(1) Painting Edo – Selections from the Feinberg Collection of Japanese Art, (2) Catalogue of the Feinberg Collection of Japanese Art

(1) Painting Edo – Selections from the Feinberg Collection of Japanese Art, (2) Catalogue of the Feinberg Collection of Japanese Art

 

Autor/en:        (1) Rachel Saunders, Yukio Lippit; (2) Rachel Saunders (Hrsg.)

Verlag:            (1) und (2):  Harvard Art Museums, Yale University Press

Erschienen:     (1) Cambridge, New Haven und London, 2020; (2) dito 2021

Seiten:             (1) 180; (2) 264

Buchart:          (1) und (2):  Hardcover

Preis:               (1) GBP 25,00; (2) GBP 50,00

ISBN:               (1) 978-0-300-25089-3; (2) 978-0-300-25090-9

Kommentar:    Michael Buddeberg

 

Es ist immer spannend, zu erfahren, aus welchen Erlebnissen, Zufällen oder Begegnungen private Sammlungen entstanden sind. Im Falle des Sammlerehepaars Betsy und Roland Feinberg, die in fast 50 Jahren die dem Harvard Art Museum übergebene bedeutendste amerikanische Sammlung japanischer Kunst der Edo-Zeit zusammengetragen haben, war es im Jahre 1972 ein Besuch des jungen Paares im New Yorker Metropolitan Museum. Für zwei Dollar erwarben sie die Reproduktion eines japanischen Stellschirmes, welcher die Ankunft eines portugiesischen Handelsschiffes in einem japanischen Hafen des 16. Jahrhunderts darstellt, bevölkert mit einer Staffage „südlicher Barbaren“, exotischer Figuren, Seefahrer und Kaufleute aus dem Westen, gesehen mit den Augen japanischer Maler. Ein Interesse war geweckt und durch eine fachliche Führung im Brooklyn Museum und einen Besuch bei einem Händler in Manhattan eröffnete sich den Feinbergs eine neue Welt. Noch ohne die Idee einer Sammlung erwarben sie Bilder aus der Edo Zeit, suchten Rat bei Experten, wurden selbst zu Kennern, reisten nach Japan und konnten schließlich nach Jahrzehnten des Sammelns dem Harvard Art Museum eine Kollektion übergeben, die außerhalb Japans nichts ihresgleichen hat.

Es ist dieses Bild des westlichen Handelsschiffes und seiner portugiesischen Besatzung, das für das Ende einer Ära und den Beginn des modernen Japan unter dem Tokugawa-Shogunat und der Edo-Zeit (1603-1868) stehen kann. Mit der Abschottung Japans gegen die Aggressionen portugiesischer und spanischer Seefahrer, die erst 1853 mit der Ankunft der „Schwarzen Schiffe“ des Commander Perry endete, begann die längste Friedenszeit der japanischen Geschichte und mit ihr eine beispiellose gesellschaftliche und ökonomische Entwicklung. Macht und Reichtum verlagerten sich von den Herren auf das Volk, von den Adelssitzen auf die städtischen Zentren, von den Burgen der Samurai auf die Großstadt Edo. Handel und Konsum vervielfachten sich, Luxus, Handwerk, Theater und ein neues Lebensgefühl hatten Hochkonjunktur und der Aufbruch in eine modernere Zeit machte auch vor der Kunst nicht Halt. Religiöse Themen, die Darstellungen buddhistischer Gottheiten treten in den Hintergrund und machen Landschaften Platz, markanten Bergen, Wasserfällen und dekorativen Meeresküsten. Flora und Fauna gehören zu den bevorzugten Sujets, aber auch das moderne Leben in der Großstadt, Szenen aus dem Theater, Schauspieler und immer wieder schöne Frauen in kostbaren Gewändern sind bevorzugte Themen der Rollbilder, Alben, Fächer und vor allem der Stellschirme als einer der typischen und beliebten Bildträger der Edo-Zeit.

Es ist die besondere Qualität der Feinberg Collection, dass sie diese Vielfalt der japanischen Kunst der Edo Periode, Vielfalt der Themen, der Bildträger und der Techniken, anhand von Beispielen der wichtigsten und bekanntesten Künstler ihrer Zeit demonstriert. Die mehr als dreihundert Bilder der Sammlung sind durch den schon im Jahre 2020 erschienenen Katalog einer Ausstellung einer Auswahl von knapp der Hälfte der Sammlung im Harvard Art Museum und dem 2021 publizierten Gesamtkatalog bestens erschlossen. Dabei ist das in den beiden Büchern angewandte, unterschiedliche Ordnungsprinzip durchaus kein Nachteil, denn es verführt zu Querverbindungen und vertieft den Blick auf die Kunst als Ausdruck der Zeit, in der sie geschaffen wurde. So ist der Bestandskatalog alphabetisch nach den Namen der Künstler geordnet, während sich die Abbildungen des Ausstellungskataloges sachlich an den beiden Essays orientieren, die die Themen, die Entwicklung und die Schwerpunkte der Kunst der Edo Zeit zum Gegenstand haben. Yukio Lippit beginnt seinen Beitrag mit den Schlüsselwerken der Sammlung, erklärt die Bedeutung der Schulen in der japanischen bildnerischen Kunst, das wichtige Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler, erläutert die Beliebtheit der Genremalerei, aus der sich die Bewegung der „floating world“ und die Schule der ukiyo-e entwickelt. Die Goldgrund-Malerei, der Gegensatz der Literati-Bewegung und des Nanga-Stils in der späten Edo-Zeit bis zum zunehmenden Einfluß des Westens und dem Ende jener Epoche sind weitere Themen seines Essays. Rachel Saunders indessen fokussiert ihren Beitrag auf die jeweils aus 12 Hängerollen bestehenden, einen paradiesischen Garten aller vier Jahreszeiten glorifizierenden Hauptwerke des Malers Sakai Hoitsu mit dem Titel „Birds and Flowers of the Twelve Months“und nimmt sie zum Anlass, ihren Einfluss auf die Malschulen der späten Edo-Zeit und die exquisite Schönheit und Beliebtheit von Darstellungen der Natur mit all ihrer Flora und Fauna darzustellen.

Dass es Betsy und Roland Feinberg gelungen ist, ihrer Sammlung ein prächtiges Paar sechsteiliger Stellschirme hinzuzufügen, das ebenso wie die Reproduktion aus dem Metropolitan Museum, die zum Nucleus der Sammlung Feinberg wurde, die Ankunft eines portugiesischen Handelsschiffes mit all den exotischen Seefahrern und Kaufleuten, den „südlichen Barbaren“ auf edlem Goldgrund zum Gegenstand hat, ist ein Glücksfall für die Sammler, für ihre Sammlung und für den roten Faden, der sich durch diese Rezension zieht.

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