Von Buddha bis Hafiz – Aufsätze zur Indologie und Iranistik

Von Buddha bis Hafiz – Aufsätze zur Indologie und Iranistik

Autor/en:         Mehr Ali Newid

Verlag:            Reichert Verlag

Erschienen:     Wiesbaden 2023

Seiten:             334

Buchart:          Hardcover

Preis:               € 98,00

ISBN:             978-3-7520-0759-6

Kommentar:    Michael Buddeberg

 

Die Breite der in diesem Sammelband eines einzigen Autors behandelten Themen zur indoiranischen Kultur entspricht dem wissenschaftlichen Werdegang des deutsch-afghanischen Autors. Mit Byzantinistik, Philologie und Kunstgeschichte begann er in Thessaloniki und setzte sein Studium in München mit Indologie, Iranistik und Archäologie fort. Neben Literatur zu gängigen Themen hat Mehr Ali Newid in drei Jahrzehnten und in verschiedenen Ausstellungskatalogen, Festschriften und Zeitschriften besondere und oft abgelegene Themen behandelt, die nun in der hier vorgestellten Publikation interessierten Lesern zugänglich gemacht werden.

Der Reigen beginnt mit einer Darstellung des Buddhismus in Indien, wie aus dem Prinzen Siddharta der erleuchtete Buddha wurde und wie sich seine Lehre rasch verbreitete und in verschiedene Richtungen aufspaltete. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Kunst, die etwa Buddha zunächst nur symbolisch, etwa durch seinen Fußabdruck und erst Jahrhunderte nach seinem Eingang ins Nirwana anthropomorph darstellte. Die von griechisch-römischer Ästhetik beeinflussten Buddhas von Gandhara sind ein erster Höhepunkt buddhistischer Skulptur. In einem Beitrag aus einer Festschrift aus 1996 werden zwei buddhistische Skulpturenfragmente vorgestellt, die in den Ruinen einer Siedlung unweit der afghanischen Provinzhauptstadt Jelalabad ausgegraben wurden. Gandhara dürfte unstreitig sein, doch die Datierung bleibt rätselhaft. Drei weitere Aufsätze sind indischen Waffen gewidmet, keine Überraschung, wenn man weiß, dass der Autor  zu diesem Themapromoviert hat. Die Vorstellung der mogulzeitlichen Schwerter und Dolche aus der Sammlung des Münchner Völkerkundemuseums – heute Museum Fünf Kontinente – ebenso wie der in diesem Museum verwahrten Verteidigungswaffen, also etwa Helme und Schilde, ist eine wichtige Bestandsaufnahme, während  mit Sataghni und Pattisa zwei Waffen vorgestellt werden, die zwar in der Literatur erwähnt sind, über deren Aussehen und Funktion jedoch nicht viel mehr als Vermutungen angestellt werden können.

Auch der iranische Teil der Aufsatzsammlung befasst sich mit wenig bekannten, materiellen Objekten aus diesem Kulturkreis. Steinerne Taufbecken aus der Zeit der Safawiden, wie sie in fast allen Moscheen, Medresen und Mausoleen von Isfahan zu sehen sind, machen den Anfang. Diese schweren, ausschließlich runden, mit islamischem Dekor und mit oder ohne Schriftbänder verzierten Becken könnten von vergleichbaren armenischen Vorbildern übernommen worden sein. Der allerdings nur fragmentarisch erhaltene Stein in einem Hof der Freitagsmoschee mag hier als besonders prägnantes Beispiel erwähnt sein. Weit weniger stabil ist ein aus Holz mit Leinwandbespannung gefertigtes und im bereits genannten Museum verwahrtes Gerät, das dem Gläubigen für das Gebet die Richtung nach Mekka anzeigen kann. Dieser Quibla-Anzeiger – auch Gebetskompass genannt – ist mit einem Kompass mit einer, als Vogel gestalteten, drehbaren Nadel ausgestattet. Ein Achsenkreuz für die Himmelrichtungen, vor allem aber über die Fläche verteilte Sternchen mit Beschriftung für die damals bekannten Städte des islamischen Orients bestimmen die Handhabung, die auf dem Objekt und im Beitrag genau beschrieben wird. Behältnisse schließlich für Amulette – meist aus Silber – oder für Sorma (Antimon) oder Rautenkörner sind die sichtbaren  Objekte für die vielfältigsten apotropäischen Funktionen, die Schutz gewähren gegen übernatürliche Kräfte und gegen Gefahren, wie sie durch Dämonen und übelwollende Mitmenschen, durch Magie, Zauberei, Heimtücke und Betrug drohen.

Genealogische und religiöse Inschriften vorwiegend an Architektur in Zentralasien und im Iran stellen wegen ihrer kalligraphischen Zutaten oder konsequenter Geometrisierung trotz des meist einfachen, lobpreisenden Inhalts oft hohe Anforderungen an den. Leser. Gelegentlich auftretende Signaturen der Künstler belegen, dass diese Form architektonischer Schriftkunst hochgeschätzt war. Ein schönes Beispiel sind hier die strikt geometrischen Kufi-Inschriften an der Freitagsmoschee in Isfahan. Diese Kalligraphie bildet, wenn man so will, eine Überleitung zu den literarischen Beiträgen, die dem Rezensenten besonders beeindruckt haben.

Die neupersische Sprache, die – grob gesprochen – seit Ferdowsi und seinem Epos „Buch der Könige“, das Maß aller Sprache im Iran ist, gilt als besonders phantasiereich und poetisch. Nirgendwo entfaltet sich diese Fabulierkunst so reich wie bei der Beschreibung der angebeteten Geliebten, sei es, dass ihre Schönheit allgemein gepriesen wird oder die Figur oder Körperteile bis hin zur Stimme, dem Temperament und dergleichen mehr. Auch Schmuck und die vielfältigen Varianten von Schminke und Kosmetik bis zur Verwendung von  Antimon (sorma) für die Augen sind Gegenstand blumiger Vergleiche. Ein eigener Beitrag unter dem Titel „Wenn Liebe trunken macht“ ist den literarischen Zeugnissen des Genusses von Wein gewidmet. Der  Leser gewinnt hier den Eindruck, dass sich am bemerkenswerten Weingenuss seit vorislamischer Zeit nur wenig geändert hat. Schließlich und endlich stimmt der Autor das Hohe Lied auf den Dichter Hafis an, der die arabische Gedichtform des Ghasel zu einer einzigartigen Perfektion entwickelt hat, J.W.Goethe mit dem West-östlichen Diwan zu einer Hommage an Hafis anregte und dessen Werke bis heute in fast jedem iranischen Haushalt zu finden sind.

Alle Beiträge sind reich mit erklärenden Anmerkungen versehen und umfangreiche Literaturverzeichnisse laden zu vertiefter Beschäftigung mit den behandelten Themen ein.

 

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