Records of Tho.ling – A Literary and Visual Reconstruction of the ‚Mother‘ Monastery in Gu.ge

Autor/en: Roberto Vitali
Verlag: High Asia
Erschienen: Dharamshala 1999
Seiten: 226
Ausgabe: Klappkarton-Broschur
Preis: 22.– engl.Pfund
ISBN: 81-86227-24-5
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Die Erhaltung oder gar Restaurierung tibetischer Baudenkmäler wird zunehmend schwieriger, wenn nicht unmöglich. Die Phase der Kooperation mit chinesischen Behörden bei der Erhaltung tibetischer Kulturdenkmäler scheint vorüber. Die Ausweisung der westlichen Mitarbeiter des Tibet Heritage Fund aus Lhasa, das zu befürchtende Ende dieses von André Alexander so engagiert und zunächst erfolgreich betriebenen Projekts zeigt die zunehmend restriktive Haltung Chinas. Vielen Objekten droht damit anstelle einer notwendigen Reparatur oder Restaurierung der weitere Zerfall. Um so wichtiger ist es, sämtliche schriftlichen, vor allem aber mündlichen Informationen, deren man noch habhaft werden kann, zu sammeln, um zumindest eine virtuelle Rekonstruktion vorzunehmen – wer weiß, ob nicht Zeiten kommen, da man gerne auf solche beizeiten gefertigten Unterlagen zurückgreifen möchte. Roberto Vitali hat eben dies für den wichtigsten religiösen Platz in Westtibet, für das in der Kulturrevolution zerstörte Kloster Tholing unternommen. Das Ergebnis dieser mehrjährigen Arbeit ist mustergültig, vorbildhaft und zudem ein schönes, ästhetisch ungemein befriedigendes Buch. Schriftliche europäische, vor allem aber tibetische Quellen, Reisebeschreibungen, Klosterinventare, Biographien, wurden verwertet, in erster Linie aber die Erinnerung der wenigen noch lebenden alten Mönche und Lamas und anderer alter Menschen, die vor der Zerstörung im Kloster oder in der Region Tholing gelebt haben. So entstanden Bilder von Tempeln, Kapellen, Stupas und all den anderen Gebäuden des Klosterareals, unterstützt, wo notwendig, durch moderne Computer-simulation. Liebevoll umgesetzt wurden diese Studienergebnisse von Bianca Visconti in einfühlsame, klare und schnörkellose Architekturzeichnungen, die besser als jedes Foto einen Eindruck von der Gesamtanlage und den einzelnen Gebäuden vermitteln. Natürlich hat man sich anschließend bei den Alten vergewissert und das vielfache „ja, das war das alte Tholing“ ist das beste Kompliment, das man sich für dieses Buch denken kann. Zwei moderne Thankas von Mukti Singh Thapa, die den Klosterkomplex zeigen, eines nach Art eines Historienbildes mit der Darstellung der Geschichte der ersten hundert Jahre von Tholing, eine Ansicht des Tsuklakhang, gemalt von Robert Powell in seinem unverwechselbaren, markanten Stil, der Eindruck und Stimmung tibetischer Architektur unvergleichlich nachempfindet, und die Rekonstruktion einer alten Wandmalerei sind Farbtupfer in einem Buch, das sich im übrigen durch seine schwarz/weiß-Gestaltung auszeichnet. Es versteht sich, daß in einführenden Kapiteln die Geschichte von Tholing und des Königreichs Guge aufgeblättert werden, denn ein Denkmal restaurieren, und sei es auch nur symbolisch, heißt seine Geschichte verstehen. Ein wichtiges Buch, eine Hommage an das Erbe von Tholing, das auch durch die Zerstörung der Gebäude nicht ausgelöscht werden kann. Ein Beispiel, das Schule machen sollte. (-mb-)

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