Die Eleganz der Hosokawa – Tradition einer Samurai-Familie

Die Eleganz der Hosokawa – Tradition einer Samurai-Familie

 

Autor/en:        Bettina Zorn (Hrsg.)

Verlag:           Hirmer Verlag

Erschienen:    München 2019

Seiten:            145

Buchart:         Hardcover

Preis:              € 39,90

ISBN:             978-3-7774-3352-3

Kommentar:  Michael Buddeberg

 

 Mit der 1853 durch amerikanische Kanonenboote gewaltsam erzwungenen Öffnung des mehr als zweihundert Jahre abgeschotteten Japans für eine weltwirtschaftliche Integration ergaben sich für das Inselreich Umwälzungen wie nie zuvor in der japanischen Geschichte. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurden für Handel, Gesellschaft und Politik völlig neue Grundlagen geschaffen. Das Shogunat der Tokugawa sah sich am Ende und unter der nach Jahrhunderten wieder erstarkten Monarchie begann unter Kaiser Meiji die atemberaubende wirtschaftliche, industrielle und politische Modernisierung Japans, das vom ländlichen Feudalstaat zur Industriemacht aufstieg. Ein symbolträchtiger, fast revolutionärer Akt war das Verbot des Schwerttragens, der die über Jahrhunderte dominierende und überflüssig gewordene Schicht der Samurai auch noch ihres Statussymbols beraubte. Die Familien der Samurai verloren an Ansehen und Funktion, mussten neue Tätigkeitsfelder suchen und nicht wenige verarmten. Nicht so die Familie der Hosokawa, die seit der Kamakura-Periode (1185-1333) militärisch, politisch aber auch kulturell stets eine führende Funktion inne gehabt hatten. Die Hosokawa überstanden das Ende des Tokugawa-Shogunats und die Wiederherstellung der kaiserlichen Macht, verstanden sie es, auch unter vollkommen veränderten Voraussetzungen politische Funktionen zu übernehmen und pflegten unverdrossen ihre kulturellen Aktivitäten, beschäftigten sich mit Kunst, sammelten und bereicherten die Familiensammlung.

Der 150ste Jahrestag des 1869 abgeschlossenen Freundschaftsabkommen zwischen Japan und Österreich-Ungarn war Anlass für eine außergewöhnliche Ausstellung im Wiener Weltmuseum. Das in Tokio belegene und mit den Kunstschätze der Familie Hosokawa ausgestattete Eisei Bunko Museum schickte erstmalig 85 herausragende Objekte nach Europa und gab mit Rüstungen, Schwertern, Wandschirmen, Portraits wichtiger Mitglieder der Familie Hosokawa, Kaligraphien, Tuschzeichnungen, Lackarbeiten, Porzellan und Keramik, No-Masken, Kostümen und Musikinstrumenten einen Einblick nicht nur in zentrale Bereiche japanischer Kunst und japanischen Kunsthandwerks, sondern auch in die vielfältigen Interessen und Aktivitäten der Familie Hosokawa. Entsprechend beschränkt sich der Katalog auch nicht auf die Abbildung und sorgfältige Beschreibung der Objekte; er stellt sie vielmehr in den Kontext der militärischen, politischen und kulturellen Funktionen und Interessen der Familie Hosokawa und lässt den Leser so am Leben und an den Aktivitäten einer hochgestellten Samurai-Familie teilhaben. Die Geschichte der Familie Hosokawa von ihren Anfängen im 14. Jahrhundert bis heute, illustriert mit historischen Fotografien und Plänen des Stammsitzes der Familie, der Burg Kumamoto auf Okinawa und einem Exkurs über die zum Christentum bekehrte Gracia Hosokawa, die um das Jahr 1600 in jungen Jahren ermordet und im 20. Jahrhundert als Mariko zur Heldin von James Clavells Roman „Shogun“ wurde, ist spannend zu lesende Lektüre.

Im Mittelpunkt aber stehen als die wichtigsten Sammler die letzten drei Oberhäupter der Familie, Hosokawa Moritatsu (1883-1970) als sechzehnter Patriarch, Hosokawa Monisada (1912-2005) als siebzehntes Oberhaupt und schließlich der 1938 geborene und der Familie bis heute vorstehende Hosokawa Morihiri. Sie alle haben die Familiensammlung wesentlich aber in ganz unterschiedlicher Art und Weise geprägt. Moritatsu genas als Heranwachsender durch die Beschäftigung mit den Werken und Heilmethoden eines Zen-Mönches von einer schweren Krankheit und begann dessen Kalligraphien zu sammeln. Parallel entwickelte er eine Leidenschaft für kostbare Schwerter, für zeitgenössische japanische Malerei und für chinesische Antiquitäten. Sein Sohn Morisada zog sich früh aus politischen Ämtern zurück und widmete sich dem Sammeln nach der Art eines chinesischen Literaten. Schreibutensilien, Objekte aus Rhinozeroshorn, Steine und Mineralien aber auch frühes chinesisches Porzellan bereicherten die Familiensammlung. Morohiri, sein Sohn und das achtzehnte Oberhaupt der Familie Hoskawa, folgte der Familientradition, ging in die Politik und wurde 1993 zum 79. Premierminister Japans gewählt. 1998, an seinem 60. Geburtstag zog er sich aus der Politik zurück und widmet sich seither als freischaffender Künstler den verschiedenen Schulen japanischer Keramik und in jüngster Zeit auch der Lack- und Ölmalerei. Seine persönlichen Kommentare zu seinen Werken, etwa zu seiner Raku-Keramik, gehören zu den Höhepunkten des Buches. Mit herausragenden Masken, Kostümen und Musikinstrumenten des No-Theaters und den vielfältigen Utensilien für die japanische Teezeremonie, die die innige Verbindung der Familie Hosokawa mit der Kultur ihres Landes belegen, ist der Katalog ein wichtiger Beitrag zu japanischer Kunst und Kultur und eine Hommage an die Tradition einer ehrwürdigen Samurai-Familie.

 

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