Kathmandu Valley Painting – The Jucker Collection

Autor/en: Hugo E. Kreijger
Verlag: Serindia Publications
Erschienen: London 1999
Seiten: 128
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: £ 35
ISBN: 0-906026-52-0
Kommentar: Michael Buddeberg, November 1999

Besprechung:
Kathmandu Valley Peinting ist ein schönes und ein wichtiges Buch über ein bisher kaum bekanntes Kapitel der Kunst des Himalaya. Wenn man es wieder aus der Hand legt weiß man nicht, wem man mehr zu danken hat: Dem Ehepaar Angela und Mischa Jucker, die längst vor dem Handel die Kunst Tibets und Nepals entdeckt und lieben gelernt haben und eine hochbedeutende Sammlung aufbauen konnten, dem Kunsthistoriker Hugo Kreijger, von dem die kenntnisreiche Einführung aber auch die ausführlichen stenographischen, stilistischen und historischen Beschreibungen der einzelnen Rollbilder, bemalten Buchdeckel und Skizzenbücher stammen, oder schließlich dem Verleger Anthony Aris, ohne dessen Glauben an die Wichtigkeit und Bedeutung dieser Publikation das Buch nicht entstanden wäre. Fangen wir mit den Juckers an, die ein berufliches Engagement schon in den Sechzigern häufig nach Indien und zur Begegnung mit der Kunst des Himalaya führte. Wie immer taten dann Zufälle ein Übriges: Anregungen der indischen Premiers Nehru und Ghandi, die Lektüre von Giuseppe Tucci und ein Anstoß von Blanche Olschak führten zu einer tiefen Passion für die tibetische Kunst. Dazu gehört auch die erstaunliche Geschichte, daß ein Händler aus Delhi in Mischa Jucker die Reinkarnation seines Bruders aus einem früheren Leben wiedererkannte, wodurch einige sehr bedeutende Stücke gewissenmaßen aus familiären Gründen in die Sammlung gelangten. Das Vorwort des Sammlern Mischa Jucker ist ein engagiertes Bekenntnis nicht nur zur Kunst des Himalaya sondern zum Sammeln schlechthin. Eine Sammlung vermittelt Kenntnis und Erkenntnis, sie vermittelt Freundschaften mit Gleichgesinnten, sie wird wichtiger Bestandteil des Lebens des Sammlers. Die gesammelten Objekte gewinnen in der Sammlung eine neue Rechtfertigung für ihre Existenz. So begannen die hier gezeigten Bilder ihr Leben als integraler Bestandteil des religiösen Lebens der Kultur in der sie entstanden und sind nun in einer gänzlich anderen Welt geschätzt und geliebt als schöne, faszinierende und beredte Zeugen des Erbes aus dem Kathmandu Tal. In der Geschichte des Kathmandu Tales kann man deutlich zwei ganz verschiedene Malepochen unterscheiden: Die erste, frühere, datierbar in die Zeit vom 11. bis zum 16. Jahrhundert hat ihre Wurzeln im buddhistischen Indien, vornehmlich im nordostindischen Königreich der Pala-Dynastie (8. bis 12. Jahrhundert), und diese Malerei erscheint der tibetischen eng verwandt. Dabei dürfen wir aber nicht vergessen, daß die stärksten Einflüsse auf die Entwicklung der tibetischen Malerei und Kunst zur Zeit der zweiten buddhistischen Bekehrung Tibets eben von den Künstlern des Kathmandu Tales ausgingen, von den Künstlern des begabten Stammes der Newari. So finden wir hier in den bis ins 13. Jahrhundert zurückreichenden – und bisher unveröffentlichten – „phaubas“ (Rollbilder) die Vorläufer der sehr viel bekannteren Thangkas aus Tibet. Die zweite Malepoche im Kathmadu Tal beginnt im späten 16. Jahrhundert und zeigt zunehmend hinduistischen Einfluß. Die Malerei wird figürlicher, die Farbpalette kräftiger und lebhafter, die Motive diesseitiger, der Gesamteindruck häufig ein wenig naiv. Und doch bleibt es Himalaya-Kunst und der tibetische Einfluß, gewissermaßen ein „Rückfluß“, ist in den Landschaften und Wolkendarstellungen der Bilder unverkennbar. Die Eroberung Nepals durch die Gurkhas im späten 18. Jahrhundert, die hinduistische Dynastie der Rana und schließlich der Einfluß der britischen East India Company sind in der späten Malerei des Kathmandu Tales unverkennbar. Immer aber, von den Anfängen bis ins 20. Jahrhundert bleibt die Malerei des Kathmandu Tales eine Domäne der Newari, eines Stammes der tibetisch-burmesischen Sprachgruppe, einer buddhistischen Gemeinschaft, einer – aus hinduistischer Sicht – unteren Gesellschaftsschicht oder Kaste, die aber die Kunst nicht nur des Kathmandu Tales sondern weit darüber hinaus entscheidend geprägt hat. So sind auch die Bilder mit rein hinduistischen Darstellungen überwiegend stets von buddhistischen Newari-Malern gemalt worden und dies ist an Ikonographie und Layout der Bilder deutlich zu erkennen. Das Buch über die Malerei des Kathmandu Tales ist damit auch ein Zeugnis vom traditionell friedlichen Zusammenleben dieser beiden Religionen in Nepal, an dem sich bis heute nichts geändert hat.

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