Beauty and Identity – Islamic Art from the Los Angeles County Museum of Art

Autor/en: Linda Komaroff
Verlag: Los Angeles County Museum of Art und Yale University Press
Erschienen: Los Angeles, New Haven und London 2016
Seiten: 316
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: GBP 45,00
ISBN: 978-1-943042-03-6
Kommentar: Michael Buddeberg, Juni 2016

Besprechung:
Das Los Angeles County Museum of Art (LACMA) besitzt eine der weltweit bedeutendsten Sammlungen islamischer Kunst. Der soeben erschienene Katalog mit einer Auswahl von 150 ausgesuchten Objekten aus der Zeit vom 7. bis zum 19. Jahrhundert mit Einleitung und Beschreibungen der im LACMA für diesen Bereich zuständigen Kuratorin Linda Komaroff ist damit quasi automatisch zu den Standardwerken zur islamischen Kunst zu zählen. Von frühen Koranblättern des 9./10. Jahrhunderts, natürlich in goldener Kufi-Schrift auf indigofarbenen Pergament bis zu einem Zeltpaneel aus Seidensamt aus der Blüte des Mogulreiches, einer syrischen Email-vergoldeten gläsernen Moscheelampe aus der Sammlung des Zeitungsbarons Randolph Hearst, einer Schale aus Nishapur mit hinreißendem kalligraphischen Dekor, mehreren Miniaturen zum Buch der Könige des persischen Dichters Firdausi aus Schiraz, dem Mekka persischer Malerei, belegen, dass das LACMA wirklich aus dem Vollen schöpfen kann. Ein spanisches Astrolabium aus vergoldetem Kupfer, datiert um 1226, mit Silber eingelegte Metallarbeiten aus Mossul, datierte Keramik mit figürlichem Dekor aus Kaschan und ein baumwollenes Blockdruckfragment aus Gujarat stehen für die Bandbreite und Qualität islamischen Kunsthandwerks im 13. und 14. Jahrhundert. Ein intarsierter persischer Bucheinband, lüster-dekorierte Majolika aus Manises und filigrane Holzschnitzerei mit Kalligraphie und Arabesken aus Mazanderan, allesamt aus dem 15. Jahrhundert, fügen sich nahtlos an und Keramik aus Iznik im 16. und aus Fez des 18. Jahrhunderts zeigen neben persischen und osmanischen Seidengeweben die anhaltende Blüte islamischer Kunst bis in die Neuzeit. Der begleitende Text gibt einen Abriss über die Geschichte der islamischen Dynastien und ist eine Einführung in die Welt der islamischen Kunst, erklärt die Dominanz der Kalligraphie und die Rolle der höfischen und elitären Gesellschaften bei der Herausbildung einer vor allem der Gestaltung des Objekts verhafteten angewandten Kunst im Gegensatz zu der sich vorwiegend in Malerei und Skulptur äußernden Kunst des Westens. Das alles ist, wie gesagt, Standard auf höchstem Niveau aber auch anderweit bereits in ähnlicher Qualität publiziert, gewiss einer Empfehlung wert aber nicht unverzichtbar, wäre da nicht ein Highlight, das dieses Buch zu etwas Besonderem macht: Das LACMA hat 2004 ein Damaskus-Zimmer erworben, das hier mit diesem Buch zum erstem Mal vorgestellt wird. Durch die aktuelle Situation im Nahen Osten, in Syrien im Besonderen, und die Befürchtung, die mehr und mehr zur Gewißheit wird, dass die kriegerischen Wirren auch in Damaskus dramatische Zerstörungen anrichten, ist diese Erwerbung von besonderer Bedeutung. Das „Zimmer“, eigentlich ein repräsentativ eingerichteter und ausgestatteter Empfangsraum, der sich auf einen Innenhof öffnet, ist vorzüglich erhalten; insbesondere die vielfarbige Malerei der hölzernen Wandvertäfelungen, Nischen, Türen und Fensterläden befindet sich in einem nie restaurierten oder übermalten Originalzustand. Die Entstehung dieses Damaskuszimmers kann exakt auf die Jahre 1766/67 datiert werden; auch seine ehemalige Lage in Damaskus ist genau bekannt. Bereits in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts musste das Haus, das dieses Kleinod barg, der Modernisierung von Damaskus und dem Straßenbau weichen. Das Zimmer gelangte dann 1978 nach Beirut, wo es mehr als dreissig Jahre genutzt wurde, bevor es wieder in den Handel kam und nun in Los Angeles seine endgültige museale Bleibe gefunden hat. Neben den bereits genannten Wandvertäfelungen in der originalen Farbpalette des 18. Jahrhunderts ist vor allem auch der vielfarbige Marmorboden, die ebenfalls in farbigem Marmor ausgeführten Einlegearbeiten des Wandbrunnens und die für das Damaskus jener Zeit typischen reliefierten und bunt gefassten Gipsarbeiten zu bemerken. Mit dem Eingangsbereich oder Vorzimmer, gefolgt von dem Hof und dem erhöhten Sitz- und Empfangsbereich ist das Ensemble ein außerordentliches und rares Beispiel für die Atmosphäre von Luxus, Komfort und Schönheit und für die unaufdringliche Präsenz von Geschmack und Harmonie, für die Damaskus im 18. Jahrhundert berühmt war. Es versteht sich, dass auch die Geschichte der Konservierung dieser architektonischen und kunsthistorischen Kostbarkeit bis hin zu den technischen Maßnahmen des erdbebensicheren Einbaus dieses Zimmers im Museum – mit einigem Stolz – beschrieben wird.

Nur am Rande sei erwähnt, dass das schöne und zweisprachig (englisch und arabisch) verfasste Buch zugleich Katalog einer Ausstellung ist, die zur Eröffnung des von dem norwegischen Architekturbüro Snøhetta geplanten und von Saudi Arabien und der Saudi Aramco Oil Company errichteten, futuristischen King Abdulaziz Center for World Culture in Dhahran veranstaltet wird. Das Damaskus-Zimmer allerdings reist nicht nach Saudi Arabien sondern bleibt in seiner neuen Heimat.

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