Patan Museum – The Transformation of a Royal Palace in Nepal

Autor/en: Götz Hagmüller
Verlag: Serindia Publications
Erschienen: London 2003
Seiten: 144
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 30.—engl. Pfund
ISBN: 0-906026-58-X
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Jahrhundertelang, so weit man zurückdenken kann, waren die Götter und Idole im weiten Tal von Kathmandu vollkommen sicher. Zu tausenden und abertausenden schmückten sie Tempel und heilige Plätze, konnte man ihnen in Höfen, Eingängen und an Straßenecken begegnen aber auch in der freien Natur, auf Feldern und Hügeln, an Bächen und Quellen. Von den Bewohnern des Kathmandu-Tales verehrt, mit Blumen geschmückt und mit Opfergaben verwöhnt, waren sie Bestandteil einer tiefreligiösen und friedlichen Kultur. Als Nepal 1950 seine Grenzen öffnete ging es mit dem Frieden für die Götter zu Ende. Rasch entdeckten Museen, Kunsthandel und Sammler in aller Welt diese exqisiten Schätze des Kathmandutals, und so entwickelte sich ein verbotener Handel mit einem traurigen Höhepunkt in den späten 70er und in der 80er Jahren. Nie hatte ein Handwerker, Bauherr oder Mäzen daran gedacht, die kleinen und großen Idole aus Stein, Holz oder Bronze zu verankern, anzuketten oder sonst zu sichern. Es war so einfach, sie aufzuheben, mitzunehmen, wegzutragen, während internationale Schmugglerringe für die weltweite Verteilung sorgten. Und es ist keine Übertreibung, zu behaupten, daß die heute existierenden Sammlungen religiöser nepalesischer Kunst in etwa 25 Weltmuseen und zahlreichen Privatsammlungen ausschließlich aus gestohlener Kunst bestehen. Ironischerweise verdankt sogar das Patan Museum in der alten Königsstadt Patan im Kathmandutal diesem traurigen Geschehen seine Existenz. Als sich die mehr durch Zufall als durch gezielte Fahndung den Räubern noch im Lande abgejagte „Sammlung“ auf mehr als 1500 Stück belief, war die Idee, die besten Stücke in einem Museum zu präsentieren, geboren. Das Buch über das Patan Museum ist weniger diesen Objekten gewidmet – natürlich werden die besten Stücke gezeigt, etwa ein begeisternd schöner Buddha Shakyamuni aus dem 12. Jahrhundert -, sondern es beschreibt die Geschichte seiner Entstehung, die Verwandlung eines königlichen Palastes in ein Museum von einzigartiger Schönheit. An einem der schönsten Plätze der Welt, dem Durbar Square in Patan, auf den Grundmauern eines buddhistischen Klosters, errichteten die Könige der Malla-Dynastie ihren Palast, nach dem Heiligen Schrein in der Mitte des quadratischen Innenhofes Keshar Narayam Chowk genannt. Mehrfach zerstört und verändert stammt die letzte Fassung aus dem Jahr 1734. Ein Erdbeben, genau 200 Jahre später, verursachte schwere Schäden und einen notdürftigen, alles andere als denkmalgerechten Wiederaufbau. Die langjährige Zweckentfremdung als Public School und Lagerhaus kam hinzu und stellte die Verantwortlichen des Projekts, die Regierung von Nepal in Kooperation mit dem, dem österreichischen Außenministerium angehörigen Instituts für Internationale Kooperation, vor eine schwere Aufgabe. Der leitende Architekt und Hauptautor des Buches, der seit 20 Jahren in Nepal tätige Wiener Architekt Götz Hagmüller, hat diese Aufgabe beispielhaft gelöst und eines der schönsten Museen Südasiens geschaffen. Die perfekte Synthese historisch korrekter Restauration mit den Bedürfnissen moderner Museumspräsentation, die Nutzung und Anpassung der originalen Substanz an den geänderten Zweck, der mal behutsame, dann aber auch mutige und konsequente Einsatz moderner Materialien und Techniken, ist meisterhaft. Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Die Rückfront des Ostflügels war nach dem Erdbeben von 1934 ohne Rücksicht auf das historische Vorbild wiederaufgebaut worden. Da Fotos oder Pläne nicht existierten war kreative Restauration gefragt. Die Säulen der asymmetrisch in die Fassade eingefügten Arkaden wurden nach dem Vorbild klassischer Malla-Architektur ausgeführt, aber nicht antikisierend, sondern in einer modernen Kompositkontruktion aus Stahl und Holz. Es versteht sich, daß dies nicht ohne Widerspruch blieb und so ist der engagierte Bericht des Architekten und Autors auch eine Auseinandersetzung mit generellen Fragen und Antworten der Restauration historischer Bausubstanz. Ist etwa die Empfehlung der UNESCO für die Restauration von Baudenkmälern in Nepal wirklich sinnvoll, selbst an nicht sichtbaren Stellen des Bauwerks zum Schutz gegen Erdbeben keine modernen Baustoffe wie Beton und Stahl einzusetzen? Wie tief darf man in historische Bausubstanz eingreifen, wenn es um einen adaptiven Wiedergebrauch geht? Darf man hier unterscheiden zwischen der historischen Fassade und dem Inneren des Gebäudes? Auch im Inneren, also für die einzelnen Galerien des Museums, hat Hagmüller nicht immer konventionelle aber perfekte Raumlösungen gefunden. Die tragenden dicken Mauern ermöglichten ihm ein Spielen mit Durchbrüchen, Nischen und Erkern, das immer wieder neue Blickpunkte und Perspektiven schafft. Diese Intimität der Raumgestaltung, eine subtile Beleuchtung, ein Wechselspiel von Licht, Schatten und monochromen Farbharmonien wie etwa die Schattierungen von Aprikose, Pfirsich und Terrakotta oder traditionelle Kombinationen von Ziegel und dunklem Holz sind ein überraschender und idealer Rahmen für die Präsentation buddhistischer und hinduistischer Kunst. Es ist Hagmüller gelungen, unter behutsamer Erhaltung der ursprünglichen Palastarchitektur des 18. Jahrhunderts die Atmosphäre eines Klosters und Tempels zu schaffen, die dem Museum spirituelle Qualität und den Kunstwerken eine neue Wirkung und Bedeutung verleiht. Eine ideale Lösung für gestohlene Kunst? So hat ein anonymer amerikanischer Kunstsammler vier nachweisbar gestohlene Skulpturen dem nepalesischen Staat zurückgegeben. Und das zauberhafte, 800 Jahre alte Steinrelief von Uma-Mahesvara, 1982 aus Nepal verschwunden und 1985 für DM 100.000.— vom Museum für Indische Kunst in Berlin angekauft, wurde zurückgegeben und hat im Patan Museum einen Platz gefunden. Das Buch über dieses Museum, illustriert mit vielen Zeichnungen, alten Aufnahmen, einer kompletten Fotodokumentation und vielen Meisterwerken nepalesischer Kunst wendet sich an Architekten, Entwicklungshelfer, Sammler, Restauratoren, Museen und Liebhaber nepalesischer Kunst. (- mb -)

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