Paradise and Plumage – Chinese Connections in Tibetan Arhat Painting

Autor/en: Rob Linrothe
Verlag: Rubin Museum of Art and Serindia Publications
Erschienen: New York and Chicago 2004
Seiten: 104
Ausgabe: illustrierte Broschur
Preis: 29.95 US-$
ISBN: 1-932476-07-5
Kommentar: Michael Buddeberg, Oktober 2004

Besprechung:
Arhats sind erleuchtete Wesen und sie sind zugleich sehr menschlich. Arhats, das sind historische Personen, meist Mönche und immer zeitgenossische Schüler Buddhas. Man glaubt, daß sie durch die Belehrung Buddhas Erlösung erlangt, sich aber entschieden haben, auf dieser Erde zu bleiben, unerkannt, ungesehen und an fernen, entlegenen Plätzen lebend. Nur gelegentlich manifestieren sie sich, um die Lehren Buddhas zu verbreiten und zu verteidigen, vor allem aber um den Menschen zu helfen. Im Gegensatz zu den Buddhas, Bodhisattvas und Göttern des tibetischen Pantheon haben die meisten Arhats keine festgelegte Ikonographie. Sie werden auch nicht, wie jene, en face abgebildet, sondern zur Seite gewandt, im Halbprofil, oft in lockerer Haltung oder bei verschiedenen Aktivitäten. Und sie haben in der Regel ein portraitartiges, oft karikaturhaftes, manchmal groteskes Aussehen. Mit ausgeprägten Physiognomien, fremdartigen Zügen, die auf ihren indischen Ursprung verweisen, starken Brauen und vollen dunklen Bärten erscheinen uns Arhats meist als individualisierte expressive Portraits historischer Personen. Der fehlende Zwang zu ikonographischer Korrektheit, der größere gestalterische Spielraum schuf Raum für individuelle Innovation und Kreativität, und es ist gewiß, daß die Künstler diesen Spielraum auch gerne nutzten. So war es zweifellos eine gute Idee, die engen Wechselbeziehungen zwischen tibetischer und chinesischer Kunst, der Malerei vor allem, gerade an Arhat-Darstellungen zu untersuchen und aufzuzeigen. Das kleine Begleitbuch zu einer Ausstellung, die das soeben eröffnete Rubin Museum of Art in New York im Frühjahr 2005 zeigen wird – Shelley und Donald Rubine stellen damit ihre außergewöhnliche Sammlung tibetischer Kunst der Öffentlichkeit zur Verfügung -, unternimmt den Versuch, den jahrhundertelangen und intensiven künstlerischen Austausch zwischen Tibet und China durch die Gegenüberstellung chinesischer und tibetischer Thankas zu belegen und garniert diesen Reigen mit allerlei Gegenständen und Opfergaben, wie sie auf Arhat-Bildern zu finden sind, ganz gleich ob diese in China oder Tibet gemalt wurden, kleine Möbel, Gelehrtenobjekte, Porzellan, Korallenzweige oder eigenartig geformte Türkise. Der einführende Text von Rob Linrothe, einem ausgewiesenen Kenner tibetischer Malerei, versucht, die scharfen Differenzierungen, wie sie zwischen chinesischer und tibetischer Kunst üblicherweise gemacht werden, in Frage zu stellen. Und in der Tat sind Unterschiede oft schwer auszumachen, etwa wenn ein in China arbeitender tibetischer Maler auf chinesischem Seidengrund einen Arhat malt, nach tibetischem Geschmack zwar, aber nach einer chinesischen Vorlage, die wiederum von tibetischen Bildern inspiriert wurde. Wer vermag zu entscheiden, ob das fertige Bild dann chinesische oder tibetische Kunst ist? Solche Beispiele sind auch keineswegs realitätsfremd, denn der Austausch von Bildern und Objekten, als Geschenke oder als Handelsgut, der Austausch auch von Malern, das Reisen von Künstlern und deren Arbeiten an Fürsten- und Kaiserhöfen fern ihrer Heimat war jahrhundertelang gelebte Praxis zwischen den Nachbarn China und Tibet. Motive, Kompositionen und Stile waren auf diese Weise mobil und erscheinen hier wie dort. Bilder der populären Arhats und der hier gegebene künstlerische Freiraum haben diese Mobilität zweifellos begünstigt. Der Gedanke, daß Arhats Erleuchtete sind, die in einem paradiesischem Irgendwo leben, begünstigte utopische und phantasievolle Hintergründe, paradiesische Landschaften, eigenartige Felsen und Bäume, weit weg vom täglichen Leben, ebenso wie die Darstellung chinesischer Kostbarkeiten, die Tibet vor allem während der Dynastien der Yuan und Ming in großen Mengen erreichten. „Paradise and Plumage“, der Titel eine Anspielung auf die zauberhaften Landschaften und die exotischen Tiere und Vögel, die sie beleben, ist ein interessanter und liebevoll gemachter Beitrag zu einem beachtenswerten Aspekt im Grenzbereich zwischen chinesischer und tibetischer Kunst.

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