Autor/en: Helmut Eberhart
Verlag: TKF – Gesellschaft zur Förderung der Textil-Kunst-Forschung
Erschienen: Wien 2021
Seiten: VI, 142
Buchart: Broschur
Preis: € 25,00 (+ Versand)
ISBN: ohne
Kommentar: Michael Buddeberg
Im September 2019 traf sich im Münchner Museum Fünf Kontinente eine Gruppe von Sammlern und Liebhabern antiker Teppiche, um unter dem Titel „ICOC Alpine Tour“ eine Woche lang ein Feuerwerk außergewöhnlicher Ausstellungen, Vorträge und Begegnungen auf einer Route durch Bayern, Österreich und Südtirol zu erleben.
Die Abkürzung ICOC wird nicht jeder kennen und sei daher kurz erklärt. Die „International Conference on Oriental Carpets“ ist eine seit 1976 bestehende internationale NGO- und NPO-Organisation, die sich die Veranstaltung großer Konferenzen zum Thema antiker Teppiche und Textilien in wechselnden Metropolen in der Alten und Neuen Welt auf ihre Fahnen geschrieben hat. Unter anderen waren London, Washington, München, San Franzisko, Mailand, Istanbul und Wien Kulisse für glanzvolle Konferenzen mit Ausstellungen, wissenschaftlichem Vortragsprogramm und internationalen Begegnungen, während in Marrakesch, Teheran oder Baku der Schwerpunkt mehr auf den textilen Traditionen der jeweiligen Region lag. Ein kleiner werdender Kreis von Interessenten, deren gestiegene Ansprüche an Qualität und Inhalte, vor allem aber die rasant gewachsenen Schwierigkeiten und nicht zuletzt die Kosten der Logistik solcher Veranstaltungen in großen Metropolen lassen Ereignisse im Stil und Umfang vergangener ICOC-Konferenzen zunehmend schwierig erscheinen. Das österreichische ICOC-Mitglied Peter Bichler kreierte dann 2014 mit der ICOC-Tour „Wien-Budapest“ ein neues Format, das der Idee der ICOC neue Impulse zu geben vermochte. Die „ICOC Alpine Tour“, wiederum von Peter Bichler glänzend organisiert, hat das eindrucksvoll bestätigt. Ein Beispiel also, das hoffentlich Schule machet.
Einer der vielen Höhepunkte der ICOC Alpine Tour 2019 war die ganz speziell für dieses Event geplante und danach für ein halbes Jahr geöffnete Ausstellung „Richtig Guter Stoff“ im Museum der Völker in Schwaz bei Innsbruck. Kuratiert vom Helmut Eberhart, dem Präsidenten der österreichischen TKF – Gesellschaft zur Förderung der Textil-Kunst-Forschung – war hier, zusammengestellt aus 10 privaten Sammlungen von Mitgliedern der TKF, ein wahres Kaleidoskop von fast zwölf Dutzend Textilien von Marokko bis Zentralasien zu bewundern. Es war vor allem die erstaunliche und überraschende ästhetische und textiltechnische Vielfalt der Exponate, die die Besucher faszinierte und die das Bedauern über das Fehlen eines Ausstellungskataloges unüberhörbar machte. Helmut Eberhart hat es vernommen und nun mit Unterstützung der TKF diesen Katalog – er nennt ihn eine Dokumentation – nachgeschoben.
Die ganze Vielfalt exotischer Textilien vom Maghreb bis nach Zentralasien, Gewebe mit den unterschiedlichsten Mustertechniken von Brokaten, Malerei, Druck und Ikat bis zu Applikationen aus Glas oder Metall und der Verwendung von Gold und Silberfäden, brettchengewebte Bänder und – wohl dominierend – Stickarbeiten in vielerlei Techniken mit Seide und Metallfäden, Stoffe, Fragmente, Patchwork, Accessoires, Kopfbedeckungen und komplette Mäntel – wann war alles zusammengefasst in einer Ausstellung oder wie nun in dieser broschierten Dokumentation zu bewundern und zu sehen? Dabei ist hervorzuheben, dass es den Leihgebern und dem Kurator ganz bewusst nicht um Objekte allerhöchster Qualität ging – auch diese sind mit Hinweisen auf ihre frühere Publikation vorhanden – sondern im Fokus stand und steht die Vielfalt textiler Produktionen in den verschiedensten Regionen. So geriet „Richtig Guter Stoff“ zu einer Fundgrube breit gestreuter Information und zu einem Referenzwerk, das manchem Sammler bei der Bestimmung seiner Schätze wertvolle Hilfe sein wird. Die den neun Kapiteln – geographisch geordnet – vorausgeschickten Einführungen (mit weiterführenden Literaturhinweisen) sind eine zusätzliche Orientierungshilfe durch die dargebotene Vielfalt. Getreu dem Untertitel der Dokumentation „Gewebte und gestickte Geschichten“ sind die Objekte da und dort durch Anekdoten, Beschreibungen, persönliche Wertungen sowie technische und ethnologische Hinweise ergänzt, die das Wissen erweitern und die Lektüre zum Vergnügen machen.
Nach Anzahl aber auch Qualität der Objekte bilden Stickereien aus der Türkei und aus Griechenland den Schwerpunkt der Publikation. Textilien aus Marokko, Albanien, Iran, Indien, Pakistan und Zentralasien vervollständigen die Vielfalt. Die Bild- und Farbqualität der Abbildungen hält allerdings einem Vergleich mit High-Tech-Fotos aus dem Studio nicht stand. Alle Bilder wurden „in situ“ also in der Ausstellung unter den dort vorgefundenen Platz- und Beleuchtungsbedingungen aufgenommen, was den Autor und Herausgeber bewog, dieses Buch nicht als „Katalog“ sondern als „Dokumentation“ in Verkehr zu bringen.
Buchbestellungen über die homepage der TKF: www.tkf-textilkunst.at, von dort weiter zu „Bücher Bestellungen“; diese zu den angegebenen Bedingungen dann an: gert.walter@aon.at
