Mein Leben

Autor/en: Heinrich Harrer
Verlag: Ullstein Verlag
Erschienen: München 2002
Seiten: 572
Ausgabe: gebunden mit Schutzumschlag
Preis: EUR 25.70
ISBN: 3-550-07524-3
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Alles begann am 24. Juli 1938. Der 26 Jahre junge Skilehrer, Bergführer und Geographie-Student Heinrich Harrer hatte zusammen mit seinen Bergkameraden Anderl Heckmair, Fritz Kasparek und Ludwig Vörg als erste Seilschaft die berüchtigte Eiger-Nordwand durchstiegen. Bergsteigerischer Ehrgeiz, Mut, hohes Können und eine gute Portion Glück hatten eine der ganz großen Leistungen des Bergsports gelingen lassen, und das alles ohne jede Unterstützung durch Öffentlichkeit, Presse und Sponsoren. Das kam danach. Kaum wieder am Fuße des Eiger angekommen bemächtigte sich die Propaganda-Maschinerie des NS-Staates dieser Leistung, schrieb sie auf ihre Fahnen und integrierte die sportlichen Helden in ihr System. Der junge Heinrich Harrer sah plötzlich eine Möglichkeit, seine alpinistischen Träume zu verwirklichen, stellte einen Aufnahmeantrag in die NSDAP und heiratete in einer SS-Uniform. So kam er zur Fahrkarte in den Himalaya, wo eine kleine Expedition 1939 eine für das Folgejahr geplante Große Deutsche Nanga-Parbat Expedition vorbereiten sollte. Es kam nicht dazu. Der Krieg brach aus und Heinrich Harrer und seine Kameraden wurden mit anderen feindlichen Ausländern in indischen Internierungslagern festgehalten. Die Geschichte seines Ausbruchs aus Dehra Dun und die abenteuerliche Flucht zusammen mit seinem älteren Berggefährten Peter Aufschnaiter über den Himalaya, durch das menschenfeindliche tibetische Hochland bis in die verbotene Stadt Lhasa, die sieben Jahre Aufenthalt in Tibet und die Freundschaft mit dem jungen Dalai Lama sind längst Legende, ein in 50 Sprachen übersetzter Best- und Longseller und Hollywood-Filmstoff. Vielleicht war es die Erfahrung des Eiger-Bezwingers, vielleicht auch eine geniale Marketing-Begabung, die Heinrich Harrer befähigte, auf diesem Tibet-Abenteuer ein ganzes Leben aufzubauen. Die Autobiographie Heinrich Harrers, die er sich zu seinem 90. Geburtstag geschenkt hat, ist die Geschichte eines vitalen, dynamischen und begeisterungsfähigen Mannes, der es verstanden hat, das Kapital seiner Tibet-Erlebnisse in den Nimbus eines großen Forschungsreisenden umzumünzen. Auf fast zwei Dutzend, oft gefahrvollen und immer erlebnisreichen Expeditionen durchquerte Harrer die Hochgebirge, Steppen, Dschungel und Wüsten Afrikas, beider Amerika, Asiens, Australiens und vieler Inseln – und blieb letztlich doch immer das, was er eigentlich war: ein fanatischer Bergsteiger. So sind die besten Teile seiner im flüssigen Plauderton geschriebenen und mit vielen Anekdoten gewürzten Biographie diejenigen, wo es gilt, Gipfel zu besteigen, seien es die unbekannten Höhen Neuguineas, den Ruwenzori auf der Grenze zwischen Uganda und Zaire oder den Mount Hunter in Alaska – oder eben das Dach der Welt. Die Autobiographie von Harrer ist vor allem eine Wiederbegegnung mit den unvergleichlichen sieben Jahren in Tibet, eine Begegnung mit der letzten Dekade des alten Tibet, eine Begegnung mit Räubern und Adeligen, mit Mönchsbeamten und mit einem wißbegierigen und technikbegeisterten Dalai Lama, mit heiteren Picknicks und großen Festen im alten Lhasa. Wie kein anderer vor und nach ihm hat Heinrich Harrer das geheimnisvolle Tibet, das Land, seine Menschen und seine Kultur in ganz besonders erfolgreicher Weise für den Westen geöffnet. Außer dem Dalai Lama hat niemand in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch sein unermüdliches Eintreten für die Sache Tibets so viel für dieses Land getan wie Heinrich Harrer. Hierin liegt ohne jeden Zweifel der größte Verdienst Heinrich Harrers und seine Biographie, die in wesentlichen Teilen Harrers Leben und Reisen im Himalaya zum Gegenstand hat, macht und das einmal mehr bewußt. Vielen Dank Heinrich Harrer! (- mb -)

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