Chinese Costume and Accessories

Autor/en: Krishna Riboud – John E. Vollmer
Verlag: A.E.D.T.A. (Association pour l’Etude et la Documentation des Textiles d’Asie)
Erschienen: Paris 1999
Seiten: 12
Ausgabe: Mappe in DIN-A3
Preis: 450 FF + Porto und Verpackung
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 1999

Besprechung:
Nach indischen Textilien aus der Mogulzeit (besprochen: Januar 1997) und frühen chinesischen Seiden mit buddhisti­schen Motiven (April 1997) hat die A.E.D.T.A. den dritten Band ihrer großformatigen Portfolio-Veröffentlichungen einer repräsentativen Auswahl von über 30 chinesischen Gewän­dern aus ihrer mehr als 200 Stück umfassenden Sammlung gewidmet. Weit überwiegend sind es Roben aus der letzten, der Qing-Dynastie (1644 bis 1911). Dieser späte zeitliche Rahmen mag zunächst vielleicht enttäuschen, sind es doch die frühen chinesischen Textilien aus den Dynastien der Yuan oder Ming, die heute so hochaktuell sind. Hinzu kommt, daß die Qing-Dynastie heute als eine Epoche angesehen wird, in der das Kunstschaffen, jedenfalls gegen das Ende der Dynastie, vor allem also im 19. Jahrhundert, immer mehr zum dekorativem Kunstgewerbe verflachte. Der Auswahl der Gewänder und Accessoires liegt aber die Überlegung zugrunde, nicht die Stoffe als solche darzu­stellen sondern die aus ihnen gefertigten Gewänder und damit eine Bekleidungsordnung, die in China Macht und Rang symbolisiert, tradiert und signalisiert. Chinesische Roben sind über die kostbaren Materialien und über die perfekten Handwerkstechniken hinaus ganz zweifellos Kunstwerke eigener Art mit kultureller und sozialer Bedeutung und Aussage und einem wahren Überfluß an Symbolgehalt. Die Gewänder und Accessoires (Hüte, Schuhe, Schmuckgegenstände, Behälter) sind drei Bereichen zuzuordnen: Höfische Roben und Kleider der herrschenden Manchu-Kaiser und ihrer Familie, Festkleider des Han- und Manchu-Adels und schließlich Kleider der tibetischen Aristokratie für religiösen und weltlichen Gebrauch aus chinesischen Seidenstoffen. Alle drei Berei­che erlauben tiefe Einblicke in die chinesische Geschichte und Kultur. Die Manchu-Kaiser der Qing-Dynastie übernahmen in ihre prachtvollen Roben die mächtigen Drachendarstellungen der späten Ming-Zeit, Drachen inmitten der Symbole des irdischen Universums mit Meereswogen, Bergen und Wolken im Himmel. Die Manchu aber hatten nicht vergessen, daß ihre Vorfahren Reiternomaden aus der eurasischen Steppe waren und so gaben sie den höfischen Roben einen neuen Schnitt, der es erlaubte, sich mit ihnen auch zu Pferd zu bewegen. Urchinesisch und als Bestandteil der alten konfuzianischen Ordnung erscheint die Funktion chinesischer Kleider als Rangabzeichen. Die richtige Bekleidung schafft Ordnung zwischen den Klassen, unterscheidet den Herrscher von den anderen, trennt Adel, Verwaltung und Militär. Und doch haben auch diese Rangabzeichen ihre Wurzeln wohl in frühen Bräuchen der Nomaden Zentralasiens denn der Gebrauch besonderer Textilien auf Brust und Rücken der Bekleidung ist auf die Zeit der mongolischen Yuan-Dynastie zurückzuführen (1260 bis 1308) und gewann erst in der Ming-Zeit (1360 bis 1644) die typische han­chinesische Strukturiertheit. Eine Sonderstellung in Schnitt, Bedeutung und Aussage nehmen die tibetischen Roben ein. Seit dem Königreich von Xixia (1038 bis 1234) unterhielten die Tibeter diplo­matische Beziehungen mit dem Reich der Han, Beziehungen, die sich spätestens seit der mongoli­schen Yuan-Dynastie noch weiter verdichteten und in engste Handelsbeziehungen mündeten. Kostbare Seidenstoffe waren stets wichtiger Bestandteil dieses lebhaften Handels. Die eigen­ständigen Tibeter aber ignorierten die strengen chinesichen Sitten und den Symbolgehalt der Muster und verarbeiteten die chinesischen Seiden in Übereinstimmung mit lokalen Sitten und Gebräuchen, zum Beispiel in dem vom buddhistischen Armutsideal geprägten patch-work-Stil. So sind die Gewänder in dieser eindrucksvollen Publikation über ihre Schönheit als textile Kunstwerke hinaus Objekte historischer, soziologischer und ethnischer Forschung. Der einführende Essay von John E. Vollmer definiert den Symbolgehalt der Kleider, beschreibt die Bedeutung der einzelnen Zeichen, analysiert die Geschichte der Seide im Dienst des chinesischen Staates, zeigt die wech­selnden Moden der einzelnen Dynastien und weist immer wieder auf den nicht zu unterschätzenden Einfluß der eurasischen Nomadenkulturen auf Entwicklung und Fortgang chine­sischer Kultur hin. Die Beschränkung auf Kleider aus der Qing-Zeit erweist sich aufgrund der Verwurzelung dieser Kunstform in der chinesischen Geschichte somit nicht als Nachteil sondern als ein bewußt ge­wähltes Mittel der Konzentration. Die gründliche technische Beschreibung der einzelnen Roben, der verarbeite­ten Gewebe, der Stickerei, der Schnitte, Detailaufnahmen, die Einblick in die Struktur der Gewebe gewähren, Farbuntersuchungen und eine weiterführende Bibliographie runden das Bild einer sorgfältigen Edition, wie wir sie von der A.E.D.T.A nicht anders gewohnt sind.

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