Arts of the East – Highlights of Islamic Art from the Bruschettini Collection

Arts of the East – Highlights of Islamic Art from the Bruschettini Collection

Autor/en:        Feliz Çakir Phillip (Hrsg.)

Verlag:           Aga Khan Museum und Hirmer Verlag

Erschienen:    Toronto und München 2017

Seiten:            248

Buchart:         Leinen

Preis:              € 58,00

ISBN:            978-3-7774-2964-9 (Hirmer)

Kommentar:  Michael Buddeberg

 

Besprechung:

Ein halbes Jahrhundert Sammeln auf höchstem Niveau und niemand weiß davon! So war die Überraschung groß als 2014 im Palazzo Lomellino in Genua herausragende Werke osmanischer Kunst aus der Sammlung Alessandro Bruschettini einem staunenden internationalen Publikum präsentiert wurden. Welche Schätze würde diese Sammlung eines mit einem unbestechlichen Auge für Qualität und Schönheit und den notwendigen Mitteln ausgestatteten Sammlers noch preisgeben? Mit der Ausstellung von Highlights Islamischer Kunst aus der Bruschettini Collection gibt das Aga Khan Museum in Toronto nun eine überzeugende Antwort (bis zum 21. Januar 2018). „Arts of the East“ zeigt 43 vom Sammler selbst ausgewählte Objekte islamischer Kunst vom 13. bis zum 17. Jahrhundert. Zu sehen sind Metallarbeiten, Keramik, Buchkunst und Kalligraphie, Textilien und vor allem Teppiche, deren Perfektion und Schönheit kaum zu überbieten ist.

Die Ausstellung wird in wenigen Wochen ihre Pforten schließen. Was bleibt ist der noble Katalog mit hervorragenden Abbildungen und Beschreibungen der ausgestellten Stücke und mit bleibenden Beiträgen namhafter Experten. Vor allem aber kommt hier Alessandro Bruschettini selbst zu Wort. Gegenüber Museumskollektionen, die über einen langen Zeitraum von einer Vielzahl von Direktoren, Kuratoren und Mäzenen zusammengetragen wurden, haben Sammlungen eines einzigen, engagierten Sammlers den Reiz, dass sie auch etwas über den Menschen erzählen, der dahinter steht, über seine Vorlieben, seinen Geschmack, seine Zweifel, seine Entwicklung und seine Ziele. Alessandro Bruschettini hat schon als junger Mann durch den Besuch internationaler Museen, etwa in Paris, London oder Kairo, sein Interesse an der Kunst Asiens entdeckt. Reisen in den Nahen und Mittleren Osten, Afghanistan und Indien und die Synthese von Form, Farbe und Dekor in der islamischen Architektur festigten und vertieften das Interesse für islamische Kunst. Die Leidenschaft, diese Kunst auch zu sammeln begann dann anlässlich einer Biennale in Florenz und der Begegnung mit Teppichen. Deren durch ihre Farben, Muster und ihr großes Format – Bruschettini spricht von Monumentalität – erlebte Schönheit ließ ihn nicht mehr los. Dieser Liebe zum Teppich ist Alessandro Bruschettini sein ganzes Sammlerleben treu geblieben, auch wenn Textilien, Metall, Keramik und Buchkunst hinzukamen.

Entsprechend dieser Liebe und der von Bruschettini selbst für Toronto getroffenen Auswahl ist diese Ausstellung in Wahrheit eine Teppichausstellung und der Katalog in erster Linie ein Teppichbuch. Die ergänzenden Exponate anderer künstlerischer Medien runden das ab, schaffen einen Rahmen und erlauben einen Blick über den Teppichrand. Metall etwa ist unter anderem durch eine hinreißend schöne Messing-Bowl mit einem umlaufenden Dekor aus Schriftband, Blumen, Laubwerk und mit Tieren in Medaillons aus eingelegtem Silber vertreten während Keramik mit einigen repräsentativen Stücken aus Iznik glänzt, darunter einer großen Schale mit einer ausgewogen asymmetrischen Komposition von Tulpen, Nelken und Hyazinthen in den typischen Iznik-Farben der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts, Rot, Smaragdgrün und Kobaltblau. Die Kunst des Buches, vertreten durch 11 Objekte mit Miniaturen, Kalligraphie und Einband vom 15. bis zum frühen 17. Jahrhundert wird von Claus-Peter Haase vorgestellt und ist mit Exponaten aus Persien, dem Indien der Mogulzeit und der Türkei unter den Osmanen gut aufgestellt. Textilien schließlich demonstrieren mit Lampas-Geweben das hohe technische Niveau persischer Seidenweber, deren Stil und Ikonographie maßgebenden Einfluss auf die Produktionen in China und Europa gewinnen sollte.

Es war wohl die von Bruschettini getroffene, repräsentative Auswahl von fünfzehn einzigartigen historischen Teppichen und Teppichfragmenten des 15. bis 17. Jahrhunderts von Spanien bis nach China, die Michael Franses bewogen hat, einen zwanzig Seiten füllenden Beitrag über „The Art of the Carpet“ zu schreiben. Auch Franses beschränkt sich in den sieben Kapiteln (Spanien, östlicher Mittelmeerraum, Ushak, Kaukasus, Persien, Indien, China) auf die klassische Zeit bis etwa 1700, geht aber bis zu den vermuteten Anfängen der Knüpfkunst in den jeweiligen Regionen zurück, auch wenn sich diese im Nebel früher Jahrtausende verlieren und nur gelegentlich durch archäologische Funde und Fragmente das eine oder andere Teil eines nie zu vollendenden Puzzles aus diesem Nebel auftaucht. Es ist ein außergewöhnliches und vor allem ein bereicherndes Vergnügen, an dem Wissen und natürlich auch an dem legendären Archiv eines Autors teilzuhaben, der wie kein anderer seit Jahrzehnten an der vordersten Front des klassischen Teppichs steht und der zudem die Gabe besitzt, anschaulich und spannend darüber zu berichten. Michel Franses kennt sie alle, die Mamluken, die Drachenteppiche, die Ushaks sei es mit Stern oder mit Medaillon oder auch die Palastteppiche des chinesischen Kaisers Wanli aus der verbotenen Stadt. Er weiß, wie viele es noch gibt, in welchem Zustand und in welchen privaten oder öffentlichen Sammlungen sie sich befinden und vor allem kennt er von fast jedem Teppich seine Geschichte, wo er nach Jahrhunderten der Anonymität zuerst auftauchte und welchen oft abenteuerlichen Weg er durch Sammlungen, Händlerhände und Auktionen genommen hat. Und nichts könnte diese kurzweilige Geschichte des klassischen Teppichs besser illustrieren als die historischen Exemplare aus der Sammlung Bruschettini. Historisch sind sie alle, nicht nur durch ihr ehrwürdiges Alter und wegen ihrer exemplarischen Bedeutung in der jeweiligen Gruppe, nicht für den bei einigen Exemplaren fast unglaublich erscheinenden farbfrischen Erhaltungszustand, sondern vor allem durch ihre Herkunft aus wichtigen Sammlungen, deren Namen sie tragen. Mit diesen individuellen Bezeichnungen, die ihnen Michael Franses verlieh, wurden diese Teppiche unverwechselbar, gleichsam geadelt, und so begegnen wir dem Simonetti-Bardini-Dragon-Carpet, dem schönsten kaukasischen Drachenteppich aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, dem Mamluken-Teppich der Grafen Moy oder dem Castellani-Stroganoff-Ushak, der aussieht als wäre er gerade eben vom Webstuhl genommen und nicht schon im späten 15. Jahrhundert, und vielen anderen mehr. Jede der sorgfältigen Beschreibungen der fünfzehn Teppiche und Teppichfragmente ist daher noch einmal eine lesenswerte Geschichte für sich, mit einer Fülle von Informationen und Fakten. Genaue Strukturdaten aller Teppiche von Luisella Belleri von Open Care runden das Buch zu einem unverzichtbaren Werk über den klassischen Teppich, das in keiner Teppich-Bibliothek fehlen darf.

 

 

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