Cast for Eternity – Bronze Masterworks from India and the Himalyas in Belgian and Dutch Collections

Autor/en: Jan van Alphen
Verlag: Ethnographisches Museum
Erschienen: Antwerpen 2005
Seiten: 240
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: € 35.–
ISBN: 907-70690-70
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 2005

Besprechung:
Im Jahre 2002 gelangten 54 bedeutende nepalische, tibetische und sinotibetische Bronzen als Vermächtnis des Sammlers J.P.Esman in das Ethnographische Museum in Antwerpen. Sie ergänzten eine ohnehin beachtliche Sammlung religiöser Statuen aus dem asiatischen Kulturraum von Indien bis nach Japan, die in einem halben Jahrhundert durch Käufe, Schenkungen und andere Vermächtnisse entstanden war. Aus der Arbeit an dieser Sammlung wurde die Idee zu einer Ausstellung geboren, die die besten und schönsten religiösen Statuen aus Belgien und den Niederlanden, gleichgültig ob aus öffentlichen oder privaten Kollektionen versammeln sollte. Eine großartige Idee und ein schwieriges Unterfangen, wenn man weiß, wie schwer es ist, mehrere Museen und dann auch noch private Sammler unter einen Hut zu bringen. Es ist gelungen und zu verdanken ist das dem Antwerpener Händler Marcel Nies, der seit über 30 Jahren als Spezialist auf diesem Gebiet asiatischer Kunst gilt. Er knüpfte die Kontakte, war beteiligt an der Auswahl der Exponate und ist Autor des einleitenden Essay. Die Ausstellung ist seit Juni 2005 vorüber, doch der Katalog ist ein wichtiges und bleibendes Denkmal einer Kollektion von Bronzen aus Indien und dem Himalaya, wie man sie in dieser Qualität nur selten zu sehen bekommt. Maßstab für die 85 Bildwerke – einige mehr als in der Ausstellung zu sehen waren – waren nicht Alter oder Stil, nicht die Region und schon gar die Vollständigkeit des dargestellten religiösen Pantheon, sondern ausschließlich deren künstlerische und ästhetische Qualität, die Schönheit der Figuren. Hier stellt sich die Frage, ob dieses ganz und gar westliche Kriterium, die ästhetische Schönheit also, ein zulässiger Maßstab für die Auswahl religiöser Bildwerke des Hinduismus, des Jainismus und des Buddhismus sein kann. Denn Schönheit war nicht das Ziel der Handwerker oder Künstler, die diese Figuren schufen. Sie waren als Meditationshilfen gedacht, sie sollten dem Praktizierenden die Visualisierung einer bestimmten Gottheit, die ein spezifisches inneres Erleben symbolisiert, ermöglichen und das meditative Erlebnis wiederholbar machen, von den Verdiensten für eine bessere Zukunft oder eine bessere Wiedergeburt, die sich der Künstler oder Stifter durch den Vorgang der Herstellung oder Schenkung erhofften, einmal ganz abgesehen. Zudem waren bei jeder Gottheit die ikonographischen Details, die Körper- und Handhaltung, Bekleidung und Schmuck, der Thron auf dem sie sitzen oder stehen, die Zahl der Arme und Köpfe und die in den Händen gehaltenen oder sie umgebenden Attribute genau festgelegt. Wo ist da Raum für Schönheit? Die ausgewählten Figuren geben die Antwort auf diese Frage. Zur Aufgabe des Künstlers gehörte es, die innere Bedeutung der Gottheit in ihrer dreidimensionalen physischen Erscheinung zum Ausdruck zu bringen. Bei den friedvollen Gottheiten ist es die Ruhe, der innere Frieden, eine unendliche Gelassenheit, das Sichtbarmachen von Weisheit und Nächstenliebe, während die zornigen Schutzgottheiten in ihrem äußeren Ausdruck ihre Kraft und die Mittel symbolisieren, mit der sie das Böse zerstören und die wahre Lehre schützen sollen. Es sei hier die These vertreten, dass eine solche Meditationsfigur auch nach unserem westlichen Kunstverständnis nur dann wirklich schön ist, wenn sie diese inneren Werte in ihrer äußeren Erscheinung verkörpert und zum sichtbaren Ausdruck bringt. Schönheit in Form von Ausdruckskraft war dann zumindest mittelbar auch ein Ziel beim Schaffen der Figur und das ist den Künstlern, wie überall in der Welt, mal besser, mal schlechter und hin und wieder ganz hervorragend gelungen. So etwa bei einer Parvati aus der Chola Periode (10. Jhrdt.), einer Statue von vollendeter Klarheit und Harmonie und zugleich die Skulptur einer betörend schönen jungen Frau. Ein Flöte spielender, stehender Krishna (Orissa, 16. Jhrdt.) zeigt den eleganten Hüftschwung, der sonst den Göttinnen vorbehalten ist. So bei einer Devi oder Tara aus dem Nepal des 11. Jhrdt., einem weiblichen Idealbild nepalischer Bronzeskulptur. Ein Bodhisattva Maitreya (Tibet, 15.Jhrdt.), vergoldet und reich mit Attributen und Schmuck versehen, ist ein hervorragendes Beispiel für den Ausdruck verklärten inneren Friedens, während Kalacakra und Vishvamata durch ihre, männliche und weibliche Energien bündelnde sexuelle Vereinigung und durch die in ihren insgesamt 20 Armen gehaltenen Waffen und Werkzeuge drastisch die Mittel zur Durchsetzung der Lehre zeigen. Die Reihe von Beispielen ästhetischer Schönheit durch Vollendung im Ausdruck ließe sich beliebig fortsetzen und ist zugleich Bestätigung für das hohe und höchste Niveau der gezeigten Bronzen. Gleiches gilt für die sorgfältigen Beschreibungen und Kommentare von Jan van Alphen (Indien), Ian Alsop (Nepal) und David Weldon (Tibet), alle drei erste Autoritäten auf ihrem Gebiet. Der einleitende Essay von Marcel Nies gibt nicht nur eine glänzende Einführung in die kulturelle Bedeutung dieser religiösen Skulpturen sondern beschreibt den hochkomplizierten Herstellungsprozess dieser meist in der verlorenen Form gegossenen Bronzen, dessen Kenntnis die Hochachtung und Bewunderung für die anonymen Künstler weiter steigert. Dem hohen Anspruch an Ästhetik und Schönheit wird auch die Buchgestaltung ideal gerecht. Das gewählte, leicht chamoisfarbene Papier, eine vornehme, elegante Typographie und ein edler Leinenband heben das Buch weit über die übliche Katalogqualität hinaus und machen es zu einer bibliophilen Kostbarkeit, die man nur ungern aus der Hand legt.

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