Luxury Goods from India – The Art of the Indian Cabinet-Maker

Autor/en: Amin Jaffer
Verlag: V&A Publications
Erschienen: London 2002
Seiten: 128
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: 30,– engl. Pfund,
ISBN: 1-85177-381-9
Kommentar: Michael Buddeberg, Januar 2004

Besprechung:
Der legendäre Pfauenthron der Mogul-Kaiser, eines der kostbarsten Objekte, das die Welt je gesehen hat, 1739 vom persischen Eroberer Nadir Schah geraubt und seither verschollen, war eine Ausnahme: Indische Kunst und indisches Kunsthandwerk kennen keine Möbel, schon gar keine Sitzmöbel. Bis heute sitzt der Inder mit gekreuzten Beinen auf dem Boden, auf mehr oder weniger kostbaren Textilien, auf Matten und auf Teppichen, die von Teppichgewichten niedergehalten werden. Kissen und Polster dienen der Bequemlichkeit. Niedrige Tische und Truhen zur Aufbewahrung von Textilien, Büchern und sonstigen Schätzen, sind die einzigen auf dem Subkontinent ständig in Gebrauch befindlichen Möbel. Europäer, die nach Indien gelangten, zunächst die Portugiesen und Holländer, später vor allem die Briten hatten damit ein Problem, denn Tisch und Stuhl sind wesentliche Bestandteile westlicher Lebensart. So kam es wie es kommen musste: Europäische Siedler und Händler gaben bei indischen Handwerkern westliche Möbel in Auftrag. Das begann im späten 15. Jahrhundert und ist überall dort nachweisbar, wo es Handel gab und sich Europäer dauerhaft niederließen, in Gujarat, an den Küsten von Malabar und Coromandel und in Bengalen. Diese Synthese westlicher Möbelformen mit indischen Materialien und Dekortechniken führte zu außergewöhnlichen Luxusgegenständen, die nicht nur in Indien benutzt, sondern bald auch in Europa wegen ihrer Exotik und Kostbarkeit hoch begehrt waren. Kabinettschränke aus wertvollen Hölzern, eingelegt mit Elfenbein, Perlmutt und Schildpatt, Sessel aus Marmor und Ebenholz, fein bemalte Kasten und Kästchen oder silberbeschlagene Stühle, alle zeigen sie handwerkliche Perfektion auf dem hohen Niveau indischen Kunsthandwerks. Das Victoria & Albert Museum besitzt weltweit die bedeutendste Sammlung dieser Kolonialmöbel, die damals in königliche Kunstkammern, in Kirchenschätze und in die Adelspaläste britischer Nobler gelangten. 50 dieser ungewöhnlichen Kunstwerke aus der Zeit vom 16. bis zum frühen 20. Jahrhundert, viele davon noch niemals gezeigt und veröffentlicht, werden nun in dem Band Luxury Goods from India vorgestellt. Sie demonstrieren die Vielfalt und Schönheit indischen Kunsthandwerks ebenso wie den exotischen Geschmack britischer Gesandter und Militärs. Sie illustrieren eine subtile Interaktion zwischen indischen und europäischen Fähigkeiten und Befindlichkeiten. Ein schönes Buch über ein wenig bekanntes Kapitel des Kolonialgeschichte.

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