Art from the Himalaya and China

Autor/en: Pratapaditya Pal
Verlag: Yale University Press in association with The Norton Simon Art Foundation
Erschienen: New Haven London Pasadena 2003
Seiten: 286
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 50.– englische Pfund
ISBN: 0-300-09926-6
Kommentar: Michael Buddeberg, September 2004

Besprechung:
Man kommt nicht umhin, festzustellen, daß die Vereinigten Staaten von Amerika in den letzten Jahren durchaus einiges von ihrem vormals guten Ruf verloren haben. Für die amerikanische Kulturpolitik und die durch sie florierende Museumskultur trifft das indessen nicht zu. Die Geschichte des Norton Simon Museum of Art in Pasadena, Kalifornien, ist ein Paradebeispiel für die vollkommen andere Art und Weise wie das „Private Museum Business“ in den USA funktioniert. Das Museum, das den Namen eines der erfolgreichsten amerikanischen Industriellen des 20. Jahrhunderts trägt, hieß nämlich nicht immer so. Bis in die Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts war es das Pasadena Art Museum, das wegen seiner durch bedeutende Schenkungen begründeten Sammlungen vor allem amerikanischer und europäischer Malerei und Graphik einen weit über die Grenzen Kaliforniens hinaus reichenden Ruf genoß. Doch Erfolg verführt und mit ehrgeizigen Neubauten hatten sich die zuständigen Museumsmanager in den sechziger Jahren schlicht übernommen. Konkurs, Schließung und die Veräußerung der Bestände drohten. In dieser Situation übernahm Norton Simon nicht nur das Management des Museums sondern auch gleich noch dessen Schulden. Als Gegenleistung übergab er dem Museum seine private Kunstsammlung, die er in 30-jähriger Sammeltätigkeit zusammengetragen hatte, eine der weltweit bedeutendsten ihrer Art. Seither führt das Museum den Namen Norton Simon Museum of Art at Pasadena. Eine typisch amerikanische Museumsgeschichte mit dem Ergebnis, daß das Norton Simon Museum heute eine der spektakulärsten Sammlungen der klassischen europäischen Moderne in den USA besitzt. Und nicht nur das: Wohl beeinflußt durch die berühmte Heerameneck Collection asiatischer Kunst, die 1969 vom Los Angeles County Museum of Art erworben wurde – Norton Simon war damals im Aufsichtsrat des LACMA – begann Norton Simon Anfang der 70er Jahre asiatische Kunst zu sammeln. Über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren war Norton Simon eine der aktivsten Sammlerpersönlichkeiten auf dem einschlägigen internationalen Kunstmarkt. Sein Interesse galt vorwiegend der Skulptur. Schwerpunkte Schwerpunkte seiner Sammlung sind daher Skulpturen vom indischen Subkontinent, aus den Ländern des Himalaya und aus Südostasien. Nach einem ersten Band (Arts from the Indian Subcontinent) wird nun im zweiten der auf drei Bände angelegten Reihe über asiatische Kunst im Norton Simon Museum der Bestand seiner Schätze aus den indischen Provinzen Kaschmir und Himachal Pradesh, aus Nepal, Tibet und China vorgestellt. Der Autor Pratapaditya Pal, einer der weltweit besten und anerkannten Kenner der Kunst des Himalaya ist Garant für die Qualität des einführenden Essay über den kulturellen Hintergrund und die künstlerischen Entwicklungen und Besonderheiten der einzelnen Regionen, ebenso wie für die exakte Beschreibung und die zeitliche und kunsthistorische Einordnung der 185 Objekte. Insbesondere das knappe Dutzend Bronzen aus Kaschmir aus der Zeit des 7. bis zum 12. Jahrhundert gehört zum Besten und Schönsten, was der internationale Kunsthandel in jenen Jahren zu bieten hatte. Die Auswahl an Bildwerken, die die begnadeten Künstler der Newari in den darauf folgenden Jahrhunderten in Nepal und Tibet geschaffen haben, stehen dem aber nicht nach. Bodhisattvas in vollendeter Haltung und in edlen Posen, sparsam und geschmackvoll mit Juwelen geschmückt, mit der unvergleichlichen Patina eines jahrhundertelangen verehrungsvollen Gebrauchs, belegen die technische Perfektion und die gestalterische Genialität der anonymen Künstler. Eine Sammlung sogenannter Mohras, das sind seltene, in Gußtechnik aus Messing als Halbrelief hergestellte, maskenartige Büsten der Inkarnationen von Shiva, repräsentieren eine eher rustikale und doch außerordentlich eindrucksvolle Volkskunst aus dem hinduistischen Himachal Pradesh. Tibet ist neben seinen Bronzen, einigen Ritualgegenständen und Thankas vor allem durch eine Anzahl außergewöhnlicher, reich geschnitzter Buchdeckel vertreten. Den Abschluß bildet ein extrem seltenes – eines von zwei bekannten Exemplaren – Ragamala Album aus Bhaktapur, entstanden um 1625, das in 36 zauberhaften Miniaturen Musik, Tanz und Poesie verherrlicht. Souveränität, Kunstverstand und Geschmack des Sammlern Norton Simon wird schließlich durch die Bronzegruppe eines zeitgenössischen Künstlers aus Chamba im indischen Himajal Pradesh unter Beweis gestellt, die nichts anderes ist als die Nachbildung eines Vorbilds aus dem 10. Jahrhundert und doch ein Kunstwerk von hohem Rang. Bleibt noch zu erwähnen, daß die Sammlung von Norton Simon in den Jahren nach seinem Tod (1993) durch Schenkungen seiner Freunde und Kunsthändler beträchtlich und um bedeutende Kunstwerke gewachsen ist. Auch das ist amerikanische Museumskultur, von der deutsche, am versiegenden Tropf staatlicher Subventionen hängende Museen nur träumen können.

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