bringt weit mehr Verdienst, als die Reparatur eines alten Bauwerks, mit dem sich die Stifter schon vor einigen Generationen verdient gemacht haben. Immerhin, einige der Klosterbauten sind jüngeren Datums und ihre Konstruktion und Dekoration läßt hoffen, daß dieser Bereich burmesischer Handwerkskunst nicht ganz verloren geht, wenn auch unübersehbar ist, daß spätestens seit der Mitte des 20. Jahrhunderts westliche Einflüsse und neue Materialien begonnen haben, die alte Tradition zu verändern. Das Buch ist in zwei, vom Umfang her etwa gleichwertige Teile gegliedert. Während sich Teil zwei der genauen Beschreibung burmesischer Klöster widmet, bietet Teil eins in drei Kapiteln eine allgemeine Einführung, die zum Verständnis der Besonderheiten burmesischer Klosterarchitektur unentbehrlich ist und darüber hinaus wichtige Information über Religion, Geschichte und Gesellschaft von Burma vermittelt. Die Entstehung und Entwicklung der buddhistischen Klosterkultur in Burma, die Funktion von Mönchen und Klöstern in der burmesischen Gesellschaft, das tägliche Leben im Kloster und die Höhepunkte jährlich wiederkehrender Feste und Rituale werden mit großer Kennerschaft beschrieben. Ein wichtiger Abschnitt widmet sich dem Bau eines Klosters vom Fundament bis zum Dach, den Baumaterialien, den konstruktiven Lösungen und den vielfältigen Dekorationstechniken. Viele historische Aufnahmen und Graphiken aus dem 19. und dem frühen 20. Jahrhundert begleiten schließlich die jüngeren Phasen burmesischer Geschichte, die vorkoloniale Zeit bis ca. 1885 und die Kolonialzeit unter britischer Herrschaft. Damit ist Splendour in Wood nicht nur ein hervorragendes Buch über die Klosterarchitektur Burmas, sondern ganz generell eine vorzügliche Informationsquelle über ein wenig bekanntes Land, seine Menschen und seine buddhistische Kultur.

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