Tabo – A Lamp for the Kingdom – Early Indo-Buddhist Art in the Western Himalaya

Autor/en: Deborah E. Klimburg-Salter
Verlag: Skira Editore (Vertrieb durch Thames & Hudson)
Erschienen: Mailand 1997
Seiten: 280
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 40.– engl.Pfund
ISBN: 88-8118-209-2
Kommentar: Michael Buddeberg, Februar 1998

Besprechung:
Die Tausendjahrfeier des Klosters Tabo im Jahre 1996 und 30.000 Pilger, die in das schwer zugängliche Spiti-Tal gekommen waren, um dort den Segen des Dalai Lama zu empfangen, haben eines der Hauptwerke indo-tibetischer Kunst in den Blickpunkt gerückt. Noch vor Jahren eher verschlafen, dem allmählichen Verfall preisgegeben, der Klosterbetrieb nur von wenigen Mönchen aufrecht erhalten, ist Tabo heute wieder – wie vor tausend Jahren – spirituelles Zentrum der Region. Parallel zu dieser Renaissance wurde die historische und kunstgeschichtliche Bedeutung Tabos erkannt, seine orginalen Skulpturen, Malereien und Inschriften aus der Zeit der Gründung (996) und der ersten Renovierung (1042), eine Bedeutung, die die ersten Chronisten Tabos, Giuseppe Tucci und Eugenio Ghersi, noch nicht gesehen hatten. Deborah Klimburg-Salter vom Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien hat mit TABO – a Lamp for the Kingdom eine gründliche, umfassende und mit den Aufnahmen von Jaroslav Poncar prachtvoll illustrierte Arbeit über eines der wichtigsten Monumente in der Geschichte und Kunst des Buddhismus vorgelegt. Eine ganze Anzahl von Faktoren wirkten zusammen, daß in dieser abgelegenen, schwer zugänglichen Region im Spiti-Tal, unweit der tibetischen Grenze, nördlich des Satletsch, ein solch bedeutendes Zentrum entstand. Vermutlich verlagerten sich im 10. Jahrhundert infolge der islamischen Invasion in Afghanistan die Handelswege zwischen Indien und China in die schwerer zugänglichen Regionen des westlichen Himalaya. Zu gleicher Zeit entstand mit den Königreichen von Purang und Guge ein Machtzentrum in Westtibet, dessen Einflußbereich über Kinnaur, Lahul, Zanskar und Spiti bis nach Ladakh reichte. Damit war die Grundlage der sogenannten zweiten buddhistischen Bekehrung Tibets geschaffen, die im 10. Jahrhundert ihren Anfang nahm und im 11. Jahrhundert zu einem erstaunlichen Aufschwung dieser Region führte. Der König von Guge, Yeshe-Ö, selbst ein hoher Lama, und der als „Großer Übersetzer“ bekannte Rinchen Zangpo sind die Hauptfiguren dieser Zeit. Der enge Zusammenhang zwischen Handel und Religion ist ein wohlbekanntes Phänomen in der Geschichte des indischen Buddhismus. Klöster boten Handelskarawanen Schutz vor Unwetter und vor Banditen. Das Königreich Purang-Guge war von Ladakh bis Mustang von einem Netz von Handelskarawanen durchzogen und es war die Zeit der Klostergründungen. 108 Klöster soll Rinchen Zangpo selbst gegründet haben, der Sage nach auch das Kloster Tabo. Eine Inschrift im Haupttempel von Tabo aber weist die Gründung Tabos unzweifelhaft Yeshe-Ö und dem Jahr 996 zu. Das Buch befaßt sich ausschließlich mit der Geschichte der ersten hundert Jahre von Tabo und mit dem aus dieser Zeit original erhaltenen Haupttempel, dem Tsug Lhakhang. Die im Klosterareal weiter vorhandenen 8 Tempel und Kapellen und die zahllosen Stupas stammen aus späterer Zeit. Von besonderem Interesse und Bedeutung ist der Umstand, daß schon 46 Jahre nach der Gründung, also im Jahre 1042, die erste Renovierung des Tsug Lhakhang erfolgte. Warum so rasch? Ein Vergleich gibt eine Erklärung. Malerei und Skulptur aus der Phase der Gründung und Errichtung sind von archaischer Anmutung und von eher geringer künstlerischer Qualität. Sie erscheinen provinziell und stammen offensichtlich von regionalen Handwerkern. Ganz anders die Kunstwerke der zweiten Phase, der Renovierung im Jahre 1042. Sie sind von einer vollkommen neuen, vollendeten Ästhetik geprägt. Ihre künstlerische Brillanz und Dekoration sind einzigartig. Sie zeigen die Handschrift erfahrener, überwiegend wohl aus Kaschmir stammender Kunsthandwerker. Vor allem aber verblüfft die stilistische und ikonographische Entwicklung in dieser kurzen Zeit, das dieser Kunst zugrunde liegende philosophische Konzept und die Klarheit, mit der es zum Ausdruck kommt. Dieser vollkommen neue Stil ist Ausdruck der Änderung der sozialen, religiösen und politischen Situation der Region, er ist Ausdruck der Entwicklung der tibetischen Dynastie aus den engen provinziellen Grenzen West-Tibets in die kosmopolitische Welt des indischen Buddhismus. So war die Renovierung von Tabo im Jahre 1042 zweifelsfrei keine bauliche Notwendigkeit sondern, wie eine Inschrift bestätigt, „motiviert durch den Gedanken der Erleuchtung“. Das künstlerische Ergebnis dieser Erleuchtung ist die nach dem Konzept eines Vajradhatu-Mandala gestaltete und dekorierte Versammlungshalle des Tsug Lhakhang von Tabo. Diesem großartigen Kunstwerk, einem der schönsten und bedeutendsten Denkmäler des indisch-tibetischen Buddhismus, ist der zentrale Teil dieses wichtigen Buches gewidmet.

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