Japan – Beiträge zur Kenntnis des Landes und seiner Bewohner

Japan – Beiträge zur Kenntnis des Landes und seiner Bewohner

Autor/en:         Wilhelm Heine (Hrsg: Andrea Hirner, Bruno J. Richtsfeld

Verlag:            J.H.Röll

Erschienen:     Dettelbach 2019

Seiten:             142

Buchart:          Hardcover

Preis:               € 59,90

ISBN:             978-3-89754-432-1

Kommentar:    Michael Buddeberg

 

Seit Juli 2021 ist im Münchner Museum Fünf Kontinente (vormals Staatliches Museum für Völkerkunde)          anlässlich des 160. Jubiläums Deutsch-Japanischer Freundschaft unter dem Titel „Sehnsucht Japan – Reisererinnerungen des Malers Wilhelm Heine“ einer der großen Schätze dieses Hauses zu bewundern (bis zum 9. Januar 2022). Es sind 28 Originalgemälde (von einstmals 50, von denen 42 im Jahre 1888 vom Schwiegersohn Wilhelm Heines, dem Bayerischen Hoffotografen Edgar Hanfstaengl, dem Museum geschenkt wurden) allesamt entweder von Wilhelm Heine persönlich oder – nach seinen Vorlagen – von Dresdener Malerfreunden gemalt. Ein Schatz vor allem deshalb, weil nur wenige Künstler mit eigenen Augen die letzten Jahre des traditionellen, feudalen Japan gesehen und festgehalten haben. Ein schmales Heft im Format DinA5 begleitet die Ausstellung. Es erklärt die Funktion dieser Ölgemälde als Vorlagen für den von Wilhelm Heine von 1873 bis 1875 in mehreren Lieferungen publizierten und extrem seltenen Folioband, interpretiert die Darstellungen nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und enthält eine Kurzbiographie von Wilhelm Heine (1827-1885). Das alles macht neugierig auf mehr:

Schon vor zwei Jahren haben Andrea Hirner und Bruno Richtsfeld eine mit einer Biographie Heines, einer Einleitung und einem Glossar und Anmerkungen versehene Faksimile-Ausgabe dieses Folio-Bandes publiziert, die, zusammen mit dem die Ausstellung begleitenden Heft der eigentliche Gegenstand dieser Rezension ist. Dieser Faksimileband enthält – seitengroß aber gegenüber dem Folio-Format des Originals natürlich verkleinert – alle 50 der in dem raren Folio-Band enthaltenen Drucke zusammen mit den damals diese Abbildungen begleitenden Originaltexten. Heine hat für dieses Werk fünf Serien von je zehn Blatt zu den Themen Religiöses, Geschichte, Ethnologisches, Naturgeschichtliches und Ansichten beigetragen, die von ihm und seinen Dresdner Malerfreunden Benno Mühlig, Albrecht Schuster und  Guido Hammer in Öl gemalt wurden. Zu den Drucken im Folio-Band muss man wissen, dass nach dem damaligen Stand der Reproduktions- und Drucktechnik die in Grisaille, d.h. in unterschiedlichen Grautönen gemalten Originale im Fotostudio abgelichtet, auf Albuminpapier reproduziert und diese dann auf die entsprechenden Buchseiten aus Kartonpapier geklebt wurden. Die so geschaffenen Drucke entsprechen bis in kleinste Details den Originalen, können aber dennoch deren Zauber, der von dem lebendigen  Hell-Dunkel-Kontrast und der Dreidimensionalität der Grisailletechnik vermittelt wird, nicht erreichen.

Mindestens genauso spannend ist der Vergleich der die Tafeln begleitenden Texte. Im originalen Folioband und dessen Faksimile stammen sie vom Autor und Künstler Wilhelm Heine, geben seine sehr persönlichen Erfahrungen und Kenntnisse aus seinen Japan-Reisen wieder und entsprechen der damaligen Sicht eines neugierigen und interessierten Reisenden auf ein seit Jahrhunderten verschlossenes und gerade erst für den Westen eröffnetes Land. Glossar und Anmerkungen von Andrea Hirner im Faksimileband korrigieren und erläutern in meist knappen Kommentaren diese Texte aus heutiger Sicht, während Bruno Richtsfeld im Begleitheft zur Ausstellung mit weiterführenden und vertiefenden Texten ergänzend zum besseren Verständnis der in der Ausstellung gezeigten Originale beiträgt.

Beides, Bilder und begleitende Texte, machen einmal mehr neugierig auf den Protagonisten, den Künstler und Autor der Beiträge zur Kenntnis des Landes und seiner Bewohner, der bereits im dritten Quartal des 19. Jahrhunderts Japan gleich mehrfach bereiste und damit zu den Urhebern des Japonismus, der Japan-Mode des ausgehenden 19. Jahrhunderts gerechnet werden kann. Die Kurzbiographien im Faksimileband ebenso wie im Begleitheft vermitteln nur ein grob gezeichnetes Bild der interessanten und wechselhaften Lebensgeschichte Wilhelm Heines. Wer mehr darüber erfahren möchte, wie der junge, künstlerisch begabte und von Richard Wagner und Gottfried Semper geförderte Heine in die revolutionären Wirren der 1848er Jahre in Paris und Dresden geriet, nach Amerika emigrierte und dort schließlich zum Bildjournalisten der legendären Perry-Expedition wurde, die Japan dem Westen öffnete. Weitere Japanreisen, seine Karriere als Offizier und Brigadegeneral der Nordstaaten im amerikanischen Bürgerkrieg und seine Heimkehr nach Dresden und Radebeul ebenso wie seine Beziehungen zu München können in der 2009 erschienenen, ausführlichen und ungemein lesenswerten Biographie von Andrea Hirner „Wilhelm Heine – Ein weltreisender Maler zwischen Dresden, Japan und Amerika“ studiert werden. Die Rezension dieses Buches ist unter dem Stichwort „Heine“ im Archiv der Buchbesprechungen leicht zu finden.

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