Weisheit und Liebe – 1000 Jahre Kunst des tibetischen Buddhismus

Autor/en: Marylin M. Rhie, Robert A.F. Thurman
Verlag: Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland
Erschienen: Bonn 1996
Ausgabe: broschiert
Preis: DM 68.– an der Museumskasse
Kommentar: Michael Buddeberg, Juli 1996

Besprechung:
Ausstellung und Katalogbuch unter dem Titel „Wisdom and Compassion“ haben schon 1991 und 1992 in San Francisco, New York und London für Aufsehen und Begeisterung gesorgt. Daß die Ausstellung nun auch in Deutschland gezeigt wird (Bonn, bis zum 25.08.1996) und das Katalogbuch zu diesem Anlaß in deutscher Sprache erscheint, muß als bedeutendes Ereignis zentralasiatischer Kunst gewertet werden. Daß nicht alle Objekte der Ausstellung 91/92 in Bonn zu sehen sind, wundert bei der großen Anzahl der privaten und öffentlichen Leihgeber nicht; für den Katalog ist dies kein Nachteil denn er entspricht exakt dem englischen Standardwerk, wurde aber um einen Anhang der in Bonn gezeigten zusätzlichen Kunstwerke ergänzt. Damit umfaßt die erweiterte Ausgabe von Weisheit und Liebe (die wörtliche Übersetzung „Weisheit und Mitgefühl“ wäre dem Thema wohl gerechter geworden) nicht weniger als 241 Werke tibetischer Kunst. Mehr noch als diese Zahl beeindruckt die durchweg hohe und höchste Qualität der hervorragend wiedergegebenen und sorgfältig beschriebenen Kunstwerke. Diese Kunstwerke sind beinahe ausschließlich Thangkas (tibetische Rollbilder, Gouache auf Baumwolle) und Skulpturen mit Darstellungen aus dem Pantheon tibetischer Ikonographie. Kenner und Liebhaber Tibets und seiner Kunst und Kultur werden die oft mit höchster Kunstfertigkeit geschaffenen Kult- und Gebrauchsgegenstände, Schmuck und Textilien, vermissen, aber: Höhepunkte tibetisch buddhistischer Kunst über einen Zeitraum von 1000 Jahres sind aber neben den noch vor Ort vorhandenen Wandmalereien zweifellos Thankas und Skulpturen. Zudem soll die Auswahl der Werke nicht nur die handwerkliche und ästhetische Qualität tibetischer Kunst sondern auch die religiösen Ideale und Lehrinhalte des Buddhismus tibetischer Prägung vermitteln. So bieten die einführenden Beiträge von Robert Thurmann, Präsident des Tibet House New York und Marylin Rhie, Kuratorin dieses Instituts, wertvolle Informationen über den Buddhismus in Tibet, seine Entwicklung, seine Wandlung und über die Funktion und Bedeutung von Kunst im tibetischen Buddhismus. Dem Anliegen, nicht nur Kunstwerke sondern buddhistische Inhalte zu vermitteln, tragen vor allem Aufbau und Ordnung des Kataloges Rechnung. Er beginnt mit dem Leben des Buddha Shakyamuni und endet mit dem Blick in „Reine Länder“ womit nicht das Schneeeland Tibet gemeint ist, sondern ein Ausblick in den Kosmos, in die entferntesten Reichweiten des Universums und sogar in andere Universen und Dimensionen. In diese buddhistische Ordnung der Kunst Tibets sind etwa die Themen Bodhisattvas, die historischen Philosophen und Lehrer Tibets aber auch die vier Schulen des tibetischen Buddhismus systematisch eingeordnet. Die außergewöhnlichen Kunstwerke, ihre Beschreibungen und ihre Einordnung in einen religiösen oder weltanschaulichen Kontext erschließen so das Wesen des tibetischen Buddhismus, Weisheit und Mitgefühl, Erleuchtung, Glückseligkeit und Segen für alle fühlenden Wesen. Ein außergewöhnlicher Katalog einer außergewöhnlichen Ausstellung.

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