Mirroring China´s Past – Emperors, Scholars and their Bronzes

Mirroring China´s Past – Emperors, Scholars and their Bronzes

                                                               .

 Autor/en:        Tao Wang

Verlag:           The Art Institute of Chicago und Yale University Press

Erschienen:    Chicago, New Haven und London 2018

Seiten:            264

Buchart:         Hardcover mit Schutzumschlag.

Preis:              GBP 50,00

ISBN:             978-0-300-22863-2 (Hardcover)

 

Kommentar:  Michael Buddeberg

 

Besprechung:

 Der Mandschu-Kaiser Qianlong (1735-1796) war wohl der bedeutendste Kunstsammler der Weltgeschichte. In der Zeit seiner mehr als 60 Jahre währenden Herrschaft als Kaiser von China konsolidierte er nicht nur das damals größte und machtvollste Reich Asiens, brachte seinem chinesischen Volk Frieden und Wohlstand, sondern füllte den Kaiserpalast in Peking mit unermesslichen Kunstschätzen. Selbst ein begabter Dichter, Maler und Kalligraph bereicherte er die schon von seinem Großvater (Kaiser Kangxi, 1662-1722) und Vater (Kaiser Yongzheng, 1723-1735) aufgebauten kaiserlichen Sammlungen mit einer in die hunderttausende gehenden Zahl von Objekten aus Keramik, Metall oder Jade sowie Arbeiten auf und aus Papier – Malerei, Kalligraphie und Literatur. Der von ihm in Auftrag gegebene Katalog seiner Sammlungen beschäftigte ein Heer von Gelehrten über einen Zeitraum von 15 Jahren und ist mit tausenden von Bänden die mit Abstand umfangreichste Textsammlung der chinesischen Geschichte.

Eine besondere Bedeutung im Rahmen dieser nahezu unüberschaubaren Kunstsammlung haben die antiken Bronzen – Gefäße und Spiegel – deren älteste aus den Dynastien der Xia (2100-1600 v.Chr.), Shang (1600-1046) und Zhou (1046-771) stammen, aus dem goldenen Zeitalter des chinesischen Altertums, als die Grundlagen für alle nachfolgenden Generationen gelegt wurden. Diese von den kaiserlichen Sammlern hochgeschätzten Antiquitäten machen deutlich, dass das Sammeln neben der Liebhaberei auch ein sinnfälliger Ausdruck für den kaiserlichen Herrschaftsanspruch war. Mehr als alle anderen Objekte seiner Sammlungen sind diese Bronzen ein politisches Manifest für Qianlongs Anspruch auf hegemoniale Souveränität und kosmologische Harmonie.

Das Art Institute Chicago hat von Februar bis Mai dieses Jahres die bedeutendste Ausstellung chinesischer Bronzen veranstaltet, die je im Westen zu sehen war. Mehr als 170 dieser Kunstwerke, darunter viele aus dem Palast Museum in Beijing und aus dem Shanghai Museum waren zu bewundern. Kultgefäße aus den frühen Dynastien auf drei oder vier Füßen, Kannen, Deckelgefäße und Terrinen mit den chinesischen Bezeichnungen Gu, Hu, Gong, Zun Ding und anderen mehr, Kultäxte, Glocken, Flaschen und mannigfaltige Gefäße in Tierform, aufwändig ornamental verziert, viele davon mit der geheimnisvollen Tao-Tie-Maske, mit ehrwürdiger Patina oder eingelegt mit Gold und Silber aus der Zeit der Streitenden Reiche (475-221) zeigen den Reichtum an Formen und Dekortechniken dieser Bronzen. Kopien dieser antiken Bronzen aus den Dynastien der Ming (1369-1644 n.Chr.) und Qing (1644-1911) aus Cloisonné, Porzellan, Jade, Lack und sogar Bambus sind Beleg für die Wertschätzung und Aktualität dieser Antiquitäten über die Jahrhunderte. Vor allem zur Zeit des Kaisers Qianlong und seiner Leidenschaft für handwerkliche Perfektion entstanden reich dekorierte Objekte aus Bronze, Porzellan, Cloisonné oder Jade, die gleichermaßen Bezug nehmen auf den Formenreichtum der frühen Bronzezeit und Beispiel sind für die Prachtliebe des sammelnden Kaisers.

Der Katalog vereint nicht nur chinesische Bronzen höchster Qualität und Provenienz aus mehr als zwei Jahrtausenden, sondern dokumentiert darüber hinaus themenbezogene Malerei, Abreibungen von Inschriften,  vergleicht existierende Bronzen mit deren Darstellung in Wort und Bild aus dem kaiserlichen Katalog und zeigt ungewöhnliche Objekte wie etwa einen, der Form eines antiken Bronzegefäßes nachempfundenen Holztisch oder einen Spiegel aus der Zeit der Han-Dynastie, der unter der Herrschaft von Qianlong sorgfältig und fein mit einem chinesischen Landschaftsmotiv bemalt wurde. Kritisch anzumerken ist allein, dass sich die in einem Anhang zusammengefassten Beschreibungen der Objekte recht nüchtern auf die technischen Angaben und den Standort beschränken. Essays aus der Feder namhafter Experten befassen sich mit der frühen Technologie des Bronzegusses, mit der nur aus dem religiösen Kontext zu verstehenden Interpretation der Dekorationen und der ursprünglichen Funktion der Bronzen. Es waren Ritualobjekte für die Bereitung, die Präsentation und den Verzehr von Speisen und Getränken und als Grabbeigaben Zeugnisse des Ahnenkultes und der Sorge der Lebenden um das Wohlergehen der Verstorbenen im Jenseits. Schwerpunktmäßig befassen sich die Beiträge dann mit dem Bedeutungswandel der Bronzen vom Ritual- zum Sammlungsobjekt. Kaiser Huizong (1100-1126) aus der nördlichen Song-Dynastie, auch bekannt als der „Kunst-Kaiser“ war der erste, der systematisch kaiserliche Sammlungen formte und damit den Grundstein für das intellektuelle Bemühen des Sammelns von Kunst legte. Das Sammeln von Kunst und Antiquitäten, wobei Bronzen stets eine herausragende Rolle spielten, wurde seither zum Statussymbol für Gelehrte und hohe Beamte und findet seinen Höhepunkt im 18. und 19. Jahrhundert unter Kaiser Qianlong und weiteren prominenten chinesischen Sammlern. Mit der Geschichte des chinesischen Sammlers Duanfang, dessen 1901 in einem Grab in der Provinz Shaanxi gefundenes exzeptionelles Set von 14 Ritualbronzen aus der Zeit der Westlichen Zhou (1046-771) durch Vermittlung von John Pierpont Morgan in das Metropolitan Museum in New York gelangte und dort einen Höhepunkt der chinesischen Sammlungen bildet, endet der Bericht über das Sammeln von Bronze in China. Das Thema findet Dank der potenten chinesischen Sammler des späten 20. und des 21. Jahrhunderts gewiss eine Fortsetzung; die Sammler werden dann aber nicht zum Stand der Kaiser und Gelehrten zählen.

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