Dance of the Peacock – Jewellery Traditions of India

Autor/en: Usha R. Bala Krishnan, Meere Sushil Kumar
Verlag: India Book House Ltd
Erschienen: Mumbai 1999
Seiten: 336
Ausgabe: Leinen mit Schutzumschlag
Preis: –.– ind. Rupien
ISBN: 81-7508-109-0
Kommentar: Michael Buddeberg, November 1999

Besprechung:
Diese Besprechung gilt gleichzeitig dem Buch „Costumes and Textiles of Royal India“ Es ist faszinierend, wie sich diese beiden Bücher ergänzen. Etwa zeitgleich in Bombay und in London erschienen, nahezu identisch in Umfang und im repräsentativen Format ebenso wie in der opulenten Illustrierung und der Sorgfalt bei Layout, Herstellung und Druck, kann eine Absicht wohl ausgeschlossen werden. Dennoch gehören sie zusammen denn Schmuck und Kleidung gemeinsam bestimmen das „Outfit“ des Menschen, der Fürsten, Prinzen und Könige im besonderen, und wohl in keinem Land in solchem Maße wie in Indien. Die Beschränkung auf die repräsentativen, pracht- und prunkvollen Kostüme indischer Potentaten in dem einen Band findet seine Entsprechung in der Konzentration auf Goldschmuck und edle Steine im anderen. So breitet sich ein Bild von Pracht, Reichtum und Handwerkskunst an indischen Fürstenhöfen vor uns aus wie es bisher in der Literatur nicht zu schauen war. Freilich stammen die gezeigten Originale, Kostüme wie Schmuck, überwiegend aus dem 19. oder gar 20. Jahrhundert und nur wenige der Roben und Juwelen können weiter zurück datiert werden. Für die Textilien ist diese Vergänglichkeit offensichtlich, doch auch Schmuck erweist sich als vergänglicher als sein Material vermuten läßt. Wandelnde Moden und der hohe Materialwert von Gold, Diamanten, Rubinen und Smaragden ließen selbst Fürsten und Könige immer wieder ihre Schatzkammern plündern, wenn dem nicht Feinde und Eroberer zuvorkamen – doch dazu später. Dennoch versuchen beide Bücher die Entwicklung von Schmuck und Kleidung bis zum Beginn der Zivilisation in Indien vor etwa 5000 Jahren zurückzuverfolgen. Das bleibt für die prähistorische Zeit notwendig fragmentarisch und spekulativ, zu wenig hat man bisher gefunden, und so ist es kein Wunder, daß beide Bücher übereinstimmend die kleine Bronzefigur des „Dancing Girl“ aus der frühen Indus-Kultur zitieren. In geschichtlicher Zeit, etwa der Kuschan- oder der Gupta-Periode, mehr natürlich in den Zeiten der Sultanate oder gar der Moghul-Kaiser wird der Boden sicherer und die Schlüsse auf Schmuck und Kleidung, die aus Skulpturen und aus Malereien gezogen werden, geben schon ein recht deutliches und anschauliches Bild. Es sind vor allem die unvergleichlichen Miniaturen von den Hofmalern der Moghulkaiser, die uns den Luxus an Textilien, Gold und edlen Steinen vor Augen führen, über den auch frühe Reisende berichtet haben. Das Wenige, das erhalten blieb, zeigt zwar die hohe Qualität von Web- und und Färbekunst, die Kunstfertigkeit der Juweliere, Steinschneider und Stickerinnen, nicht aber die kaum vorstellbare Menge an Luxusgütern, die Reichtum darstellten und zugleich Macht verliehen. Selbst die kaiserlichen Archive schweigen sich darüber aus, jedoch der Stolz der Eroberers gibt Auskunft. Als Nadir Schah 1739 das Reich der Moghul- Kaiser erobert ist das die größte Plünderung der Weltgeschichte und der Wert der in vielen Karawanen aus Indien abtransportierten Schätze wird auf weit über eine Milliarde Mark geschätzt. Es ist eine der Qualitäten des Schmuckbuches, daß es immer wieder sehr ins Detail geht und viele Anekdoten und Historien erzählt. Wir erfahren so die Geschichte berühmter Steine, des Koh-i-Nor etwa, des größten aller Diamanten, die bis zum Beginn des Moghul-Reiches zurückreicht und vorerst im britischen Kronschatz endet oder über das Schicksal des legendären Pfauenthrones, den marodierende Rebellen nach dem Tode Nadir Schahs zerlegten. Der Vorzug des Buches von Ritu Kumar ist ein anderer. Ritu Kumar, eine indische Modedesignerin mit kunsthistorischem Hintergrund hat zwei Jahrzehnte Material für dieses Buch gesammelt. Ein wesentliches Ergebnis dieser Sammeltätigkeit ist eine Kollektion von Fotos, die indische Fürsten in ihren Staatsroben zeigen. Wir sehen Maharadschas und Maharanis aus Jaipur, Bikaner und Bharatpur, Prinzen und Prinzessinen aus Pataudi, Baroda und Indore. Die noch im britischen Indien lebendige, reiche und prachtvolle Kostüm- und Schmuckkultur kann durch nichts besser vermittelt werden als durch diese Fotos. Und mehr noch: Ritu Kumar wurde nicht nur in fürstlichen Fotoalben fündig sondern entdeckte in den Schränken und Kammern der Paläste auch komplette Kostüme aus dem 19. Jahrhundert, die nun von bildschönen indischen Models vor der Kulisse der alten Paläste vorgeführt werden. Eigene Kreationen von Ritu Kumar nehmen die Tradition auf und führen sie fort. Neben diesen individuellen Besonderheiten sind es aber immer wieder die verblüffenden Gemeinsamkeiten, die dieses Buchpaar auszeichnen. Das abgebildete Material, Schmuck wie Kleidung, wurde aus der ganzen Welt zusammengetragen, aus indischen und westlichen Museen, vor allem aber aus zahlreichen, darunter fürstlichen und königlichen Privatsammlungen und wurde überwiegend noch nie veröffentlicht. Beide Bücher enthalten ein ausführliches Glossar, das allein schon eine Einführung in den Reichtum der Formen und Typen, beim Schmuck wie auch bei den Kostümen gibt. Und beide Bücher enthalten informative Abschnitte über handwerkliche Techniken, über die Organisation des Handwerks und über die Bedeutung dieses Handwerks für die soziale Struktur Indiens. Beide Bücher sind damit eine Hommage an die fürstlichen Auftraggeber. Die Rolle dieser Fürsten und Könige als Mäzene des Handwerks ist von größter und bisher kaum gewürdigter Bedeutung. Auch wenn Mäzenatentum und soziales Engagement sicher nicht im Vordergrund der Aufträge stand sondern die Liebe zur Schönheit und Pracht und der durch sie vermittelte sichtbare Ausdruck von Macht, so waren die Auftraggeber doch zugleich Förderer einer Handwerkskunst, die über Jahrhunderte auf dem Subkontinent zu einer Blüte gelangte, wie sie nirgendwo auf der Welt übertroffen wird. Schmuck und Kleidung des höfischen Indien, überzeugend präsentiert in zwei schönen Bänden, geben davon Zeugnis. (- mb -)

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