Bücher zum 70. Geburtstag des Dalai Lama

Autor/en: verschiedene Autoren und Herausgeber, siehe unten
Verlag: verschiedene, siehe unten
Erschienen: verschiedene, siehe unten alle 2005
Seiten: verschieden, siehe unten
Ausgabe: alle Hardcover mit Schutzumschlag
Preis: verschieden, siehe unten
ISBN: verschiedene, siehe unten
Kommentar: Michael Buddeberg, August 2005

Besprechung:
Michael von Brück, Der Weg des Dalai Lama, Knesebeck Verlag, München 2005, 128 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, € 24.95, ISBN 3-89660-274-8.

Manuel Bauer (Fotos), Unterwegs für den Frieden – Seine Heiligkeit der 14. Dalai Lama, Deutsche Verlagsanstalt, München 2005, 294 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, € 39.90, ISBN 3-421-05873-3.

Martin Brauen (Hrsg), Die Dalai Lamas – Tibets Reinkarnationen des Bodhisattva Avalokitesvara, Arnoldsche Art Publishers, Stuttgart 2005, 304 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, € 39.80, ISBN3-89790-219-2.

Am 6.Juli 1935 erblickte der kleine Tenzin Gyatso in der Provinz Amdo im Nordosten Tibets als Sohn einer armen tibetischen Bauernfamilie das Licht der Welt. 70 Jahre später konnte er als der 14. Dalai Lama, als eine der prominentesten und charismatischsten Personen der Zeitgeschichte, einen großen weltweit beachteten Geburtstag begehen. Es versteht sich, dass sich das internationale Verlagsbusiness ein solches Ereignis nicht entgehen lässt. Unter den zahllosen Publikationen, die zu diesem Anlass erschienen sind, sollen hier drei Bücher vorgestellt werden, die das Thema von drei ganz verschiedenen Seiten beleuchten. Michael von Brück, Professor für Religionswissenschaft, profunder Kenner des Buddhismus und seit vielen Jahren Gesprächspartner des Dalai Lama beschreibt den Lebensweg dieses außergewöhnlichen Menschen vom einfachen Dorfjungen über seine Flucht vor den chinesischen Besatzern im Jahr 1959 und dem Leben im indischen Exil bis hin zur Verleihung des Friedensnobelpreises. Von Brück stellt den Dalai Lama in eine Reihe mit großen Leitfiguren des 20. Jahrhunderts wie Mahatma Gandhi, Albert Schweitzer, Mutter Teresa, Martin Luther King und Nelson Mandela. Wie diese steht der Dalai Lama für eine Menschlichkeit, die ihre Kraft in den Leiden und Widersprüchen des persönlichen wie politischen Lebens erproben musste. In seinem einleitenden Essay zu einer beeindruckenden Fotozusammenstellung internationaler Fotografen aus dem Leben des Dalai Lama, begleitet mit zahlreichen Zitaten aus seinen Texten, rühmt von Brück vor allem das interreligiöse Engagement des Dalai Lama, seinen Optimismus und seinen unerschütterlichen Humor. Dieser Humor des Dalai Lama gründet in der tiefen spirituellen Erfahrung des Zusammenhangs aller Erscheinungen der Welt, einer Sichtweise, wie sie den Buddhismus zutiefst prägt. Aus Worten und Bildern entsteht ein informatives, inspirierendes und von tiefer Verehrung geprägtes Portrait eines der größten spirituellen Lehrer unserer Zeit. Ganz anders dann das Portrait, das Manuel Bauer zeichnet. Der bekannte Foto- und Reportagejournalist erhielt vom Dalai Lama persönlich die Erlaubnis, ihn auf 30 seiner Reisen um die Welt zu begleiten und kam ihm dabei so nahe wie kein Fotograf vor ihm. Hier sehen wir den Dalai Lama bei der Meditation in seiner Residenz in Dharamsala und auf Reisen, im Flugzeug, in der Bahn und im Helikopter. Wir sehen ihn mit den Großen dieser Welt, bei inszenierten Auftritten vor zigtausenden von Anhängern und in sehr persönlichen Momenten der Entspannung oder der Begegnung mit behinderten, leidenden Menschen. Das Bad in der Menge im New Yorker Central Park ist ebenso festgehalten wie ein ökumenischer Gottesdienst in der National Cathedral in Washington oder die spirituelle Konzentration beim Streuen eines Sandmandala in Graz. Der Auftritt des Dalai Lama vor dem Europaparlament in Straßburg im Oktober 2001, die Kalachakra-Einweihung in Bodhgaya in Indien oder Besuche in Norwegen, Japan oder Kroatien sind einige der Stationen dieses Botschafters des Friedens. Die fast ausschließlich schwarz-weißen Aufnahmen sind bester Fotojournalismus und zeigen einen von Terminen, Verpflichtungen und Reisen geforderten Prominenten, der doch nie seine Gelassenheit und Heiterkeit verliert. Man muß Manuel Bauer dankbar sein, dass er Momente gesucht, gefunden und genutzt hat, uns den Dalai Lama als eine herausragende Persönlichkeit der Menschheitsgeschichte und zugleich als einen Menschen wie du und ich zu zeigen. Aufzeichnungen von Gespräche des Dalai Lama mit Manuel Bauer mit seinem französischen Übersetzer Matthieu Ricard, der heute als buddhistischer Mönch in Nepal lebt, viele Anekdoten und persönliche Aussprüche und Bekenntnisse des Dalai Lama ergänzen das Fotoportrait Manuel Bauers. Mancher mag sich nun fragen, was ist das eigentlich, ein Dalai Lama? Wie kann ein im Exil lebender, vertriebener Gottkönig vom Dach der Welt diese Bedeutung und weltweite Anerkennung erlangen? Martin Brauen, Ethnologe, Religionswissenschaftler und Leiter der Abteilung Himalaya und Ferner Osten des Völkerkundemuseums der Universität Zürich stellte fest, dass das Wissen um die Institution Dalai Lama gering ist und hatte die Idee, zum 70. Geburtstag eine Ausstellung und ein Buch dem Phänomen Dalai Lama zu widmen. Dieses Buch, die dritte der hier vorzustellenden Publikationen, ist weit mehr als ein Ausstellungskatalog (bis zum 30. April 2006 im Völkerkundemuseum der Universität Zürich). Es zeigt nicht nur einmaliges bisher meist unveröffentlichtes Bildmaterial, darunter vor allem Thangkas, Skulpturen, Urkunden und historische Fotos, sondern es enthält ausführliche Lebensbeschreibungen aller Dalai Lamas, den ersten Versuch einer Ikonographie und Typologie der Darstellungen aller 14 Dalai Lamas und eine Analyse des westlichen Blicks auf die Dalai Lamas, beginnend von ersten Berichten aus dem 17. Jahrhundert bis zu dem, was Charles Bell über den 13. und Heinrich Harrer über den jugendlichen 14. Dalai Lama zu berichten wussten. Von ganz besonderem Interesse ist der Beitrag des Tibetologen van der Kuijp, der den Ursprung und die Entwicklung des Reinkarnationssystems in Tibet untersucht, ein wesentlicher Beitrag zur Religions- aber auch zur weltlichen Geschichte Tibets im Mittelalter. Ergänzt wird dieser Beitrag durch aktuelle Gedanken des Dalai Lama zu diesem Prinzip der Wiedergeburt, die von einer erstaunlichen Weisheit, Toleranz und Abgeklärtheit gegenüber einem System geprägt sind, aus dem er selbst seine Legitimation herleitet. Martin Brauens Buch ist die erste Publikation, die das Leben aller 14 Dalai Lamas in Wort und Bild festhält und ist damit zugleich eine lebendige Geschichte Tibets der letzten 600 Jahre. Da es eine objektive tibetische Geschichtsschreibung nie gegeben hat, ist der informative Wert dieses Buches nicht hoch genug einzuschätzen. Auch wenn jedes einzelne der hier besprochenen Bücher dem Anspruch, eine Hommage für den 14. Dalai Lama zu sein, gerecht wird, so ergänzen sie sich wegen des so ganz unterschiedlichen Zugangs zum Thema auf ideale Art und Weise. Wer sich eingehend mit der Person und dem Hintergrund dieses prominenten Jubilars beschäftigen will ist mit allen drei Büchern gut gerüstet

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