Divine Dyads – Ancient Civilization in Tibet

Autor/en: John Vincent Bellezza
Verlag: Library of Tibetan Works and Archives
Erschienen: Dharamsala 1997
Seiten: 498
Ausgabe: Gebunden
Preis: US-$ 12.–
Kommentar: Michael Buddeberg, Februar 1997

Besprechung:
Der Changtang, die nördliche Hochebene Tibets, eine unwirtliche, um die 5.000 Meter hoch liegende, von hohen Bergketten durchzogene Steppenlandschaft, die aber immerhin 70% der Fläche der autonomen Region Tibet einnimmt, ist in der Tibet-Literatur kaum behandelt. Am ehesten noch finden sich Bilder dieser großartigen, faszinierenden und unberührten Landschaften, gelegentlich auch Studien über die dort lebenden BrogPas, die vielleicht vor zwei- oder dreitausend Jahren aus Zentralasien kommend ein Hirtennomadentum in dieser extrem menschenfeindlichen Umwelt errichtet haben. Trotz der geringen Bevölkerungsdichte haben auch diese Menschen Spuren hinterlassen, die einen Blick auf ihre kulturelle und religiöse Tradition ermöglichen und die ein Schlüssel zum Verständnis der tibetischen Zivilisation sind. John Bellezza ist der Erste, der diese Spuren gesucht, gefunden und gesichert hat. Wer, wie der Rezensent, John im Changtang begegnet ist, einem Forscher, Entdecker und Tibetologen aus Leidenschaft, der mit Wanderstab und 48-Kilo-Rucksack nur zu Fuß unterwegs ist, wer seinen Umgang mit den Tibetern erlebt hat, wer ihn hat erzählen hören, weiß, daß niemand den Changtang besser kennt als John Beliezza. In Divine Dyads beschreibt John Bellezza zwei seit unvordenklichen Zeiten als heilig geltende Regionen des Changtang. Beide Regionen bestehen aus ungleichen Paaren, einem großen See und einem hohen Berg; beide sind Schauplatz jahrhundertealter Mythen und Legenden, Ziel unzähliger Pilger und Standplatz von Klöstern und Einsiedeleien. Die beiden Regionen sind der NamTso, der Himmelssee, mit dem 7194 Meter hohen NyengchengTangla und der noch weniger bekannte TangraTso (Türkis-Ozean-See) am 7100 Meter hohen TargoChen. John Bellezza verwertet in seinem Buch schriftliche Quellen, vor allem schwer zugängliche und seltene tibetische Texte, mündliche Überlieferungen sowie Beobachtungen und Entdeckungen, die er auf seinen sieben Wanderungen durch den Changtang gemacht hat. Heilige Plätze schon in vorbuddhistischer Zeit, waren und sind die Seen und Berge Wohn- und Wirkungsstätten vieler Gottheiten. Sie sind noch heute in Mythen, Legenden und Ritualen lebendig und haben Eingang in den tibetisch-buddhistischen Kosmos gefunden. So ist das Zusammenspiel von Religion und Geschichte das Leitthema des Buches; die Mythologie schafft den Zusammenhang zwischen entfernter Vergangenheit und Gegenwart und wir finden im Changtang ein hohes Maß kultureller Kontinuität, die eine Brücke zwischen alten und modernen Zeiten schlägt. John Bellezza hat auf seinen Wanderungen zwanzig buddhistische und vorbuddhistische archäologische Stätten entdeckt, Spuren von Tempeln und Festungen, megalithische Strukturen und vor allem zahlreiche Höhlen mit Felszeichnungen. Diese Felszeichnungen und natürlich Karten und Skizzen illustrieren das Buch, das ein Fenster zur bislang unbekannten und überraschend reichen Kultur und Religion des Changtang und der BrogPas öffnet.

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