Empresses of China´s Forbidden City, 1644-1912

Empresses of China´s Forbidden City, 1644-1912

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Autor/en:        Daisy Yiyou Wang, Jan Stuart (Hrsg)

Verlag:           Yale University Press

Erschienen:    New Haven und London 2018

Seiten:            264

Buchart:         Halbleinen mit Schutzumschlag

Preis:              GBP 45,00

ISBN:            978-0-300-23708-5

Kommentar:  Michael Buddeberg

 

Besprechung:

Aus frühen Zeugnissen schließen Historiker und Archäologen, dass im archaischen, vorkonfuzianischen China die Frauen das Sagen hatten. Erst im Zuge der allmählichen Durchsetzung des Konfuzianismus seit der Zeitenwende entwickelte sich eine mehr und mehr patriarchalische Gesellschaft, die das Leben und die Ideologie des kaiserlichen China durch all die aufeinander folgenden Dynastien bis zum Untergang der Qin – und darüber hinaus bis heute – beherrschen sollte. Frauuen wurden als dem Vater, Ehemann und erwachsenen Sohn untergeordnet definiert und ihre gesellschaftliche Rolle als dienende Schwiegertochter, Ehefrau und Mutter festgelegt. Das Binden der Füße, das den Bewegungsspielraum der Frauen drastisch einschränkte, ist konkreter Ausdruck für ihre untergeordnete Stellung. Dennoch hat es in China immer wieder starke Frauen gegeben, doch waren das Ausnahmen, die die Regel bestätigten. In der Literatur etwa erreichten Frauen spätestens seit der Song-Zeit Ruhm und Ehre und auch in höchsten Kreisen gab es solche Ausnahmen. Wu Zetian (625-703) etwa war die einzige Frau in der Geschichte Chinas, die jemals offiziell eine Kaiserin auf dem Drachenthron war und Li, der Mutter des späteren Ming-Kaisers Wanli wurde wegen ihrer umsichtigen Regentschaft während der Minderjährigkeit ihres Sohnes posthum der Ehrentitel Kaiserin Xiaoding verliehen. Erst in der letzten kaiserlichen Dynastie unter der Fremdherrschaft der Manchu – immer noch streng patriarchalisch organisiert – wurden die Frauen stärker. Manchu-Frauen hatten keine gebundenen Füße, sie waren geschickte Reiterinnen und Gefährten ihrer Männer bei der Jagd und einige erwarben durch kluge Regentschaften gar kaiserliche Macht und Würde.

Diesen Kaiserinnen der Qin-Dynastie (1644-1912), ihrem Leben und Wirken am Kaiserhof und der damit verbundenen materiellen Kultur ist eine Ausstellung im Peabody Essex Museum in Salem, Massachusetts (bis 10.02.2019), anschließend im Freer/Sackler-Museum in Washington und der dazu erschienene, aufwändige Katalog gewidmet. Die knapp 200 Exponate sind zum weit überwiegenden Teil Leihgaben des Palast-Museums in Beijing und erstmalig im Westen zu sehen, Auch die in sieben Essays erzählte Geschichte der starken Frauen Chinas, ihr Leben am Hof, ihre Karrieren und ihr Einfluss auf Politik und Religion ist neu, denn die auf den Kaiser zentrierte chinesische Geschichtsschreibung widmete den Frauen nur wenig Raum. Das zunehmende Interesse der chinesischen Öffentlichkeit an der Rolle der Frau in Gesellschaft, Politik und Öffentlichkeit und die Forschungsarbeit von Historikern haben dieses stark kaiserlastige Bild jüngst ergänzt. Danach waren die Lebensumstände der Frauen am Kaiserhof keineswegs rosig; aus heutiger Sicht empfindet man sie schockierend. Die zwei Dutzend oder noch mehr Frauen waren gewissermaßen Eigentum der Monarchie und lebten in strenger Abgeschiedenheit von der Außenwelt. Der Kaiser war mit allen verheiratet, es gab aber nur eine Kaiserin. Alle anderen waren Nebenfrauen oder nur Konkubinen, die – ähnlich wie die Hofbeamten und Militärs – in eine strenge achtstufige Rangordnung eingebunden waren. Dieser Rang bestimmte die höchst unterschiedliche Ausstattung dieser Frauen mit Kleidung, Schmuck und der Anzahl der ihr zur Verfügung stehenden Bediensteten. Auch die Wohnverhältnisse der Frauen in den für sie vorgesehenen Regionen der Verbotenen Stadt und sogar die Art und Menge der Verpflegung aus der kaiserlichen Küche richteten sich nach dem Rang. Dieser war aber nicht ein für alle Mal festgeschrieben, sondern ein Aufstieg durch Verdienste war möglich. Insbesondere die Fruchtbarkeit der Frauen war der Schlüssel für Macht und Einfluss. Die Geburt eines Sohnes und damit die Sicherung der kaiserlichen Nachfolge konnten auch einer Nebenfrau oder Konkubine den Weg zur Kaiserinnenwürde öffnen, und sei es auch nur posthum.

Die prominenteste der fünf in dem Buch behandelten Kaiserinnen der Qin-Dynastie, die allesamt als Witwen nach dem Tode des Kaisers für ihren Sohn und künftigen Kaiser als Kaiserinwitwe die Regentschaft übernahmen und so mehr oder weniger Einfluss auf die Staatsgeschäfte nehmen konnten, war sicherlich die Kaiserinwitwe Cixi (1835-1908), die faktisch Regentin der späten Qin-Zeit war. Ihre oft kritisch gesehene Rolle in der Auseinandersetzung mit den westlichen Mächten und den notwendigen, inneren Reformen Chinas sind ebenso Themen wie ihre Rolle in Gesellschaft und Religion.

Die Exponate, ausgewählt aus den unermesslichen Schätzen des Palastmuseums, ergänzt um einige Stücke aus amerikanischen Museen, sind, mit Ausnahme von Portraits und Urkunden meist nicht bestimmten Kaiserinnen zuzuordnen. Sie stammen überwiegend aus den kaiserlichen Werkstätten in Beijing, Jingdezhen (Porzellan), Nanjing und Suzhou (Seiden stoffe) und zeigen den Luxus und die kunsthandwerkliche Perfektion von Gegenständen des täglichen Bedarfs der Frauen der höchsten Rangstufe. Kostbare Porzellane und Cloisonné-Arbeiten, Räuchergefäße, bemalte Fächer, Schmuck mit Korallen, Türkisen und den zarten Kingfisher-Federn und kostbare Möbel, all dies überwiegend aus der Zeit von Kaiser Qianlong, vor allem aber prachtvolle Roben, durchweg in exzellenter Erhaltung vermitteln höfische Pracht auf höchstem Niveau. Die Portraits der Kaiserinnen und Kaiserinwitwen aus der Hand der Hofmaler, unter anderem des Italieners Giuseppe Castiglione und des aus Böhmen stammenden Ignatius Sichelbarth zeigen bei aller zeremonialen Steifheit in der Darstellung von Mode, Schmuck und Ambiente sehr individuelle und lebensnahe Züge der meist schon älteren Kaiserinnen. „Empresses of Chinas Forbidden City“ ist ein beachtenswertes Buch über eine bisher kaum bekannte Facette der chinesischen Kulturgeschichte.

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