Treasury of the World – Jewelled Art of India in the Age of the Mughals

Autor/en: Manuel Keene
Verlag: Thames & Hudson
Erschienen: London 2001
Seiten: 160
Ausgabe: broschiert
Preis: US-$ 29.95
ISBN: 0-500-97608-2
Kommentar: Michael Buddeberg

Besprechung:
Schmuck und Juwelen, kostbare Steine und Diamanten, Gold und Silber haben die Menschen seit jeher fasziniert und sind Kristallisationspunkt menschlicher Leidenschaften – guter ebenso wie schlechter. Pfand der Liebe und Treue, Ausdruck höchster Ästhetik, Objekt der Begierde, Zeichen von Reichtum und Macht, Anlaß für Ruin und Verfolgung – Juwelen haben die Welt bewegt und dies nirgendwo so sehr wie auf dem indischen Subkontinent und in dessen Nachbarschaft. Als Nadir Schah 1739 das Reich der Mogul-Kaiser eroberte, war das die größte Plünderung der Weltgeschichte und der Wert der in vielen Karawanen aus Indien abtransportierten Schätze wird auf weit über ein Milliarde Dollar geschätzt. Die Geschichte hat sich kürzlich wiederholt, wie in dem Katalog der Al-Sabah-Sammlung zu lesen ist. Die seit 1983 im Nationalmuseum in Kuwait verwahrten Juwelen wurden infolge der Invasion von Saddam Hussein im August 1990 in den Irak verschleppt. Sie sind inzwischen wieder an Ort und Stelle doch eines der berühmtesten Stücke, ein flacher hexagonaler Smaragd von 233.5 Karat mit einem geschnittenem Dekor sich sanft im Wind bewegender Pflanzen, ein Mogul-Motiv wie es schöner und typischer nicht sein könnte, blieb verschollen. Ein herber Verlust zwar, aber die Sammlung wird ihn wohl verschmerzen können. Die Kollektion islamischen Schmucks mit einem deutlichen Schwerpunkt auf den Juwelen der Mogul-Zeit ist auch ohne diesen Smaragd die mit deutlichem Abstand größte und reichste derartige Sammlung der Welt. Mehr als 300 ihrer schönsten und wertvollsten Objekte, die meisten noch nie gesehen und publiziert, zeigt der Katalog einer Ausstellung, die zur Zeit um die Welt reist (London – New York – Cleveland – Houston (bis Juni 02) – Los Angeles (bis Dez.02). Es ist das Anliegen von Ausstellung und Katalog, Juwelen als eine Kunstgattung eigener Art darzustellen, gleichberechtigt neben der Malerei, der Skulptur und anderen etablierten Künsten, wobei Juwelen hier in einem weiten Sinn verstanden werden. Es sind Ringe, Ketten, Agraffen, Anhänger und andere Gegenstände persönlichen Schmucks, aber auch Dosen, Flakons, Gefäße, Flaschen und Schalen und schließlich Edelsteine, Smaragde und Rubine wahrhaft königlichen Formats mit keinem anderen Dekor als dem, kaiserlicher Inschriften – Kleinodien allesamt. Von den vielfältigen Techniken – Emaille, Gravur, Steinschnitt, Treibarbeiten – sei hier die Kundan-Technik hervorgehoben, eine spezifisch indische Kunst der Fassung edler Steine, die den Juwelen der Mogul-Zeit ihren unverwechselbaren Charakter verleiht. Dünne Folien reinen Goldes werden einer aufwendigen Behandlung unterzogen bis sie in der Lage sind, die zu fassenden Steine gleichsam umfließend einzubetten. Es ist eine Technik, die es ermöglicht, kostbare Gefäße aus Jade oder Bergkristall mit einem Edelsteinbesatz in Goldbettfassungen zu überziehen. Die so entstandenen Schalen, Dosen oder Dolchgriffe gehören zu den schönsten Kleinodien schlechthin, Werke der Weltkunst ohne Zweifel. Die in Treasury of the World vorgestellte Sammlung von Scheich Nasser Al-Sabah und seiner Frau Hussah Al-Sabah ist ein Blick in eine Schatztruhe kostbarster Juwelen-Kunst, wie es ihn bisher nicht gegeben hat. Es ist ein Blick in ein Jahrhundert kaum vorstellbaren Reichtums unter den Mogul-Kaisern Akbar, Jahangir und Schah Jahan, und wir können die staunende Bewunderung europäischer Gesandter am Hofe der Mogul-Kaiser nacherleben. Das andere Buch, der opulente Band über den Schmuck der Maharadjas im großen Format ist eine wundervolle Ergänzung zu dem beschriebenen Katalog, um ganz tief in die Welt indischer Fürstenhöfe einzutauchen. Wir sehen – auf feinsten Miniaturen – Schah Jahangir und Schah Jahan in vollem Ornat und Juwelenschmuck im Kreise seiner kaum weniger prächtig ausstaffierten Edlen. Als dann nach dem Untergang des Mogulreiches die Photographie erfunden wurde, waren es die Maharadjas von Radjasthan und Deccan, die die Tradition von Luxus und Reichtum und die Liebe zu kostbaren Steinen und Kleinodien im 19. und bis ins 20. Jahrhundert fortführen. So werfen wir einen Blick in indische Paläste, auch ganz indiskret in die einem Ballsaal gleichende Garderobe der Fürstin von Hyderabad, auf Wandmalereien, silberbeschlagene Möbel und goldgedeckte Tafeln. Am schönsten aber – und das ist die Besonderheit dieses Buches – sind die alten, meist sorgfältig arrangierten Aufnahmen der Maharadjas von Jodhpur und Patiala, von Jaipur und Indore, der Nabobs von Bahalwar und Palanpur sowie zahlreicher Prinzen und Prinzessinnen. Sie alle sind mit Juwelen und Kleinodien überreich behängt, geschmückt und ausgestattet und zeigen stolz und ungeniert die indische Liebe zu ungehemmter Prachtentfaltung. Das macht selbst vor den Tieren nicht halt, wie die juwelenbesetzten Halsbänder höfischer Hunde auf einer Miniatur des Jahres 1725 zeigen oder das 1910 entstandene Photo eines königlichen Elefanten des Maharadja von Bansda, dessen Armbänder – von den Halsketten, dem Stoßzahnschmuck und dem Diadem ganz zu schweigen – locker eine Länge von zwei Metern erreichen. Zwei Bücher, die jedes für sich auf ganz unterschiedliche Weise einen Blick in eine fremde und faszinierende Welt erlauben. (- mb -)

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